Notfall-Szenario / So bereitet die Polizei Luxemburger Schulen auf den Amok-Notfall vor
Beim Amokalarm im Atert-Lycée in Redingen kam eine spezielle Notfallprozedur zum Einsatz. Ein Sprecher der Polizei erklärt, wie die entwickelt wurde – und was Schulen beachten sollen.
Amokalarm in einer Luxemburger Schule: Am vergangenen Dienstag löste die Schulleitung des Redinger Atert-Lycée den Notfallalarm aus. Der Grund: Eine Schülerin meldete eine verdächtige Person. Um 8.20 Uhr läuteten die Schulklingeln Alarm, Lehrer schlossen sich mit ihren Klassen in der Schule ein, Polizeiautos fuhren bei der Schule vor. Die Entwarnung kam um 11.00 Uhr. Es war glücklicherweise ein Fehlalarm.
Jeff Kohnen, Direktor des Atert-Lycée, hat am Donnerstag im Tageblatt erklärt, wie er und seine Kollegen vorgingen. Dazu startete die Schulleitung eine spezielle Notfallprozedur. Im Gegensatz zu einem Feueralarm sieht diese vor, dass Schüler und Lehrer im Gebäude bleiben. „Wir haben die ein oder andere Sache entdeckt, bei der man die Prozedur noch verfeinern könnte. Aber im Allgemeinen hat das gut funktioniert“, sagt Kohnen.
Amoklagen im Nachbarland
Was hat es mit dieser Notfallprozedur auf sich? „Die Amok-Prozedur wurde 2008 erstellt“, erklärt Frank Stoltz von der Luxemburger Polizei gegenüber dem Tageblatt. Und zwar vor einem sehr ernsten Hintergrund, einschneidenden Ereignissen im Nachbarland. „Nach den vermehrten Amoklagen an deutschen Schulen in den 2000er-Jahren wurde im Jahre 2008 präventiv durch die Polizei und in enger Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium eine Prozedur ausgearbeitet“, sagt Stoltz.
Seit 2009 stehen die Beamten den Schulen auch für Beratungen zu technischen Präventionsmaßnahmen zur Verfügung. Und seit Herbst 2009 wird auf Anfrage der Lyzeen auch Schulpersonal auf den Ernstfall vorbereitet. Zum Personal in diesem Sinne gehören nicht nur die Lehrer, sondern auch die technischen Dienste der Schulen, sagt Stoltz.
Schulen sollen Interventionsteam aufstellen
Die Strategie beruhe auf Erfahrungswerten aus dem Ausland und einem Austausch mit europäischen Kollegen. Zudem wurde sie an die Begebenheiten in Luxemburg angepasst. Dazu gehören Schulungen, die von den Schulen angefordert werden können. „Die Schulung beinhaltet sowohl verhaltenstechnische als auch ansatzweise taktische Aspekte und präventive Maßnahmen“, sagt Stoltz. Die gesamte Prozedur werde ständig nach neuen Erkenntnissen aus dem In- und Ausland aktualisiert. Stoltz: „Die Polizei rät den Lyzeen, ebenfalls ein schulinternes Kriseninterventionsteam aufzustellen.“
Zwar gibt es eine „einheitliche Prozedur für alle Schulen“, wie Stoltz erklärt. Dennoch variierten die „gebäudetechnischen Gegebenheiten“ natürlich. Deshalb wird vor einer Amok-Schulung mit der Polizei eine Begehung des Schulgebäudes gemacht. „Um dann auch gezielt auf die einzelnen baulichen Gegebenheiten eingehen zu können“, sagt Stoltz. Die Schulungen selbst würden in regelmäßigen Abständen von den Sekundarschulen in Luxemburg angefragt werden. Anfang 2024 wurde sie auch im „Collège des directeurs“ vorgestellt, sagt Stoltz.
Drei Probeläufe im Großformat
Ob es schulinterne Regelungen dazu gebe, ob der Alarm regelmäßig getestet werde, könne die Polizei nicht sagen. Die Beamten raten der Schulleitung aber, in regelmäßigen Abständen das Personal an die Richtlinien zu erinnern. Und es gab auch schon größere Probeläufe: „Die Polizei hat in den vergangenen Jahren in drei Lyzeen des Landes ein Realszenario im Großschadensformat mit dem Schulpersonal und unter Ausschluss der Schüler simuliert“, sagt Stoltz.
Wohlgemerkt: Die Erstellung einer Amok-Prozedur innerhalb der Schuleinrichtungen „liegt nicht im Verantwortungsbereich der Polizei“, wie Stoltz erklärt. Deshalb wisse die Polizei nicht, ob es in Luxemburg Schulen gibt, die noch keine solche Prozedur haben.
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