Lehrergewerkschaft / SNE zur „Rentrée“: Viele „No-Gos“ und ein wenig Lob
In der „Rentrée“-Pressekonferenz der Gewerkschaft SNE/CGFP sparte Präsident Patrick Remakel nicht mit Kritik am Chaos, das durch die Prozedur der sogenannten partiellen Quarantäne ausgelöst wurde. Weitere Themen waren die Corona-Maßnahmen in den Schulen, der Lehrermangel, die Ausbildung sowie einige Reflexionen zum neuen Schulfach Coding.
Die Diskussion um die sogenannte partielle Quarantäne hat für viel Kopfschütteln und Unverständnis gesorgt. Viele Akteure wussten zudem nicht, was sie tun sollten. Am Freitag erinnerte die Gewerkschaft SNE/CGFP auf einer Pressekonferenz daran, dass sie der Einführung eines Stufenmodells für die „Rentrée“ im Vorfeld zugestimmt hatten. Nun habe sich allerdings herausgestellt, dass die Lehrkräfte bei der praktischen Umsetzung dieses Modells im Regen stehen gelassen wurden. „Es fehlt an präzisen Vorgaben sowohl durch das Bildungsministerium als auch durch die Direktionen“, moniert SNE-Präsident Patrick Remakel. Werde doch einmal eine Vorgabe ausgesprochen, sei diese oft widersprüchlich. „So kann es nicht weitergehen.“ Das Ministerium solle endlich Tacheles reden. Kein Verständnis zeigte die Gewerkschaft für die Prozedur der partiellen Quarantäne. „Das ist ein No-Go.“
„Schon alleine die Tatsache, dass Meisch die partielle Quarantäne jetzt wieder zur Diskussion stellt, gibt einen Hinweis darauf, wie chaotisch die Zusammenarbeit zwischen den Instanzen des Bildungsministeriums und der ‚Santé’ ist“, so der Präsident. Das Chaos in den Schulen im Fall einer Covid-Infektion sei vorprogrammiert, wenn die Instanzen jetzt nicht den Lehrkräften endlich kohärente, nicht widersprüchliche und schriftliche Vorgehensweisen zukommen ließen.
Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht bekannt, dass wenige Stunden später Bildungsminister Claude Meisch (DP) zusammen mit Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) ebenfalls vor die Presse treten würden. Der kurzfristig angekündigte Pressetermin sollte für Aufklärung sorgen. Auf Nachfrage eines Journalisten gestand Meisch ein, so schnell wie möglich die einzelnen Akteure über die nun getroffenen Entscheidungen und Vorgehensweisen schriftlich zu informieren.
Schon alleine die Tatsache, dass Meisch die partielle Quarantäne jetzt wieder zur Diskussion stellt, gibt einen Hinweis darauf, wie chaotisch die Zusammenarbeit zwischen den Instanzen des Bildungsministeriums und der „Santé“ istSNE/CGFP-Präsident
Für die SNE/CGFP sei die Schule eine sozial wichtige Institution, die auch in schweren Zeiten ihren Bildungsauftrag erfüllen müsse, sagt Remakel. „Deshalb war es wichtig, dass die Kinder am 15. September unter möglichst normalen Bedingungen wieder in die Schule gehen konnten.“ Für die Gewerkschaft sei es aber gleichzeitig ausgeschlossen, dass dabei unnötige gesundheitliche Risiken genommen werden sollten. „Die Gesundheit der Kinder und des Lehrpersonals müssen in unseren Augen immer absolute Priorität haben“, so der Präsident.
Forderung nach weiteren Gratis-Tests
Lob gab es deshalb für die Maßnahme Meischs, der im Vorfeld der „Rentrée“ Schülern und Lehrkräften die Möglichkeit gab, sich testen zu lassen. So konnten zwischen dem 1. und 15. September 140 Kinder und Jugendliche (später nannte Meisch die Zahl 139) zwischen drei und 20 Jahren als Covid-positiv identifiziert werden. Auf diese Weise konnte verhindert werden, dass zu viele Infektionen in den schulischen Kreislauf gelangen konnten. Doch die SNE gibt sich damit nicht zufrieden und spricht sich für weitere regelmäßige Gratis-Tests auf freiwilliger Basis aus.
Wenn bei einer größeren Schülerzahl der Mindestabstand in einem Klassenraum nicht einzuhalten ist, dann hätte man entweder auf einen größeren Saal zurückgreifen müssen oder die Klasse splitten müssenSNE/CGFP
Auf taube Ohren ist allerdings die Forderung der SNE gestoßen, die vorsieht, dass die Abstandsregeln überall in den Schulen eingehalten werden sollten. „Wenn bei einer größeren Schülerzahl der Mindestabstand in einem Klassenraum nicht einzuhalten ist, dann hätte man entweder auf einen größeren Saal zurückgreifen müssen oder die Klasse splitten müssen.“
Mehr Entgegenkommen habe das Bildungsministerium beim Thema Lüften gezeigt, sagt Remakel. Der Gewerkschaft zufolge komme dem Lüften eine wesentliche Bedeutung zu. Neuesten Erkenntnissen zufolge spielen die Aerosole eine größere Rolle bei der Verbreitung des Virus, als dies anfänglich angenommen wurde. Die SNE hatte sich zudem für den Einsatz von mobilen Raumluftreinigern eingesetzt. Diese seien überall dort wichtig, wo Fenster nicht aufgehen oder wo Klimaanlagen keinen konstanten und vollständigen Luftaustausch garantieren könnten. Dieser Vorschlag sowie jener, CO2-Ampeln einzusetzen, um die Konzentration verbrauchter Luft in den Klassenzimmern zu messen, wurde vom Ministerium abgewiesen.
Um Corona-bedingte Wissenslücken bei Schülern zu stopfen, hat die SNE, ohne Erfolg, ein zusätzliches Kontingent gefordert. Die Gewerkschaft ist der Meinung, dass die Nachhilfestunden, die das Ministerium im ersten Trimester außerhalb der regulären Schulzeiten anbietet, nur eine kleine Hilfe sei und zusätzlich eine Belastung für die Schüler bedeute, da sie in Konkurrenz zu Vereinsaktivitäten stehe. Die SNE fordert deshalb zusätzliche Nachhilfe während der Schulzeiten. Dafür sei allerdings eine Anpassung des Kontingents notwendig.
Kinder mit Symptomen sollten abgewiesen werden
Remakel besteht weiter auf der Forderung seiner Gewerkschaft, dass Lehrern das Recht eingeräumt werden sollte, Kinder, die mit Symptomen in die Schule gehen, abweisen zu dürfen. In der Vergangenheit seien Kinder mit Symptomen wie Fieber in der Schule versorgt worden. In Coronazeiten sei dies ein „No-Go“, so der Präsident. Aus diesem Grund habe man vergeblich die Installation eines Fiebermessgeräts für die Schulen vorgeschlagen.
In diesem Zusammenhang darf man die Frage stellen, ob die Zulassungskriterien, wie sie zurzeit an der Uni Luxemburg angewandt werden, immer noch ihre Berechtigung habenSNE/CGFP-Präsident
Die Gewerkschaft SNE wiederholte am Freitag ihre Forderung zur Ausbildung für Grundschullehrer. Diese sollte nach dem Vorbild unserer Nachbarländer auf das Niveau eines Masters angehoben werden. Zur Begründung sagt Remakel: „Die Anforderungen an das Lehrpersonal werden immer größer und komplexer.“ Eine qualitativ hochwertige Ausbildung könne nur über einen Master-Abschluss erreicht werden. Seit vielen Jahren finde das Studium von Grundschullehrern zu einem großen Teil im Ausland statt. Dennoch habe man trotz vieler Anstrengungen immer noch einen latenten Lehrermangel. Aus diesem Grund besteht die SNE darauf, die Zahl der Studenten in Erziehungswissenschaften an der Uni.lu zu erhöhen, ohne die Qualitätskriterien herunterzuschrauben. „In diesem Zusammenhang darf man die Frage stellen, ob die Zulassungskriterien, wie sie zurzeit an der Uni Luxemburg angewandt werden, immer noch ihre Berechtigung haben“, sagt Remakel.
Weil man vakante Stellen nur unzureichend durch ausgebildete Lehrer besetzen könne, greife man seit einigen Jahren auf Leute mit Bachelor-Abschluss zurück, deren Studium sich mit einem der Schulfächer befasste. Die SNE habe sich dieser Praxis nicht verschlossen, da man die sogenannten Quereinsteiger zwingend brauche. Dennoch wies Remakel darauf hin, dass Personen, die ein Bachelor in Erziehungswissenschaften haben, den anderen stets vorzuziehen seien.
Vor einigen Wochen nannte es Meisch „einen historischen Moment“ und meinte damit die Einführung des Codings im Zyklus 4 der Grundschule. Das Coding ist kein reguläres Schulfach, sondern wird transversal in die aktuellen Fächer integriert. Remakel wirft die Frage auf, ob es überhaupt möglich sei, weitere neue Inhalte in das bereits prall gefüllte Schulprogramm aufzunehmen. Es sei problematisch, wenn das Schulprogramm einerseits stets aufgefüllt und andererseits nichts weggelassen werde. Vielleicht sei nun der Moment gekommen, sich von Altlasten zu trennen. „Zurzeit stehen die Lehrer schon fast vor eine ‚Mission impossible’ um das ganze Programm in der Grundschule durchzuboxen.“
Remakel weist darauf hin, dass das Bildungsministerium stets versichere, dass beim Coding kein informatisches Material nötig sei. Dennoch werde man langfristig sicherlich irgendwann auf solches Material zurückgreifen müssen. Problematisch sieht der SNE-Präsident die Tatsache, dass das Ministerium das Fach einführt, nicht aber dafür zuständig ist, das Material zur Verfügung zu stellen. Dieser Aufgabe müssten die Gemeinden nachkommen.
LuxDidac nur digital
Dieses Jahr finde die LuxDidac aufgrund der Corona-Restriktionen nur digital statt, kündigte Patrick Remakel vor versammelter Presse am Freitag an. Die Aussteller aus Luxemburg, Deutschland, Frankreich und der Schweiz werden sich auf der Webseite des SNE/CGFP vorstellen und präsentieren dort ihr didaktisches Material. Im Rahmen der LuxDidac werden auch dieses Jahr wieder mehrere Fortbildungen angeboten. Diese werden in den nächsten Wochen online oder am Sitz der SNE/CGFP stattfinden.
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