Gemeinderat / Sicherheitsabstand im Escher Rathaus
Die Escher Gemeinderatssitzung drehte sich am Freitag – wie derzeit fast alles – zum Großteil um das Thema Corona und die damit zusammenhängende Krisensituation. Mit dem nötigen Sicherheitsabstand hatten fast alle Räte im Sitzungssaal zusammengefunden. Drei Mitglieder wurden per Videokonferenz hinzugeschaltet.
Während die Escher am Freitagmorgen ihren Einkauf auf dem Wochenmarkt vor dem Rathaus bei sonnigem Wetter erledigten, hätte fast der Eindruck entstehen können, es sei ein ganz normaler Frühlingstag. Ein Blick in die mit Schutzmasken bedeckten Gesichter versetzte jedoch zurück in die Realität.
Im Sitzungssaal auf dem ersten Stock hatten 15 Gemeinderäte mit jeweils zwei Metern Sicherheitsabstand Platz genommen. Vier zusätzliche Tische machten das möglich. Die Trennwand wurde geöffnet, um den Raum zu erweitern. Mike Hansen, Vera Spautz und Dahlia Scholl wurden per Videokonferenz hinzugeschaltet. Ist das Mikrofon an oder doch aus? Hört jeder jeden? Von den typischen Problemen eines Videochats blieben auch die Politiker nicht verschont. Die ungewohnte Situation sorgte für Gelächter.
Bürgermeister Georges Mischo (CSV) ging auf die aktuelle Situation ein, die für jeden schwierig sei. Er bedankte sich beim Informatikdienst der Stadt, der das Stattfinden dieser Sitzung überhaupt erst ermöglicht hatte. Die Zuschaltung der abwesenden Gemeinderäte, die Liveübertragung und die Installation weiterer Mikrofone seien nicht einfach gewesen. Allgemein lobte Mischo alle Gemeindedienste, die sich in der Krise enorm solidarisch zeigen würden.
Der Regierung voraus
„Der Escher Schöffenrat war der Regierung teilweise voraus“, sagte Mischo stolz. In der gleichen Sitzung, in der die Absage der Escher Kavalkade entschieden wurde, sei auch beschlossen worden, dass ein Notfallplan ausgearbeitet werden muss. Am 13. März habe dann eine Versammlung mit allen Diensten stattgefunden. Hier wurde bereits besprochen, wie es weitergehen sollte.
Die Gemeinde hat eine Liste mit Escher Geschäftsleuten, bei denen online bestellt werden kann, samt Kontaktdaten erstellt. Die Restaurants, die einen Lieferservice anbieten, sind auf der eigens eingerichteten Webseite hellef.esch.lu zu finden. Hier und auf der Facebookseite der Gemeinde bleibe jeder Bürger informiert. Mischo wies auch auf das erweiterte Programm von EschTV und den Blog des „Escher Déierepark“ auf www.deierepark.blog.lu hin. Auf EschTV wird am Samstagabend um 20.00 Uhr und am Sonntagmorgen um 10.30 jeweils eine Ostermesse ausgestrahlt. Der Sportdienst sei derzeit gemeinsam mit den Erziehern der Lasep dabei, Sportvideos für zu Hause aufzunehmen, die in den nächsten Tagen ebenfalls auf EschTV gesendet werden sollen.
Mischo freute sich über eine gute Zusammenarbeit mit dem „Centre hospitalier Emile Mayrisch“. Im Umkreis des Krankenhauses ist das Parken in fünf Straßen (rue Emile Mayrisch, rue Jean-Pierre Michels, rue de l’Hôpital, rue Henri Dunant und rue Dellheicht) für das Krankenhauspersonal gratis. Die rue Dellheicht wurde sogar ausschließlich für das Klinikpersonal reserviert. Das CHEM liefere außerdem Masken an die Gemeindedienste aus.
Kein Fall im Altersheim
Die Situation im örtlichen Seniorenheim sei derzeit stabil, informierte der Bürgermeister. Personal und Bewohnern gehe es gut, auch wenn ihnen der Kontakt zur Außenwelt fehle. Bisher gebe es dort keinen Covid-19-Fall. Im „Abrisud“ sei das Personal mit Masken ausgestattet worden. Obdachlose können die Duschen jeden Morgen zwischen 10.00 und 12.00 Uhr nutzen und ihre Wäsche beim CIGL waschen.
Die Polizei kontrolliere nur noch wenige Cafés und Bars. Die meisten Menschen würden sich an die Empfehlungen der Regierung halten. Bekannte Grillplätze, öffentliche Plätze oder Orte, an denen sich Jugendliche treffen, würden regelmäßig von den Ordnungsbeamten kontrolliert. Die bunten Bänke habe die Gemeinde vorerst ins Lager geräumt, weil sich darauf wiederholt Menschen ohne den nötigen Sicherheitsabstand niedergelassen hatten.
Der Nachlass der Mieten für Geschäftsleute während der Krisenzeit wurde einstimmig vom Gemeinderat angenommen. Weil die Menschen derzeit mehr Zeit zu Hause verbringen und dadurch auch mehr Müll produzieren, wurde einstimmig beschlossen, den Eschern das Leeren des blauen Mülleimers pro Rechnungsperiode einmal umsonst zur Verfügung zu stellen, solange die Krise andauert. In diesem Zusammenhang beglückwünschte Schöffe Pim Knaff die Arbeit des Hygienedienstes der Stadt.
Dankbarkeit
Die Entscheidung, ob die Pfingstkirmes stattfinden soll, wurde laut Mischo noch nicht getroffen. In puncto Veranstaltungen rund um Nationalfeiertag warte die Stadt auf eine nationale Mitteilung. „Ich will den Menschen aber keine große Hoffnung machen“, fügte Bürgermeister hinzu.
Mischo kommentierte die Diskussionen in der parlamentarischen Kommission am Donnerstag, bei der es um Schutzmasken ging. „Es darf keine Konkurrenz zwischen den Gemeinden geben“, betonte er. Die Entscheidung, ob Masken an die Bevölkerung verteilt werden, müsse die Regierung treffen. Für die Stadt Esch ergebe es jedenfalls keinen Sinn, 36.000 Masken zu bestellen, die am Tag darauf bereits keinen Schutz mehr bieten. Mischo bedankte sich abschließend bei der Opposition dafür, während der bisherigen Dauer der Krise keine Polemik gemacht zu haben, aber auch bei allen Gemeindediensten, den Mitarbeitern im Gesundheitswesen sowie in den Supermärkten.
Dan Codello (Volt) schloss sich dem an. Er beglückwünschte den Bürgermeister für die vorbildliche Kommunikation mit den Räten und Bürgern. Der Großteil der Gemeinden werde durch diese Krise gestärkt. „Das Gemeindesyndikat Syvicol wird zu einem besseren Partner der Regierung“, so Codello. Georges Mischo schloss sich dem Lob für die Arbeit des Syvicol an. In einer WhatsApp-Gruppe, in der die 102 Bürgermeister des Landes vertreten sind, herrsche reger Austausch.
Codello erkundigte sich nach der aktuellen Situation der Hochzeiten und Begräbnisse. Beides würde weiterhin durchgeführt, antwortete Mischo. Die Hochzeiten würden ohne Publikum stattfinden. Trotzdem behalten die meisten Paare das gewählte Datum bei. Es bestehe die Möglichkeit, die Hochzeit für Familie und Freunde zu streamen.
Krisenmanagment der kurzen Wege
Oppositionsrat Henri Hinterscheid (LSAP) lobte das Krisenmanagement der kurzen Wege. „Eine E-Mail oder ein Telefonat reicht aus, um Probleme zu lösen“, sagte er. Hinterscheid schlug vor, den Mitarbeitern des CHEM das Parkhaus neben dem Spital kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Dieses sei wieder geöffnet und würde zurzeit wenig genutzt werden. Mischo versprach, den Vorschlag weiterzugeben. Anschließend wies Hinterscheid darauf hin, dass uns die Krise auf brutale Weise mit unserem Wirtschaftssystem konfrontiere. Nach der Krise müssten sich Gedanken darüber gemacht werden, wie wieder Notreserven angelegt werden können. Jetzt sei nicht der richtige Moment, um Polemik zu machen. Trotzdem werde die Opposition die Vorgehensweise der Mehrheit nach der Krise analysieren.
Line Wies („déi Lénk“) sprach von surrealen Zeiten und einem realen Schlag ins Gesicht. Das Virus sieht die Oppositionsrätin als eine Offenbarung von all dem, was schon immer schiefgelaufen sei. Das Virus entlarve die profitorientierte Wirtschaft. Die Krise treffe vor allem die Ärmsten der Gesellschaft. „Kooperation ist der einzige Ausweg aus der Krise“, meinte sie und zeigte sich erleichtert, dass die Dienste, die jetzt am meisten gebraucht werden, in öffentlicher und nicht in privater Hand sind. „Niemand soll auf die Idee kommen, diese auszulagern“, betonte Wies.
Für Menschen mit Haus und Garten sei die Quarantäne gut auszuhalten. Wies erinnerte aber auch an jene, die in kleinen, unsauberen Wohnungen leben. Für sie wird die Quarantäne zum Albtraum. Während der Krise könne zwar niemand auf die Straße gesetzt werden, aber was ist danach, fragte sie. Die Rätin schlug vor, den Obdachlosen leer stehende Hotels, Schwimmbäder oder Schulen zum Duschen zur Verfügung zu stellen.
Escher Hotel nimmt Obdachlose auf
Diesbezüglich informierte Schöffe Martin Kox darüber, dass zwischen 15 und 25 Obdachlose in Luxemburg seien, die aufgrund ihrer Krankengeschichte nicht in die verlängerte „Wanteraktioun“ auf Findel gehen können. Ab Montag stelle das Hotel „Topaz“ in Esch Zimmer für sie bereit. Verschiedene Jugendherbergen des Landes seien ebenfalls kontaktiert worden, um eventuell Personen aufzunehmen.
Christian Weis (CSV) sprach ein Lob für die Escher Geschäftsleute aus: „Sie haben schnell und gut reagiert und übernehmen ihre Verantwortung für das Leben in Esch“. Was die Zeit nach der Krise angeht, könne viel darüber diskutiert werden. Jetzt gelte es jedoch, sich auf die aktuelle Lage zu konzentrieren. „Ich hoffe, dass wir so gesund wie möglich aus der Situation herauskommen“, so Weis abschließend.
Bridderhaus
Der Kostenvoranschlag für das sogenannte „Bridderhaus“ stand auf der Tagesordnung. Hier soll eine Künstlerresidenz mit sieben Wohnungen und mehreren Werkstätten entstehen. Gerechnet wird mit Ausgaben von insgesamt 9,7 Millionen Euro, von dene 4,7 Millionen in der Haushaltsvorlage 2020 stehen. Jean Tonnar (LSAP) vetritt die Meinung, dass das Haus nur eine Ruine ist. „Alleine die Erhaltung der Statik des Hauses kostet 2 Millionen Euro“, strich er hervor. Es sei nicht rentabel und auch nicht intelligent, so zu investieren. Das „Bridderhaus“ hätte ursprünglich einer „Maison médicale“ weichen sollen, was durchaus wichtiger gewesen sei. Lediglich einen positiven Aspekt sieht Tonnar daran: „Es ist das bisher einzige konkrete Projekt für das Kulturjahr 2022.“ Auch Dan Codello hatte den Eindruck, dass der Kostenvoranschlag schnell auf die Tagesordnung gesetzt worden sei, um die Fertigstellung bis 2022 zu sichern. „Eine Künstlerresidenz ist eine gute Sache – aber nicht so.“ Codello und die LSAP stimmten als Einzige gegen den Kostenvoranschlag.
Esch2022
Die Bestätigung der Konvention mit Esch2022 stand ebenfalls auf der Tagesordnung und wurde einstimmig angenommen. Trotzdem kritisierte die Opposition den aktuellen Stand des Projektes. „Was mit Esch2022 im Moment passiert, ist nur noch traurig“, sagte Marc Baum („déi Lénk“). Das Projekt sei nicht in Esch und auch nicht bei den Bürgern. Durch das ganze Hin und Her freue sich niemand aus der Kunstszene mehr darauf – das Ganze sei nur noch mit Frustration verbunden. Der Grund, warum „déi Lénk“ für die Konvention mitstimmt, sei, weil dies eine Chance für die Stadt sei. Wenn sich die Situation aber in einem Jahr nicht drastisch verbessert hätte, würde die Partei im kommenden Jahr eventuell nicht mehr mitstimmen. Vera Spautz (LSAP) kündigte an, diesen Punkt für die nächste Gemeinderatssitzung auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Kulturschöffe Pim Knaff gab zu, dass es auch ihm wehtue, dass die Projekte verschiedener Escher nicht angenommen würden. „Esch ist nicht verantwortlich für alles, was in dem Dossier passiert.“ Er rief die Künstler, deren Projekte abgelehnt wurden, dazu auf, nicht aufzugeben. Vor und nach 2022 könne auch noch viel umgesetzt werden.
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Wenn man den Schöffenrat nie mehr sehen könnte, das wäre schon ein guter Anfang.
Wenn man den Schöffenrat nie mehr sehen könnte, das wäre schon ein guter Anfang.
Damit wäre ich auch einverstanden, meine Stimme haben sie.