Pandemie / So unterschiedlich sind die Corona-Regeln in der Großregion
Die Länder der Europäischen Union sind im Umgang mit dem Coronavirus in eine neue Phase eingetreten. Nach und nach werden die getroffenen Maßnahmen rückgängig gemacht. In Luxemburg gehen Schüler wieder in die Schule und die Geschäfte haben wieder – wenn auch unter strengen Auflagen – geöffnet. Auch in den Nachbarländern ändern sich die Regeln. Ein Überblick.
Luxemburg: Exit in großen Schritten
Das Großherzogtum wurde von der Corona-Pandemie relativ hart getroffen. Auf 1.000 Einwohner kommen mehr als sechs bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus – mehr als in den Nachbarländern. Diese Zahl ist allerdings schwer mit dem Ausland zu vergleichen, weil sie stark von der Anzahl der durchgeführten Tests abhängt – je mehr getestet wird, desto mehr Fälle können auch aufgedeckt werden. Zu Szenen, wie wir sie aus Italien oder New York kennen, kam es bislang nicht. Laut der eingerichteten Covid-Taskforce brauchten in Luxemburg nie mehr als 40 Covid-Patienten gleichzeitig Intensivpflege. Die Wissenschaftler halten es für ratsam, wenn die Zahl der Intensivpatienten unter dieser Zahl bleibt, um die Kranken optimal versorgen zu können.
Nun lautet die Devise im Großherzogtum: raus aus dem Lockdown. Als Erstes wurden die Mitarbeiter der Baubranche wieder an die Arbeit geschickt. Diese Berufsgruppe wurde stichprobenartig auf das Coronavirus getestet. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass 2,0 bis 2,3 Prozent der Belegschaft der Baubranche mit dem Coronavirus infiziert sind, ohne Symptome zu haben – das entspricht rund 1.000 Personen. Die Forscher halten weitere Tests für dringend erforderlich.
Als Zweites kehrten am 4. Mai die Abschlussklässler in die Schulen zurück. Allen von ihnen wurde angeboten, sich testen zu lassen. Rund 40 Prozent (2.354 Personen) nahmen die Gelegenheit zum Test wahr. Bei neun von ihnen fiel der Test positiv aus. Schließlich durften auch die restlichen Schüler der Sekundarschule wieder in die Schulgebäude zurückkehren, unter Einhaltung von strengen Hygieneregeln in den Schulen.
Gleichzeitig öffneten am 4. Mai die Arztpraxen wieder. Auch für sie gelten noch besondere Vorsichtsmaßnahmen. Damit sich Patienten nicht in der Arztpraxis über den Weg laufen, werden sie gebeten, den Arzt vorher telefonisch zu konsultieren, um abzuklären, ob ein Besuch in der Praxis notwendig ist. Falls ja, soll ein genauer Termin vereinbart werden.
Am Montag, dem 11. Mai wurde in Luxemburg Phase 2 ausgerufen. Die Geschäfte des Einzelhandels können nun zum Beispiel wieder öffnen. Dabei setzt die Regierung zu einem großen Teil auf die Eigenverantwortung der Bürger – und auf die Maskenpflicht. Die vorher festgelegten Ausgangsbeschränkungen sind nun nicht mehr verpflichtend, es wird jedoch dringend empfohlen, sie weiterhin einzuhalten. Auch dürfen nun sportliche Aktivitäten im Freien stattfinden und Haushalte dürfen wieder bis zu sechs Personen zu Besuch empfangen, sofern sie einen Abstand von zwei Metern zueinander halten und Masken tragen. An öffentlichen Orten dürfen sich unter denselben Voraussetzungen bis zu 20 Personen treffen. In einer dritten Phase sollen auch die Grundschulen und die Kindertagesstätten den Betrieb wieder aufnehmen können. Derzeit ist geplant, Phase 3 am 25. Mai einzuläuten.
Die Zahlen: Luxemburg
Population: 613.894
Bestätigte Covid-19-Infektionen: 3.888
Bestätigte Infektionen pro 1.000 Einwohner: 6,33
Todesfälle: 102
Todesfälle pro 1.000 Einwohner: 0,17
Deutschland: Jedes Bundesland hat andere Regeln
Die Bundesrepublik ist das siebte Land weltweit in der Statistik mit den meisten bestätigten Corona-Fällen. Chaos ist jedoch auch in Deutschland zu keinem Moment ausgebrochen. Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn sagte im amerikanischen Fernsehen, sein Land bewältige die Krise vergleichbar gut, weil es über ein gutes Gesundheitssystem verfügt. Ein starkes Netz von Hausärzten übernehme die leichteren Covid-Fälle, während sich die Krankenhäuser um die schweren Fälle kümmern. Über Maßnahmen und Exit-Strategien entscheiden in Deutschland – trotz Versuchen der Bundesregierung, die Bemühungen zu koordinieren – die Bundesländer.
In Deutschland wurden zuerst Lockerungen im Einzelhandel vorgenommen. Am 20. April durften Geschäfte mit einer Fläche von bis zu 800 Quadratmetern wieder öffnen. Mediale Aufmerksamkeit erfuhren vor allem die Friseure, die jetzt in Mundschutz und zum Teil mit Visier Haare schneiden.
Unser Nachbar-Bundesland Rheinland-Pfalz hat seine Lockerungen bereits ein gutes Stück vorangetrieben. Dort dürfen alle Geschäfte seit dem 4. Mai bereits wieder öffnen. Restaurants und Gaststätten ist es seit gestern wieder erlaubt, zu öffnen, wenn sie sich an besondere Hygienebestimmungen halten. Dazu gehört, dass die Gäste einen Tisch im Voraus buchen und die Kontaktdaten aller Gäste einen Monat lang aufbewahrt werden müssen, damit im Fall der Fälle Infektionsketten zurückverfolgt werden können. Im öffentlichen Raum dürfen sich Personen eines Haushalts zusammen mit einer oder mehreren Personen eines weiteren Haushalts aufhalten. Andere Einrichtungen müssen weiter geschlossen bleiben. Dazu gehören u.a. Diskotheken, Saunas, Bäder, Bordelle und Kinos.
Im benachbarten Saarland sind die Regeln strenger. Hier müssen Gaststätten noch geschlossen bleiben, dürfen aber Essen ausliefern. Daneben dürfen u.a. Diskotheken, Saunas, Bäder und Kinos ihre Türen derzeit noch nicht öffnen. Auch im Saarland bleiben die Bordelle geschlossen.
In beiden Bundesländern gilt an den meisten Orten des öffentlichen Lebens eine Maskenpflicht. Menschen sollen einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. Partys sind in beiden Ländern noch nicht möglich. Familien dürfen sich treffen, allerdings dürfen Haushalte nur Besuch von Personen aus maximal einem anderen Haushalt empfangen.
Aus den einzelnen Bundesländern kommen derzeit fast täglich Nachrichten über neue Lockerungen. Vor allem Schüler sollen nach und nach wieder in die Schulen zurückkehren.
Die Zahlen: Deutschland
Population: 83 Mio.
Bestätigte Covid-19-Infektionen: 172.812
Bestätigte Infektionen pro 1.000 Einwohner: 2,08
Todesfälle: 7.667
Todesfälle pro 1.000 Einwohner: 0,09
Die Zahlen: Rheinland-Pfalz
Population: 4,09 Mio.
Bestätigte Covid-19-Infektionen: 6.351
Bestätigte Infektionen pro 1.000 Einwohner: 1,55
Todesfälle: 207
Todesfälle pro 1.000 Einwohner: 0,05
Die Zahlen: Saarland
Population: 0,99 Mio.
Bestätigte Covid-19-Infektionen: 2.665
Bestätigte Infektionen pro 1.000 Einwohner: 2,08
Todesfälle: 269
Todesfälle pro 1.000 Einwohner: 0,27
Frankreich: Grüne und rote „Départements“
Auch die französischen Politiker haben ihr Land angesichts der Corona-Pandemie in einen Lockdown versetzt. Das Hexagon ist weltweit in der Statistik das sechste Land mit den meisten bestätigten Corona-Fällen. Obwohl Frankreich 20 Prozent weniger Einwohner hat als Deutschland, hat es mehr als dreimal so viele Todesopfer zu beklagen. Zudem kam es in den „Banlieues“ von Paris zu Ausschreitungen.
Aber auch Frankreich kehrt langsam aus dem Lockdown zurück, wenn auch nicht gleich schnell. Die Entscheidungsträger haben die Karte des Landes in zwei Farben eingeteilt, Grün und Rot, je nachdem, wie immanent die Gefahr durch das Virus in den einzelnen „Départements“ noch ist. Rot sind derzeit der ganze Nordosten des Landes – Île-de-France inbegriffen. Auch das Überseegebiet Mayotte ist weiterhin rot.
Egal ob grün oder rot: In ganz Frankreich haben die Geschäfte (abgesehen von der Gastronomie) am Montag wieder unter besonderen Auflagen geöffnet. Überall in Frankreich ist die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel jedoch noch stark eingeschränkt. In Stoßzeiten dürfen öffentliche Verkehrsmittel nur genutzt werden, um zum Arzt, zur Schule oder zur Arbeit zu fahren. In der Region Île-de-France müssen Berufspendler ein Schreiben des Arbeitgebers mitführen. Bis auf Weiteres bleiben mitunter Kinos, Theater, Strände und Museen geschlossen. Ausnahmen können in verschiedenen Fällen durch die Präfektur gemacht werden. Sportveranstaltungen und Hochzeiten finden nicht statt. Außer mit einem triftigen Grund dürfen sich die Bewohner Frankreichs nicht weiter als 100 km Luftlinie von ihrem Wohnsitz entfernen. In ganz Frankreich können Eltern entscheiden, ob sie ihre Kinder zur Schule schicken wollen oder nicht.
Bislang sind die Unterschiede zwischen den als rot und grün gekennzeichneten Gebieten nicht groß: So sind lediglich in den rot gekennzeichneten Gebieten Parkanlagen geschlossen und die „Collégiens“ (Schüler im Alter von rund 11 bis 15 Jahren) müssen bis auf Weiteres zu Hause bleiben. Je nachdem, wie sich die Lage entwickelt, können die Regeln jedoch angepasst werden.
Die Zahlen: Frankreich
Population: 66,99 Mio.
Bestätigte Covid-19-Infektionen: 177.547
Bestätigte Infektionen pro 1.000 Einwohner: 2,56
Todesfälle: 26.646
Todesfälle pro 1.000 Einwohner: 0,4
Belgien: Sehr zaghafter Ausstieg aus den Maßnahmen
Belgien hat mittlerweile 8.761 Todesopfer zu beklagen. Auch hier hatten die Behörden Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ergriffen.
Das Land ist am Montag in die Phase 1B der Lockerungen eingetreten. Nach genauer Untersuchung der Faktenlage haben die belgischen Experten ihr grünes Licht dazu gegeben. Bislang war es für Bürger möglich, zwei Menschen – immer dieselben – draußen zu sehen, beim Spazierengehen oder beim gemeinsamen Sport. Belgische Haushalte dürfen außerdem seit dem 10. Mai die immer gleichen vier Gäste empfangen. Die Gäste verpflichten sich dann, keine anderen Haushalte zu besuchen. Vorzugsweise soll man sich zum Besuch im Garten aufhalten.
Gaststätten bleiben in Belgien im Moment genauso geschlossen wie Märkte, Bibliotheken und Museen. Auch Berufe, die einen Körperkontakt erfordern, wie beispielsweise Friseure, dürfen vorerst nicht ausgeübt werden. Bis zum 18. Mai soll über weitere Lockerungen gesprochen werden.
Vorgesehen ist bereits jetzt – wenn alles wie geplant verläuft –, dass die Schulen ab dem 18. Mai wieder öffnen. Das soll dann der nächste geplante Schritt sein. Die Gemeinschaften und die Bildungswelt arbeiten bereits zusammen, um eine allmähliche Wiederaufnahme des Unterrichts in den Primär- und Sekundarschulen zu gewährleisten.
Die Zahlen: Belgien
Population: 11,46 Mio.
Bestätigte Covid-19-Infektionen: 53.779
Bestätigte Infektionen pro 1.000 Einwohner: 4,69
Todesfälle: 8.761
Todesfälle pro 1.000 Einwohner: 0,76
Die Zahlen: Wallonie
Population: 3,644 Mio.
Bestätigte Covid-19-Infektionen: 17.337
Bestätigte Infektionen pro 1.000 Einwohner: 4,76
Todesfälle: 3.055
Todesfälle pro 1.000 Einwohner: 0,84
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