125 Nanometer Virus / So funktioniert SARS-CoV-2
Viren sind winzig klein. Und doch können sie zu einer Gefahr für Menschen und andere Lebewesen werden.
Das Coronavirus, das derzeit die Welt in Angst und Schrecken versetzt, ist erst vor fünf Monaten zum ersten Mal in einem Menschen aufgetreten. Dank moderner Technik wurde sein Bauplan allerdings schon nach kürzester Zeit entschlüsselt und wir wissen genau, wie das kleine Virus aussieht. Wissenschaftler arbeiten bereits fieberhaft an der Herstellung eines Impfstoffes. Im nächsten Jahr soll dieses zur Verfügung stehen.
Seinen Namen hat das Coronavirus aufgrund seines Aussehens. Mit seinen charakteristischen Fortsätzen auf der Virushülle erinnert der Krankmacher unter dem Elektronenmikroskop an eine Krone (lateinisch: Corona).
Viren können sich in ihrer Größe und Form sehr stark unterscheiden. Ebola etwa ist ein Riese unter den Viren. Unter dem Mikroskop sieht dieses Virus aus wie ein verknoteter Schnürsenkel. Seine Länge schwankt stark. Es kann bis zu 14.000 Nanometer lang werden und einen Durchmesser von ungefähr 80 Nanometer erreichen. Damit kann es größer werden als ein rotes Blutkörperchen. Coronaviren hingegen sind winzig. Ihr Durchmesser beträgt gerade einmal 125 Nanometer. Damit sind sie nur etwas größer als HI-Viren mit einem Durchmesser von rund 120 Nanometer. Zum Vergleich ein rotes Blutkörperchen hat einen Durchmesser von 7.500 Nanometer (siehe Abbildung).
Keine Lebewesen
Wissenschaftler sind sich uneinig darüber, ob Viren als Lebewesen eingestuft werden sollen. Das hängt davon ab, wie Leben definiert ist. Viren besitzen zum Beispiel keine Zellen, betreiben keinen Stoffwechsel und können sich nicht alleine fortpflanzen. Sie replizieren sich, indem sie in fremde Zellen eindringen und diese mit ihrem eigenen Erbgut „umprogrammieren“, damit sie neue Viren produzieren. Diese neuen Viren verlassen die Zelle dann und machen sich daran, neue Zellen zu infizieren. Dabei gehen die Viren nicht zimperlich vor. Beim Austreten zerreißen sie die Zellwand oder schädigen sie zumindest stark.
Da die meisten Wissenschaftler Viren nicht als Lebewesen bezeichnen, werden sie üblicherweise auch nicht als Parasiten eingestuft, obwohl ihr Verhalten – einen Wirt auszunutzen und dabei rücksichtslos krank zu machen oder sogar zu töten – an das Verhalten eines Parasiten erinnert. Viren findet man in allen Lebensformen, die Zellen besitzen: Pilze, Pflanzen und Tiere inklusive Menschen.
Das derzeit grassierende Coronavirus (SARS-CoV-2) ist nun eines aus einer großen Familie von vielen Coronaviren. Diese Viren können bei Wirbeltieren (Säugetiere, Vögel und Fische) eine ganze Reihe unterschiedlicher Krankheiten verursachen. Auch die SARS-Pandemie von 2002 und die MERS-Pandemie von 2012 gehen auf das Konto dieser Viren. Sieben Mitglieder aus der Coronavirenfamilie können auch den Menschen befallen und lösen dort vorwiegend Atemwegserkrankungen aus. Vier dieser sieben Viren rufen nur leichte Symptome hervor. Nicht so das aktuelle Coronavirus aus Wuhan – SARS-CoV-2. Es gilt als hochansteckend und kann insbesondere bei älteren Patienten tödlich verlaufen. Deshalb konzentrieren sich viele der derzeit getroffenen Vorsichtsmaßnahmen darauf, dass das Virus, soweit es geht, gebremst wird und ältere Menschen nicht infiziert werden.
Mutation
Eine Hürde für Viren stellt die Artengrenze dar. D.h., ein Virus kann nicht ohne Weiteres von einer Tierart auf eine andere überspringen. Derzeit geht man davon aus, dass SARS-CoV-2 auf einem Lebensmittelmarkt in der chinesischen Stadt Wuhan den Sprung zum Menschen geschafft hat. Bei welchem Tier der erste Mensch sich infiziert hat, ist noch nicht restlos geklärt. Als wahrscheinlicher Kandidat gelten Fledermäuse.
Damit ein Virus die Artengrenze überspringen kann, muss es zuerst mit dem neuen Wirt in Kontakt kommen und sein Immunsystem überwinden. Dazu muss es sich verändern, sprich mutieren. Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein solcher Sprung vor allem dort stattfindet, wo die infizierte Spezies und die neue Spezies oft zusammentreffen und wenn das Virus eine hohe Mutationsrate hat. Hat das Virus sich einmal an den neuen Wirt angepasst, kann es sich vermehren und in dieser Spezies ausbreiten.
Mutationen sind Veränderungen im Bauplan des Virus. Sie entstehen zum Beispiel dann, wenn dem Virus beim Kopiervorgang in der infizierten Zelle ein Fehler passiert. Einige dieser Fehler können sich für das Virus als „Glücksgriff“ herausstellen – zum Beispiel, wenn es dadurch das Immunsystem einer neuen Spezies umgehen kann. Da Viren sich zum Teil sehr stark voneinander unterscheiden, ist die Wahrscheinlichkeit, mit der solche Veränderungen auftreten von Virus zu Virus unterschiedlich. Auch das derzeit um sich greifende Coronavirus könnte weiter mutieren. Chinesische Forscher behaupten, es habe das bereits getan. Sie wollen zwei Stränge von SARS-CoV-2 entdeckt haben. Auf seiner Internetseite stellt das deutsche Robert-Koch-Institut jedoch auch klar: „Es gibt immer die Möglichkeit, dass Viren sich genetisch verändern. Mutationen verändern aber nicht automatisch die Eigenschaften des Virus.“
Der Körper steht Viren allerdings auch nicht machtlos gegenüber. Das Immunsystem erkennt Viren und bekämpft sie. Oder versucht es wenigstens. Aus diesem Grund heißt es immer wieder, dass Menschen mit einem schwachen Immunsystem besonders gefährdet sind. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Person Vorerkrankungen hat. Auch der Lebensstil hat Auswirkungen auf das Immunsystem. Schlafmangel kann beispielsweise das Immunsystem schwächen.
In China sind vor allem Männer den Folgen einer Corona-Erkrankung erlegen. Mediziner diskutieren derzeit die Hypothese, dass dies auf das Rauchen zurückzuführen ist. In China greifen 50 Prozent der Männer zum Glimmstängel, aber nur sehr wenige Frauen. Die Ärztin Yael Bar-Zeev von der Hebrew University in Jerusalem sagte gegenüber der Times of Israel, „Rauchen schwächt das Immunsystem im Allgemeinen und erhöht das Risiko, Viren und Bakterien in die Atemwege zu bekommen. Raucher haben wahrscheinlich ein größeres Risiko für eine Corona-Erkrankung und ein höheres Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko“.
Die charakteristischen kegelförmigen Fortsätze des Coronavirus werden im Übrigen als „Spikes“ (dt.: Stacheln) oder als Peplomere bezeichnet. Sie dienen dem Coronavirus dazu, an eine Zelle anzudocken und mit der Membran der Zelle zu verschmelzen.
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