/ So tragen Forscher aus Luxemburg dazu bei, dass Raumschiffe in Zukunft sauberer sind
Trotz Hightech sind Raumschiffe und Raumstationen nicht blitzeblank rein. Bakterien und Pilze fühlen sich in den engen Behausungen wohl. Ein Forschungsteam aus Luxemburg hat von der ESA den Auftrag bekommen, eine neue Beschichtung zu entwickeln, damit sich solche Mikroorganismen nicht mehr festsetzen können.
Mit der sowjetischen Raumstation Mir etablierte die Menschheit zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine ständige Präsenz im Kosmos. Die Mir war nicht nur ein Wunder der Technik und ein Arbeitsplatz von unschätzbarem Wert für Wissenschaftler, sie war auch stellenweise ziemlich eklig. Bereits nach kurzer Zeit mussten die Kosmonauten feststellen, dass Schimmel sich im Weltraum sehr wohlfühlt. Zu allem Überfluss fiel hin und wieder auch noch der Strom aus, was zur Folge hatte, dass die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit anstiegen. 1990, also vier Jahre nach der Inbetriebnahme der Station, fand man bei Untersuchungen bereits 90 verschiedene Arten von Mikroorganismen. 1998 beteiligten sich amerikanische Astronauten an der Suche nach Mikroorganismen und entfernten dafür Verkleidungen, die so gut wie nie geöffnet wurden. Dahinter fanden sie, in der Mikrogravitation schwebende, Kugeln aus Wasser so groß wie Basketbälle. Das Wasser war alles andere als sauber. Einige der Kugeln waren braun, andere wiederum waren weiß.
Bei dem Wasser handelte es sich um Kondenswasser, das sich dort angesammelt hatte. Hinter den Verkleidungen herrschten laut NASA gemütliche 28 Grad Celsius – perfekt, damit Bakterien und Pilze gedeihen können. Die Astronauten nahmen in bester Wissenschaftlermanier mit Spritzen Proben von dem Schmutzwasser und schickten diese zur Erde. Darin fanden die irdischen Wissenschaftler nicht nur mehrere Dutzend Arten von Bakterien und Pilzen, sondern auch Protozoen und Staubmilben. Kolonien von Mikroorganismen fanden sich auch auf Gummidichtungen, Kupferröhren und sogar den Weltraumanzügen und den Kommunikationsanlagen.
Solche Mikroorganismen sind nicht ungefährlich. Sie haben das Potenzial, wichtige Bauteile der Raumstation zu zerstören. Einige Mikroorganismen produzieren Säure, die das Material angreift, und tragen zur Korrosion bei.
Probleme auch auf der ISS
Die Mir wurde 2001 außer Betrieb genommen. Damit ist das Problem aber nicht gelöst. Das Phänomen ist zwar nun bekannt und Wissenschaftler widmen sich ihm. Die internationale Weltraumstation ISS ist zwar nicht die Mir, aber auch sie ist nicht sicher vor Pilzen und Bakterien. Eine Langzeitstudie fand heraus, dass Mikroorganismen mittlerweile auf allen Oberflächen der Station heimisch sind. Während die Pilzkolonien stabil sind, verändern sich die Mikroben mit der Zeit – die Wissenschaftler vermuten, dass dies mit der wechselnden Besatzung der ISS zu tun hat.
Die Lebensräume der Besatzungen von Raumschiffen und Raumstationen sollen in Zukunft möglichst frei von Bakterien- und Pilzbefall sein. Die europäische Weltraumbehörde ESA hat deshalb dem Luxemburger Forschungsinstitut LIST den Auftrag erteilt, eine neue Beschichtung zu entwickeln, auf der sich solche Organismen nicht ausbreiten können. Leiter des Projektes am LIST ist der Forscher David Duday.
„Unser Hauptziel ist es, ein Mittel zu entwickeln, das den Bakterien- und Pilzbefall im Innern der Rauminfrastruktur verringert und sich großflächig einsetzen lässt“, sagte Duday gegenüber dem Tageblatt. Solche Mittel existieren zwar bereits, doch bislang enthalten sie Silber oder andere Schwer- und Edelmetalle. Studien haben gezeigt, dass diese Stoffe sich am Ende in der Natur wiederfinden, wo sie sich ansammeln und eine Gefahr für die Umwelt und somit auch für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen. Die Luxemburger Forscher haben nun das Ziel, ein Mittel zu entwickeln, das ohne Metalle auskommt.
„Die Probleme, die diese Stoffe auf der Erde verursachen, verschärfen sich in engen Räumen“, so der Wissenschaftler. Teilchen, die sich von den Oberflächen ablösen, konzentrieren sich in den engen Behausungen und schweben dort in der Luft herum oder verfangen sich in den Atemluftfiltern. „Gesundheitsprobleme treten dadurch schneller auf als auf der Erde“, so Duday.
Günstige Bedingungen
Doch stellen Pilze und Bakterien in den Schiffen und Weltraumstationen der Menschen tatsächlich ein so großes Problem dar? Duday bestätigt dies. „Die Bedingungen in den Raumschiffen begünstigen die Verbreitung von Bakterien und Pilzen. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch und es gibt mehr CO2 in der Luft.“ Die Bakterien und Pilze seien zudem höherem Stress ausgesetzt als auf der Erde – zum Beispiel, weil sie weniger Nahrung finden. Das zwingt die Organismen, sich anzupassen. Deshalb würden Bakterien und Pilze im Weltraum schneller resistent als auf der Erde, erklärt Duday.
Auf Raumstationen und in Raumschiffen gibt es immer Bereiche, zu denen die Besatzung keinen Zugang hat und die deshalb nicht geputzt werden können. Dort können sich Krankheitserreger sammeln und zu Gesundheitsproblemen bei der Besatzung führen. Das Risiko steigt durch die belastende Arbeit der Männer und Frauen im Weltall. „Die Besatzung im Weltall ist viel Stress ausgesetzt und ist deshalb empfindlicher“, sagt Duday. „Wir haben also eine Situation, in der Krankheitserreger, die aggressiver geworden sind, auf eine potenziell angeschlagene Besatzung treffen.“
Duday und sein Team wollen verschiedene Stoffe aus der Natur kombinieren, um eine völlig neue Beschichtung zu entwickeln. „Das können Pflanzenextrakte sein oder Proteine, die aus Mikroorganismen hergestellt werden“, sagt der Forscher. „Wir werden das Arsenal der Natur nutzen und es in unsere Beschichtung integrieren.“ Die Ausrichtung auf eine umweltverträgliche Lösung hat dabei System, denn: „Was die Umwelt nicht belastet, schadet auf lange Sicht auch den Menschen nicht.“
Doch warum gibt es keine chemischen Stoffe, die den gleichen Effekt haben? „Es gibt sehr wohl gute synthetische Stoffe, die wir einsetzen können. Sie sind aber oft weniger selektiv und eben nicht abbaubar.“ Die Schwierigkeit der LIST-Forscher besteht darin, die Stoffe aus der Natur mit Hightech-Stoffen zu kombinieren, um sie als Beschichtung auftragen zu können, erklärt Duday. Existierende Produkte, die dies gewährleisten, sind nicht langlebig genug oder haften nicht richtig.
Die Forscher rechnen bereits sehr kurzfristig mit ersten Ergebnissen. Die Dauer des Projekts ist auf 1,5 Jahre festgelegt. „Dann werden wir wissen, ob unsere Lösung besser ist als die, die es auf dem Markt bereits gibt.“ Die Ergebnisse können dann auch für Anwendungen auf der Erde interessant sein, meint der Forscher. So zum Beispiel in Krankenhäusern.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos