Editorial / Sicherheit oder Sicherheitsgefühl? Egal, Hauptsache mehr Polizei
Vor den Gemeindewahlen werden von allen politischen Parteien wieder viele Forderungen an die Öffentlichkeit herangetragen. Im Fokus der öffentlichen Debatte: das Thema Sicherheit. Bei der Debatte außen vor: Feingefühl für eine klare Kommunikation. Das Fallbeispiel Esch.
In spätestens zwei Wochen kann keiner mehr die Wörter Sicherheit oder Sicherheitsgefühl hören. Warum also noch einen Artikel darüber schreiben? Wird die ganze Thematik dadurch nicht noch weiter aufgebauscht? Nein, denn: Dem Unsinn, der überall kursiert, muss die Stirn geboten werden, damit Halbwahrheiten, die zu Fakten verklärt werden, nicht weiter kursieren.
Deklinieren wir die Problematik einmal anhand des Beispiels Esch durch. Von den „RuppEsch“-Bewohnern geliebt, vom Rest des Landes als Kriminalitäts-Ghetto verschrien. Wie wird das Thema Sicherheit entlang, oder besser über der Alzette wahrgenommen? Und wie wird es von den Gemeindeverantwortlichen thematisiert und angegangen?
Angefangen beim Administrativen: Der „Plan local de sécurité“ der Gemeindeverwaltung ist passenderweise knappe drei Monate vor den Wahlen vorgestellt worden. In diesem unterscheidet die Gemeindeverwaltung in Zusammenarbeit mit der Polizei zwischen vier großen Handlungsgebieten: dem „Kampf gegen unzivilisierte Handlungen“, der Kriminalitätsprävention, dem Erhöhen des Sicherheitsgefühls und der Sicherheit im Straßenverkehr. So viel zur Nomenklatur.
Statistiken liefert der Sicherheitsplan ebenfalls: Auf 3.558 Verstöße im Jahr 2021 sind 49 Prozent in der Kategorie Eigentumsdelikte zu verzeichnen, 28 Prozent entfallen auf Personendelikte und die restlichen 23 Prozent sind unter Verschiedenes klassiert worden.
Was aber letztendlich zu einem Unsicherheitsgefühl beiträgt, lässt sich nicht so einfach in Kategorien pressen. Angesprochen auf die Sicherheitslage unter Escher Bürgern, haben diese vor allem die E-Roller und Fahrräder in der Alzette-Straße gestört. Und nicht etwa Drogendelikte, Diebstähle oder Vergehen an Personen. Ansonsten fühlen sich die befragten Bürger weitestgehend sicher – einige glauben sogar, dass die Kriminalität nicht wirklich gestiegen sei.
Obwohl die Umfrage in unserem Bericht natürlich nicht repräsentativ sein kann: Wer, außerhalb von Esch, bringt E-Roller und Fahrräder mit der Sicherheitslage in Esch in Verbindung? Hört man sich außerhalb der „Minettemetropole“ um, könnte schnell der Eindruck entstehen, Esch sei ein einziger Drogen- und Gewaltsumpf. E-Roller kommen dabei den wenigsten in den Sinn. Die veröffentlichten Statistiken aber sprechen eine andere Sprache – und Eschs Bewohner scheinen das zu bestätigen.
Wenn in den kommenden Wochen das Thema Sicherheit weiter in den Schlagzeilen kursiert, dann doch bitte in klarer, einfacher Sprache. Was ist gemeint, wenn mit den Wörtern Sicherheit, Sicherheitsgefühl, Kriminalität oder „Inzivilitäten“ argumentiert wird? Der Escher Schöffe Pim Knaff meinte bei der Vorstellung des Sicherheitsplanes, dass die sogenannten „incivilités“ keine Kavaliersdelikte, sondern Straftaten seien. Das mag im juristischen Sinne korrekt sein – mit der Aussage tut er der öffentlichen Debatte aber keinen Gefallen.
Graffiti an eine Wand schmieren oder jemanden bedrohen: beides kriminelle Vergehen, die aber in ihrer Schwere und Tragweite anders eingeordnet werden sollten. Gegen beides sollte die Politik verhältnismäßig vorgehen. Wenn sich das Thema Sicherheit auch weiterhin im öffentlichen Diskurs halten sollte, dann sollte endlich klar kommuniziert werden. An dieser Stelle könnte auch ein Aufruf gemacht werden, aus diesem Thema, bei dem schnell Ressentiments und Ängste geschürt werden, kein politisches Kapital zu schlagen. Das aber kommt wohl viel zu spät.
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Die Leute brauchen eben eine Gefühlspolizei, eine Unterorganisation der Fashion Police.