Handel / Sie eröffnete einen Kiosk – dann kam Corona: „Lange darf das nicht mehr dauern“
Der Handel ist ein großes Opfer der Coronavirus-Krise. Viele Geschäfte, darunter auch solche, die es schon lange gibt, fürchten um ihre Existenz. Aber wie sieht die Lage bei Läden aus, die erst kurz vor dem Lockdown eröffnet haben? Wir sprachen mit einer Kiosk-Betreiberin.
Antoinette Strasser (46) ist eine dynamische Frau. Sie lebt seit etwa zehn Jahren in Rodange, gemeinsam mit ihrem Mann und den beiden Kindern. Sie arbeitete als Buchhalterin, verlor aber vor einiger Zeit ihren Job. „Ich suchte nach Arbeit, wollte aber nicht mehr in die Buchhaltung zurück“, erzählt die Mutter. Ihr Mann brachte sie dann auf die Idee, einen Kiosk zu eröffnen. „Vor einigen Jahren gab es im Zentrum von Rodange einen Kiosk. Der schloss dann aber seine Türen. Es ist demnach eine Marktlücke, die ich jetzt besetze“, so Antoinette Strasser.
Die Familie reichte die ersten Anträge für die Eröffnung des Kiosks im September und Oktober des letzten Jahres ein. „Wir benötigten zum Beispiel eine Niederlassungsgenehmigung und eine Autorisierung von der Zollverwaltung für den Verkauf von Tabakwaren“, erklärt Antoinette Strasser. Den Horeca-Kurs und die „Jeunes entrepreneurs“-Ausbildung absolvierte sie mit Erfolg. Am Anfang wollte sie ebenfalls selbst gebackenen Kuchen in ihrem Kiosk anbieten, ließ das Vorhaben aber wegen der strikten Hygieneauflagen wieder fallen. Selbstgemachtes gibt es trotzdem im „Kiosk Strasser“ – und zwar Plüschtiere, 3D-Postkarten und Glasmagnete.
Auch ein geeignetes Lokal in der rue du Commerce wurde schnell gefunden. Im selben Gebäude befinden sich eine Zahnarztpraxis und ein Friseursalon. „Die Miete ist nicht zu hoch, sie liegt bei 950 Euro. Viel Mobiliar mussten wir nicht kaufen, denn wir konnten den Großteil der Möbel der Vormieter nutzen”, erklärt die Kiosk-Betreiberin. Bisher investierte sie insgesamt rund 10.000 Euro in den Kiosk.
Verheißungsvoller Start
Am 9. März ging es los. Das Geschäft lief gut an – doch dann kam der Lockdown. Der Zeitungskiosk durfte zwar geöffnet bleiben, verzeichnete aber einen drastischen Kundenrückgang. „Alle anderen Geschäfte in der Umgebung waren zu, die Leute blieben zu Hause. Die Laufkundschaft blieb fast komplett aus“, erläutert Antoinette Strasser. Seit der teilweisen Lockerung der Einschränkungen geht es ein wenig besser. Durchschnittlich zählt Strasser etwa ein Dutzend Kunden pro Tag. „Einige bleiben etwas länger und reden. Es sind vor allem Leute, die alleine leben oder unter dem Verlust der sozialen Kontakte leiden”, so die Kiosk-Inhaberin. Etwas, das eine Kundin auch auf Anhieb bestätigt: „Ich bin allein. Deshalb bin ich jedes Mal froh, wenn ich hier einen Plausch halten kann, während ich mir Zigaretten besorge.“
Einige Kunden kommen auch zum Stöbern. Denn im Zeitungsladen gibt es neben den üblichen Zeitungen, Magazinen und Schreibwaren so einiges zu entdecken wie seltene Sportbücher oder interessante gebrauchte Bücher. „Wir erhalten regelmäßig neue Ware, unter anderem von Kunden. Im Augenblick haben wir ungefähr 300 Bücher hier“, freut sich die Kiosk-Besitzerin. In einer Vitrine werden zudem USB-Sticks, verschiedene Handy-Aufladekabel und Rechenmaschinen angeboten. Auch Getränke, Süßigkeiten und einige Spielsachen findet man im Kiosk. In einer Ecke des Geschäfts steht eine Kaffeemaschine. „Wir bieten ebenfalls ‘Coffee to go’ an”, so Antoinette Strasser. Jetzt soll noch eine kleine Tiefkühltruhe her. Im Sommer soll nämlich Eis verkauft werden. Besonders die Einwohner des Viertels wissen die Kiosk-Eröffnung zu schätzen. „Ich wusste gar nicht, dass jetzt wieder ein Kiosk hier im Zentrum ist. Seit einiger Zeit laufe ich immer zum Bahnhof oder zu einer Tankstelle, wenn ich eine Zeitung kaufen will. Das ist zum Glück jetzt vorbei“, freut sich ein Anrainer.
Warten auf die Leuchtreklame
Es ist aber noch nicht alles fertig. Die Kiosk-Betreiberin wartet zum Beispiel derzeit auf eine Antwort der Straßenbauverwaltung und der Gemeinde bezüglich einer Leuchtreklame. „Ich hatte den Antrag bereits vor einiger Zeit eingereicht. Die Kommune bestätigte aber bisher lediglich den Empfang und erklärte, dass das Dossier komplett sei, von der Straßenbauverwaltung habe ich noch gar nichts gehört”, bedauert Strasser. Im Augenblick werde vor allem via Mund-zu-Mund-Propaganda und Facebook Werbung für ihr Geschäft betrieben. Lotterielose könnte sie ebenfalls noch keine verkaufen, weil die „Loterie nationale“ wohl an ihre Kapazitätsgrenze gestoßen sei, so die Geschäftsfrau. Sie schüttelt den Kopf.
Die Lage sei im Augenblick nicht einfach. Sie versuche aber weiter, ihr Geschäft aufzubauen. Der Kiosk sei derzeit nicht rentabel. „Ich habe eine kleine Reserve, mehr als drei bis vier Monate darf die Krise aber nicht mehr andauern, sonst komme ich in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten. Wenn ich beim Lockdown hätte schließen müssen, hätte ich bereits Konkurs anmelden müssen …“, so die Frau. Sie konnte sich während der letzten Wochen glücklicherweise zu 100 Prozent auf ihren Kiosk konzentrieren. Ihr Mann arbeitet als Elektriker und war wegen des Baustopps jetzt einige Zeit zu Hause. “Er hielt mir den Rücken frei“, so die zweifache Mutter. Angst vor einer möglichen Corona-Infektion hat Antoinette Strasser keine. „Ich reinige alle benutzten Gegenstände regelmäßig, schütze mein Gesicht, wasche meine Hände und wahre den Sicherheitsabstand. Mehr kann man nicht tun.” Außer hoffen auf bessere Zeiten.
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Abgebrühte und gewissenlose „Geschäftsleute“ werden mehr oder weniger unbeschadet die Krise überstehen – leider! Viele Ehrliche ersticken an ihrem Frust und gehen unter. Der Hammer wäre, wenn die Maskenpflicht von Anfang an zum Schutz aller genügt hätte! Doch selbst wenn sich das herausstellen würde: Zugeben kann man sich nicht leisten, zu hoch ist der Schaden! Man kann sich trotzdem fragen, warum man Zeitungen und Zigaretten in der Tanke kaufen darf und nicht im Kiosk?! Der Dame und allen anderen in ähnlicher Lage drücke ich die Daumen, dass sie ganz schnell aufmachen können!
Man nennt das ‚unternehmerisches Risiko‘.
Zeitungsläden sind nicht gerade die Zukunft der Wirtschaft.
@Leila.
„Man kann sich trotzdem fragen, warum man Zeitungen und Zigaretten in der Tanke kaufen darf und nicht im Kiosk?! “
Ich nehme an derselbe Grund warum Cactus Föne und Koffer verkaufen darf aber Elektriker und Maroquinerien nicht.
Wen sie einen Frischmilch-Automaten oder eine Brotbackautomaten aufstellt, darf sie auch öffnen.
Aber so viel Eigeninitiative gibt’s nicht, deshalb haben wir ja auch immer 1000 Bankrotte im Jahr.
@ wussler
@Leila
Zeitungsläden haben nicht schließen müssen. Am besten lesen vor kommentieren.
@ Leila
Dass die Menschen so schnell vergessen, erstaunt mich immer wieder. Am 16. März wusste noch KEIN Mensch, was gegen das Virus schützen könnte. Es gab nur Vermutungen. Das ist übrigens heute noch nicht wirklich anders. Die Maskenpflicht ist genau so ein Test wie vorher der Lockdown. Hoffen wir, dass die Maske wirklich wirkt!
Berufsrisiko – ja! Einen Kiosk zu führen bedeutet immens viel Arbeit, selbst wenn sich die Kunden die Klinke von morgens bis abends in die Hand geben – es reicht wahrscheinlich nur zum Überleben, weil die Gewinnspanne sehr gering auf festgesetzte Preise ist. Ich nehme an, dass Zigaretten nicht auf Kommission verkauft werden und da steckt einiges momentan an totem Kapital drin. Es gibt nur EINEN Gewinner …!
DanV
Stimmt, sie mussten nicht schließen, habe nicht daran gedacht
Es ist traurig dass die „Loterie nationale“ nicht hilft und Ausreden erfindet. An Cafés, Restaurants und anderen installieren Sie die Apparate und nicht in einem Zeitungsgeschäft. Wer mich dann auch noch schockiert ist die Gemeinde und Strassenbaumverwaltung, da keine Antworten kommen zum anbringen einer Reklametafel wo vorher schon eine war.