Bevölkerungswachstum / So viele Einwohner kann Luxemburgs Trinkwasserversorgung noch tragen
Die Bevölkerung Luxemburgs wächst rasant, ganze Stadtviertel werden aus dem Boden gestampft. Das geplante Projekt Metzeschmelz in Esch-Schifflingen ist ein Beispiel dafür. Doch das Wachstum geht nicht ohne Probleme: Die Trinkwasserversorgung muss gesichert werden, Ressourcen und Infrastruktur sind aber begrenzt.
Rund 120.000 m3 Trinkwasser werden täglich in Luxemburg verbraucht, mehr als die Hälfte davon von privaten Haushalten. Das Problem: Irgendwann stoßen Luxemburgs Trinkwasservorkommen und die versorgende Infrastruktur an ihre Grenzen. Die Trinkwasservorkommen und -reserven Luxemburgs können noch maximal 118.000 zusätzliche Einwohner verkraften, teilt das Wasserwirtschaftsamt auf Tageblatt-Nachfrage hin mit. Damit ist – zumindest unter den derzeitigen Bedingungen – bei ca. 762.000 Einwohnern Schluss. Luxemburgs derzeitige Infrastruktur zur Trinkwasserversorgung stoße hingegen schon früher an ihre Belastungsgrenze: Sie könne noch rund 47.000 zusätzliche Einwohner tragen. Ist das also das Ende des ständigen Bevölkerungszuwachses in Luxemburg? Nicht unbedingt.
Trinkwasser in Luxemburg
Der regelmäßige Verbrauch von Trinkwasser habe sich in Luxemburg in den letzten 15 Jahren verdoppelt, wurde auf einer Pressemitteilung des Umweltministeriums im Januar verkündet. Die Regierung schloss daraus, dass „Trinkwasser zunehmend als lokales und vertrauenswürdiges Lebensmittel angesehen wird“. Im Rahmen der Initiative right2water beschloss die Europäische Kommission, die Trinkwasserrichtlinie aus dem Jahr 1998 zu überarbeiten. So sollten sowohl das „Recht des Wassers“ als auch das „Recht auf Wasser“ verbessert werden. Das neue Trinkwassergesetz trat am 1. Januar 2023 in Luxemburg in Kraft und ersetzte somit die großherzogliche Verordnung vom 7. Oktober 2002. Viele Punkte dieser Verordnung, beispielsweise die Parameter, die die Qualität von Trinkwasser definieren, konnten jedoch beibehalten werden.
Das Wassergesetz von 2008 hält fest, dass die Gemeinden für die Verteilung des Trinkwassers verantwortlich sind. Demnach ist die Privatisierung von Trinkwasser nach luxemburgischem Recht verboten.
Derzeit gebe es hierzulande insgesamt 59 mechanische und 124 biologische Kläranlagen* (Stand: Mai 2023), so das Wasserwirtschaftsamt. Der Bewirtschaftungsplan der Regierung sieht bis 2027 den Bau von 15 weiteren biologischen Kläranlagen vor. Doch ganz so einfach scheint das allerdings nicht zu sein. „Hinsichtlich der erhöhten Frachten an Schmutzwasser (auch unter dem Einfluss der Pendler), stehen bei dem Bau neuer biologischer Kläranlagen beziehungsweise bei dem Ausbau bestehender biologischer Kläranlagen große technische Herausforderungen an, um die strengeren Ablaufwerte einhalten zu können“, heißt es in dem Bewirtschaftungsplan.
Darüber hinaus sucht Luxemburg nach Möglichkeiten zur Trinkwassergewinnung. So würden derzeit Machbarkeitsstudien durchgeführt werden, um – falls nötig – ab 2040 Moselwasser zu Trinkwasser aufzubereiten. Technisch machbar sei diese Option allemal. Sie werde bereits in Frankreich bei Metz umgesetzt. Und Metz sei da auch keine Ausnahme: In mehreren europäischen Ländern werde Flusswasser zu Trinkwasser umgewandelt, sagt das Wasserwirtschaftsamt. Ausschlaggebend sei letztlich, dass das Endprodukt „den strengen Qualitätskriterien des Trinkwassergesetzes“ entspricht – unabhängig vom Ursprung des Wassers.
Nationaler Wasserverbrauch
Darüber hinaus versuche das Großherzogtum durch Wassersparmaßnahmen den Konsum in verschiedenen Bereichen zu senken. Noch laufende Studien zur Reduzierung des Wasserverbrauchs in Haushalten würden die Entwicklung wassersparender Geräte und Armaturen, intelligenter Zähler (Smart Metering Systems), um Verbraucher über ihren Wasserverbrauch zu informieren, sowie von Auffangsystemen von Regenwasser und zur Aufbereitung von Grauwasser (Wasser aus Duschen und Waschbecken) befürworten. Letzteres stelle das größte Einsparpotenzial dar, da so Trinkwasser für Zwecke, die keine Trinkwasserqualität erfordern (Toiletten, Bewässerung, Reinigung), durch Regenwasser oder aufbereitetes Grauwasser (siehe Infokasten) ersetzt werden kann.
Erklärung: Grauwasser
Bei Grauwasser handelt es sich um häusliches Abwasser, das frei von Fäkalien, grobem Schmutz und Speiseresten ist. Es entsteht beispielsweise beim Baden, Duschen, Händewaschen oder Wäschewaschen. Küchenabwässer gehören hingegen aufgrund ihrer höheren Belastung mit Fetten und Speiseabfällen nicht dazu. Grauwasser kann durch Aufbereitung erneut als Brauch- beziehungsweise Betriebswasser genutzt werden.
Rund 60 Prozent des Luxemburger Wasserverbrauchs gehen auf private Haushalte zurück, im Schnitt 132** Liter pro Einwohner pro Tag. So heißt es auf der Webseite des Wasserwirtschaftsamts, das sich auf Daten aus dem Jahr 2019 bezieht. Anders als vom Wasserwirtschaftsamt gegenüber dem Tageblatt im Mai 2023 angegeben, geht die Studie jedoch von einem täglichen nationalen Wasserverbrauch von 132.000 m3 (statt 120.000 m3) aus.
Die Industrie ist hingegen für 23 Prozent des nationalen Wasserverbrauchs verantwortlich, sieben Prozent davon im tertiären Sektor und von kleinen Unternehmen, neun Prozent über direkte Entnahme, also mit privaten Wasserfassungen, und sieben Prozent aus dem Trinkwassernetz. Die Landwirtschaft ist für acht Prozent des nationalen Wasserverbrauchs verantwortlich. Sieben Prozent davon sind Trinkwasser, ein Prozent wird wiederum direkt aus den Gewässern entnommen. Bei den restlichen neun Prozent des Gesamtwasserverbrauchs handele es sich um nicht in Rechnung gestelltes Wasser. Dazu gehört von Gemeinden verbrauchtes Wasser sowie Wasser, das aufgrund von Lecks verloren geht.
Ein Großteil des im Haushalt genutzten Trinkwassers würde für Reinigungszwecke verwendet werden. So würden durchschnittlich 36 Prozent für die Körperpflege (Baden, Duschen usw.), 27 Prozent für die Toilettenspülung, zwölf Prozent für das Wäschewaschen und sechs Prozent für das Geschirrspülen verwendet werden. Sechs Prozent werden zum Putzen und Bewässern verwendet, wohingegen nur vier Prozent des Trinkwassers zum Essen und Trinken genutzt werden.
Vorzüge des Leitungswassers
„Wasser ist das meist kontrollierte Lebensmittel in Luxemburg“, sagt das Wasserwirtschaftsamt auf Tageblatt-Nachfrage hin. Jährlich werden 6.500 Analysen durchgeführt, wobei insgesamt 136 Parameter überprüft werden. Demnach sei das Wasser aus dem Hahn „frisch und kann bedenkenlos getrunken werden“. Wasser aus der Flasche werde zwar bei der Abfüllung kontrolliert, der Verbraucher habe jedoch keine Gewissheit über den Zustand des Wassers nach der Lagerung und dem Transport. Besonders bei Plastikflaschen, die in der Sonne gelagert werden, bestünde das Risiko, dass Mikroplastik ins Wasser gelangt. Zudem ist Wasser aus dem Hahn 100 Mal günstiger als Flaschenwasser und sei nicht mit unnötigem Schleppen verbunden, meint das Wasserwirtschaftsamt. Auch der ökologische Fußabdruck von Flaschenwasser sei nicht zu vernachlässigen. Für die Produktion von nur einer Flasche Wasser würden vier bis acht Liter benötigt werden.
Grundwasserspeicher unter Druck
Luxemburgs Trinkwasser stammt zu 50 Prozent aus dem Stausee und zu 50 Prozent aus dem Grundwasser. Das Grundwasser wird landesweit aus insgesamt 250 Quellen und 40 Bohrungen gewonnen, teilt das Wasserwirtschaftsamt mit. Doch die Grundwasservorkommen stehen nach dem heißen Sommer von 2022 unter Druck. Ausgetrocknete Böden waren die Folge.
Viel Niederschlag sei nötig gewesen, um den Boden zu sättigen, damit der Regen wieder ins Grundwasser eindringen konnte. Darum habe der Speichervorgang erst „mit viel Verspätung im Januar eingesetzt“, anstatt wie normalerweise bereits im November. Der viel zu trockene Februar habe den Vorgang jedoch wieder gestoppt. Auch der nasse März habe dieser Entwicklung nicht entgegenwirken können, da die Pflanzen zu diesem Zeitpunkt wieder viel Wasser aufgenommen haben. So würden die Grundwasserspeicher 2023 ein Defizit von 30 Prozent aufweisen.
Neue Siedlungsgebiete
Luxemburg steht jedoch nicht still: Die Bevölkerung des Landes ist in rund 100 Jahren um 400.000 Menschen gewachsen, allein in den letzten fünf Jahren sind 50.000 hinzugekommen. Darum müssen hier und da neue Stadtviertel und Wohnungsgebiete aus dem Boden gestampft werden. Dafür ist allerdings eine „modification ponctuelle“ des PAG (Plan d’aménagement général) erforderlich, bevor mit dem Bau eines solchen Projektes begonnen werden kann. Davor muss jedes Bauprojekt einer Umweltprüfung unterzogen werden, in der potenzielle Auswirkungen auf den gesamten Naturhaushalt untersucht werden. Dabei werden unter anderem Aspekte wie Mensch und Gesundheit sowie Kultur- und Sachgüter berücksichtigt.
Das geplante Stadtviertel Metzeschmelz in Esch-Schifflingen ist ein gutes Beispiel für derartige Bauprojekte. 2028 sollen bereits die ersten Menschen dort einziehen. In den nächsten 20 bis 25 Jahren soll das Ein externes Ingenieurbüro sei mit der Durchführung einer Machbarkeitsstudie des Trink- und Abwassernetzes beauftragt worden, schreibt das Wasserwirtschaftsamt. Dabei seien mehrere Szenarien von unterschiedlichen Bevölkerungswachstumsprognosen auf kurz-, mittel- und langfristiger Ebene analysiert und sowohl auf das derzeitig vorhandene als auch das geplante Wassernetz angewandt worden. In dieser Phase werden demnach sämtliche Risiken und möglichen Auswirkungen auf das Wasser überprüft und gegebenenfalls Maßnahmen zur Prävention und/oder Minimierung des jeweiligen Risikos ausgearbeitet. „Fragen und Aspekte von Nachhaltigkeit prägen das gesamte Dossier“, meint der Schifflinger Bürgermeister Paul Weimerskirch auf Tageblatt-Nachfrage hin. Eine Anfrage an die Escher Gemeinde blieb bis Redaktionsschluss hingegen unbeantwortet.
Auch die für das Viertel verantwortliche Entwicklungsgesellschaft Agora verweist auf Nachfrage des Tageblatt auf die „strengen Auflagen der Gesetzgebung“ und die damit verbundenen Kontrollmechanismen beziehungsweise Genehmigungsverfahren, anhand derer negativen Auswirkungen auf die Umwelt vorgebeugt werden soll. Es würde untersucht werden, wie verschiedene Wasserkreisläufe die unterschiedlichen Wasserbedürfnisse des Metzeschmelz-Viertels abdecken könnten. Geprüft werden etwa Grau- bzw. Mischwassersysteme sowie die Möglichkeit, Regenwasser intensiver und zirkulärer zu nutzen.
Neben verschiedenen Wasserversorgungsnetzen werde auch die Option einer dezentralen Abwasserbehandlungsanlage, die bereits genutztes Wasser „auf einen unterschiedlichen Bedürfnissen entsprechenden Qualitätsgrad aufbereiten kann“, in Betracht gezogen. Diese Anlage könnte demnach dazu beitragen, den Trinkwasserverbrauch zu reduzieren, da nur noch dort hochwertiges Trinkwasser verbraucht werden soll, wo tatsächlich auch Trinkwasserqualität erforderlich ist.
Zu diesem Zeitpunkt sei allerdings noch nicht geklärt, ob ein Anschluss an eine bestehende Kläranlage erforderlich sein wird oder ob Aufbereitungssysteme innerhalb des Viertels ausreichen werden, um das Abwasser zu behandeln und zu klären, sagt Agora gegenüber dem Tageblatt.
Das Wasser könnte über die Schifflinger Kläranlage, die derzeit ausgebaut wird, behandelt werden. Die Ausbauarbeiten sollen voraussichtlich 2024/25 abgeschlossen werden, teilte Romain Labonté vom
„Syndicat intercommunal à vocation écologique“ (Siwec) gegenüber dem Tageblatt mit. Die Anlage bei Reckingen/Mess werde hingegen geschlossen.
* Im Bewirtschaftungsplan der Regierung wird angegeben, dass Luxemburg über insgesamt „219 kommunale Kläranlagen mit unterschiedlichen Ausbaugrößen“ verfügt.
** Im Netz finden sich zum Teil sehr unterschiedliche Angaben zum täglichen Wasserverbrauch pro Einwohner in Luxemburg. Die Webseite der Stadt Luxemburg gibt beispielsweise an, dass Einwohner 2022 im Schnitt 161 Liter pro Tag verbraucht haben.
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Wenn wir kein Wasser mehr haben, baden wir im Wein!
D’Reenwasser vun den Daech muss lokal, do wo’u de Reen faellt, eng Meiglechkeet hun fir lokal anzesickeren.
Dann funktionei’eren dei‘ ennerirdech Wasserrinnsalen rem an Grondwasser kann sech rem sammelen.
Reenwasser an der Klaeranlaag mech keen Senn, well et den Dreck verdennt an et mei‘ schwei’er ass daat Oofwasser rem proper ze krei’en.
Een Extrakanal fir Reenwasser mecht och keen Senn well do ze vill Wasser bei en een kennt an ze schnell als Oberflaechenwasser an d’Fless leeft an net an d’Grondwasser kennt !
„2040 Moselwasser zu Trinkwasser aufzubereiten.“ Geht nicht, Macron wird das nicht zulassen, Cattenom braucht Kühlung.
Man investiert in Windparks an der belgischen Küste, warum nicht in Meerwasserentsalzungsanlagen. Stromleitung und Wasserleitung von Ostende bis nach Esch-Sauer, das wär doch was!
Ahh bravo. Das ist doch einmal ein Thema. Herr T (der mit den Windrädern) proklamiert feierlich,dass Luxemburg noch weiter versiegelt werden kann um Einwohner zu stapeln. Die Versiegelung betrifft ja nicht „nur“ die Wohnungen.Straßen,Einkaufzentren,Sport-und Bildungsstädten usw. sammeln bei einem Platzregen von normaler stärke soviel Wasser,dass es,wenn vorhanden,durch große Fangbecken und ebenso große Rohre in die Bäche geleitet werden muss. Die letzten Katastrophen ( Sauer oder Ernz ) waren eine kleine Kostprobe. Hinzu kommen die verdichteten und, im Sommer,sehr trocknen Felder,die überhaupt kein Wasser in die unteren Erdschichten eindringen lassen. Und da steht die Zahl 2700+- Km2 Landesfläche. Das ist weit von unendlich. Es wird dazu kommen,dass Luxemburg unerschwinglich wird und das ist nicht (nur) finanziell gemeint.
Mir egal, ich setze mich mit den vom Volk abgewählten Grünen in die Wüste ab, oder die Grünen in die Wüste und ich in die Toscana
„wohingegen nur vier Prozent des Trinkwassers zum Essen und Trinken genutzt werden.“ Mit dem Satz weiß man schon was der Fokus der Politiker sein wird. 10 Prozent müssen für Trinkwasser draufgehen, unbedingt! Und der Rest muss um 30 % runter. Wasserleitungen werden nur noch mit maximal 1 cm Umfang verkauft. Wasserpumpen verboten, wer oben im Penthouse wohnt, hat eben keinen Druck mehr. Badewannen werden verboten. Beim Gärtner werden nur noch Kakteen verkauft. Swimmingpools kriegen mehr Chlor. Autos in der Garage? Waschen verboten.