CSV-Fraktion / Sommerliche Bilanz der parlamentarischen Arbeit
Ist die Mehrheitsfraktion im Parlament nur der verlängerte Arm einer Regierung oder eigenständig genug? Unter anderem darum ging es bei der Bilanz mit anschließendem Presseessen der CSV-Fraktion im Restaurant „Schéiss“ im hauptstädtischen Val Ste-Croix.
Ein großer Redner war der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) nicht. Trotzdem werden dem christdemokratischen Politiker (1930-2017) das eine oder andere berühmte Bonmot zugeschrieben. Eines davon lautet: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Der wegen seiner Doppeldeutigkeit unfreiwillig komische Satz hat dem langjährigen deutschen Regierungschef (Kanzler 1982-1998) Spott eingebracht. Dabei wollte Kohl damit nur zum Ausdruck bringen, dass Regierungen an ihren Ergebnissen und Leistungen gemessen werden sollten.
So erscheint es zurzeit noch etwas verfrüht, die Arbeit der hiesigen CSV/DP-Regierung bereits nach acht Monaten, die sie im Amt ist, zu beurteilen. Trotzdem lässt sich zumindest der Start von Luc Friedens Kabinett bewerten. Schwieriger wird es mit der Mehrheitsfraktion in der Chamber, der CSV-Fraktion. Ob sie nun als verlängerter Arm der Regierung betrachtet wird oder als Bestandteil der Legislative, sei nun dahingestellt. Bei den sommerlichen Zwischenbilanzen der verschiedenen Chamber-Gruppen geht es in der Regel vor allem um einen Austausch mit der Presse in einer entspannten Atmosphäre. Wie etwa gestern bei der CSV-Fraktion im Restaurant „Schéiss“ im Val Ste-Croix von Belair, wo auch etliche Minister zugegen waren.
Dass dabei nicht nur die vergangenen acht Monate Revue passieren gelassen werden, sondern auch ein Vorausblick auf die Zeit nach der Sommerpause geworfen wird, versteht sich. Vorrangig geht es aber erst einmal darum, das bisher Geleistete in schöne Worte gekleidet zu präsentieren. Als einer der erfahrensten und über die Parteigrenzen hinaus geschätzter Politiker, der bereits die verschiedensten politischen Ämter innehatte, unter anderem das des Ministers unter Jean-Claude Juncker, sowie das des Generalsekretärs und jenes des christsozialen Parteichefs (2014-2019), kann sich Marc Spautz auch die eine oder andere (Selbst-)Kritik erlauben.
Angefangen von dem umstrittenen Bettelverbot, mit dem die Regierung quasi in die Legislaturperiode startete und das ihr bis heute noch anhaftet. „Das hätte man anders anpacken können“, sagte Spautz gegenüber dem Tageblatt. „Die Art und Weise war nicht die glücklichste. Man hätte von Anfang an stärker mit den Partnern auf dem Terrain zusammenarbeiten müssen.“ Justizministerin Elisabeth Margue habe angekündigt, dass es verschiedene Anpassungen im Strafgesetz geben werde, um in das Dossier vom Bettelverbot, „das uns die letzten Monate immer wieder begleitet hat“, definitiv in allen Punkten Klarheit zu bekommen.
Was war und was kommt
Spautz kam auch darauf zu sprechen, dass die Regierung darüber hinaus weitere Projekte umgesetzt habe, wie etwa die Anpassung der Steuertabelle und die Maßnahmen im Wohnungsbau sowie den „Logementsdësch“. Damit sei es aber nicht getan, so der CSV-Fraktionspräsident: Nach dem Ministerrat am kommenden Mittwoch werde Finanzminister Gilles Roth das Parlament darüber informieren, wie es nun weitergehe mit der Steuerreform und was alles für den 1. Januar 2025 vorgesehen sei. Nicht zuletzt wird dann auch gesagt werden, was geschehen wird bezüglich der Steuerklasse 1a – und was der Premierminister bereits angekündigt hatte. Davon sind vor allem Alleinerziehende betroffen – ein Dossier, das unter anderem angesichts des gestiegenen Armutsrisikos und auch der Kinderarmut besondere Bedeutung hat, weiß Spautz. Beides hätte in den Jahren 2013 bis 2023, den Jahren der blau-rot-grünen Regierung, zugenommen – ebenso die Zahl der „working poor“.
Koalition hat sich „gefunden“
Insgesamt habe sich die CSV-DP-Koalition mittlerweile „gefunden“. Es sei am Anfang „nicht einfach“ gewesen, so der 61-jährige Politiker und frühere Gewerkschafter (LCGB) aus Schifflingen. Für die eine Partei sei die CSV nach zehn Jahren ein neuer Koalitionspartner, das sei ungewohnt, und die Christsozialen selbst mussten sich nach zehn Jahren in der Opposition erst wieder daran gewöhnen, überhaupt einen Koalitionspartner zu haben. Das ginge nicht über Nacht. In der Zusammenarbeit komme es auf eine „Atmosphäre des Vertrauens“ an. Sicherlich gebe es „Luft nach oben“.
Spautz sagte darüber hinaus über das Verhältnis der CSV-Fraktion zur Regierung, dass die parlamentarische Gruppe seiner Partei die Politik der Regierung durchaus kritisch bewerten und kontrollieren würde: „Wir sind nicht dazu da, den Refrain zu singen von dem, was die Regierung vorgibt.“ Was das zu Ende gehende Chamber-Jahr angeht, sind seit dem 24. Oktober 80 Gesetzentwürfe angenommen und genauso viele parlamentarische Anfragen gestellt worden, 23 Fragen in der Fragestunde der Regierung. Zwölf Anträge wurden angenommen. Um die Worte von Helmut Kohl umzuformulieren: Entscheidend ist, was am Ende eines parlamentarischen Jahres und einer Legislaturperiode rauskommt.
- Teufelspakt: EVP einig mit Rechtsextremen - 19. November 2024.
- Der schlafende Riese – Zwischen Aufbruch und neuen Abhängigkeiten - 18. November 2024.
- Unter Strom: Höchstspannungsleitung an deutsch-luxemburgischer Grenze nimmt Konturen an - 12. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos