„Sie saßen auf ihrer Terrasse und...“ / So fing das CGDIS die Trichternetzspinne in Reckingen ein
Eine große Spinne hat in Reckingen/Mess für Aufregung gesorgt: Eine Hausbewohnerin entdeckte das Tier am Sonntag an der Fassade – und alarmierte die Feuerwehr. Wildtier-Retter Jean Schoos vom CGDIS erklärt, wie der Spinnen-Einsatz abgelaufen ist.
Es ist eine Horrorvorstellung: Man sitzt gemütlich auf der Terrasse – und auf einmal huscht etwas großes, dunkles die Fassade entlang… Anwohnern in Reckingen/Mess ist das am Sonntag passiert. Eine nicht kleine schwarze Spinne starrte sie plötzlich von der Hauswand an.
„Sie saßen auf ihrer Terrasse und sahen dann plötzlich an der Fassade das Tier laufen“, erklärt Jean Schoos. „Sie hatten Sorge, es würde ins Haus laufen oder in einen Rollladenkasten – und haben die Feuerwehr gerufen.“ Schoos ist Chef der Groupe de sauvetage animalier, der Wildtierretter der Einsatzzentrale CGDIS.
Spinne wartete an der Hauswand
Die Reckinger Feuerwehr sei schnell vor Ort gewesen, sagt er. Und das Tier wartete dankenswerterweise noch an der Hauswand. Auch den Feuerwehrleuten war die große Spinne offenbar nicht ganz geheuer. Sie riefen den Experten Schoos an und schickten ihm Bilder. Nach einer kurzen Beratung griffen sie dann beherzt zu einer Kiste – und fingen den Achtbeiner ein. In Zusammenarbeit mit einem belgischen Experten sei die Spinne dann als Andalusische Trichternetzspinne bestimmt worden. Giftig – aber nicht übermäßig gefährlich.
Schoos und die Groupe de sauvetage animalier bieten Feuerwehrleuten in Luxemburg Weiterbildungen an. Dort lernen die Retter die Basics im Umgang mit bestimmten Tieren – und die Fangtechnik. Die ist bei Spinnen – zumindest für Schoos und seine Feuerwehrkollegen – „relativ einfach“. Eine Art Kiste, die einer normalen Lunchbox ähnelt, wird über das Tier gestülpt. Dann wird vorsichtig ein Deckel oder ein Stück Karton dahinter geführt. Dann wird die Box mit Frischhaltefolie oder einem Deckel verschlossen. Bei noch größeren Spinnen sei die Kiste eben etwas größer.
Bis jetzt noch niemand gebissen
So bekäme man auch schonmal eine Vogelspinne eingefangen. „Spinnen sind nicht so schnell, wie man denkt“, sagt Schoos. Allerdings gebe es einige Tipps und Kniffe bei solchen Fang-Aktionen. „Die Leute sollen das bloß nicht selbst machen.“ Bei der Groupe de sauvetage animalier wurde bis jetzt noch niemand gebissen. „Alle unsere Einsätze mit heimischen Tieren oder Wildtieren sind – Klopf auf Holz – ohne Verletzungen ausgegangen“, sagt Schoos. „Aber wir üben das auch regelmäßig.“ Die Reckinger Trichternetzspinne findet Schoos „interessant, aber nicht so spektakulär wie andere Tiere, die wir finden.“
Schoos hat allerdings auch schon einige Spinnenrettungen hinter sich. „Wir haben das öfters“, erzählt er. „Das geht von der Vogelspinne, die in der Boeing 747 im Cargobereich sitzt, bis zur Vogelspinne, die zurückgelassen wird, weil eine Wohnung aufgelöst wird.“ Es kann sein, dass seine Gruppe dreimal in einer Woche zu einem Spinnenalarm ausrücken muss – oder Monate gar nichts passiert. Feuerwehrleute mit entsprechender Ausbildung seien breit übers Land verteilt. „Leute, die das handeln können, sowohl vom Tierschutz als auch vom Eigenschutz her.“
Bei Schlangen müssen die Experten ran
Sobald Schlagen ins Spiel kämen, müssten aber die Experten selbst ran, sagt Schoos. „Da braucht man spezielles Material – wenn man das nicht hat, kann man keine Schlange fangen.“ Richtig gefährliche Schlangen seien aber die Ausnahme. Das gelte übrigens auch für Spinnen. „Im Prinzip ist jede Spinne giftig. Auch eine kleine Hausspinne“, sagt Schoos. „Wir wissen auch von anaphylaktischen Schocks bei Bissen von Kreuzspinnen.“ Wenn man allergisch sei, habe das dieselbe Wirkung wie ein Bienenstich bei einem Allergiker. „Aber deshalb rückt ja nicht die ganze Armee aus“.
Einen Einsatz wie den in Reckingen nehmen die Wildtierretter durchaus ernst. Am Anfang wussten die Feuerwehrleute nicht, um was für eine Spinnenart es sich handelt. Was tun, wenn so ein Tier tatsächlich in den Rollladenkasten kriecht – oder im Haus verschwindet? „Wir hätten den Rollladenkasten demontiert. Das haben wir alles schon gemacht“, sagt Schoos. Auf dem Kirchberg hätten er und seine Kollegen schon einmal in einem ganzen Stockwerk Türrahmen entfernt, um eine Schlange zu finden. Nach vier Stunden hatten sie das Tier dann gefunden.
Maßnahmen bis zur Hausversiegelung
Ist eine potenziell gefährliche Spinne im Haus verschwunden, wird situationsbedingt gehandelt. „Es kann so weit gehen, dass das Haus versiegelt wird und dann eine Suche gemacht wird.“ Das sei aber ziemlich selten der Fall.
Schoos geht davon aus, dass die Andalusische Trichternetzspinne als blinder Passagier nach Luxemburg gekommen ist. Er erinnert sich an einen Fall, als Urlauber aus Italien zurückkamen – und eine Schlange aus dem Koffer kroch. So kam vielleicht auch die Reckinger Riesenspinne aus ihrem eigentlichen Verbreitungsgebiet – der iberischen Halbinsel – ins Großherzogtum, oder mit einem Paket oder einem Laster. „Beim derzeitigen Klima hat sie eigentlich keine Probleme, zu überleben.“
Die Reckinger Riesenspinne wurde nach Absprache mit einem Tierarzt von den Feuerwehrleuten in die Wildtierstation nach Düdelingen gebracht. „Dort sitzt sie jetzt in einem Terrarium.“ Ob es sich tatsächlich um eine Andalusische Trichternetzspinne handelt, sei noch nicht zu 100 Prozent klar. Das Naturkundemuseum vermutet laut Schoos, dass es auch eine einheimische Art sein könnte. Wenn das stimmt, werde die Spinne einfach in die Natur entlassen. Ansonst geht sie in eine Auffangstation ins Ausland.
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