Bürgermeistertag 2022 / Sorgen und Nöte der Kommunalpolitiker
Nach zwei Jahren pandemiebedingter Unterbrechung fand am Donnerstag in Mondorf wieder der traditionelle Bürgermeistertag statt. Ein Treffen mit der Erwartung nach Austausch, auch mit Regierungsvertretern, über das Leben in den Kommunen heute und in Zukunft, sowie mit dem Wunsch, gesellige Stunden und Spaß mit anderen Gemeindevertretern zu erleben.
Auf den ersten Blick hat der traditionelle Bürgermeistertag am Donnerstagmorgen in Mondorf den Anschein eines Klassentreffens. Es herrscht Aufbruchsstimmung. Kein Wunder, musste das gesellige Ereignis pandemiebedingt doch glatt zweimal auf Eis gelegt werden. Das erklärt wohl auch, warum sich mehr Gäste als erwartet einfinden. Vertreter einiger Gemeinden sind sogar mit dem eigenen Bus gekommen – sicher ist sicher.
Was im Gewirr zwischen Kaffee und Gebäck sofort auffällt: Es fehlen die „grosses têtes“, also jene, die sowohl Bürgermeister als auch Abgeordnete sind. Ein Boykott? Nein, die „députés-maires“ sitzen im Parlament, wo am Morgen der ukrainische Präsident live zugeschaltet wurde. „Hätten wir eine klare Trennung zwischen nationalem und kommunalem Mandat, dann könnten alle hier sein“, sagt Schöffe Jean-Paul Kieffer aus Remich mit einem leichten Augenzwinkern. Dabei scheinen es weniger die Doppelmandate zu sein, die ihn stören, als die homöopathische Dosierung des politischen Urlaubs. Doch dazu später mehr.
Sportliche Aufgabe
„Sport a Beweegung“ ist das Leitmotiv des diesjährigen Bürgermeistertages. In der Tat scheint die Arbeit als Gemeindepolitiker, den (zu wenigen) Frauen und den Männern sportlich echt etwas abzuverlangen. Ja, auch das hat mit dem „Congé politique“ zu tun. Wenn sich dann aber etwas bewegt oder zumindest von ministerieller Seite angekündigt wird, dass sich bald – also irgendwann – etwas bewegen wird, umso besser.
„Sport a Beweegung“ passt natürlich hervorragend zu Mondorf. Nicht nur, dass demnächst 175 Jahre Thermalbadgeschichte gefeiert werden, auch was die Sportinfrastruktur anbelangt, Stichwort Velodrom, ist, äh … wird Mondorf demnächst verwöhnt. Das freut den hiesigen Bürgermeister Steve Reckel, auf dessen freundschaftliche Begrüßung ein Proseminar Sport folgt.
Sportminister Georges Engel holt weit aus. Vom Kindergarten bis zum Seniorenheim – ein wahrer Marathon. Alles richtig, alles wichtig, auch und besonders, wenn es um die Kommunen geht. Zum Beispiel: Sport als ideales Instrument für Integration, Inklusion, Teambildung und Geselligkeit. Gemeinschaft statt Individualismus, das ist das, was wir brauchen, kann man Engels Worte deuten. In anderen Worten, ein intaktes Dorfleben, und deshalb: „Die Gemeinden sind und bleiben ein privilegierter Partner für die Entwicklung von Sport und körperlicher Aktivität.“ Engel stellt sogar in Aussicht, dass es mehr Unterstützung des Staates, sprich finanzielle Hilfe geben könne. Das hören Kommunalpolitiker gerne.
„Congé politique“
Krisenbedingt spielen die Finanzen vieler Gemeinden in der untersten Liga. So ähnlich formuliert es auch Louis Oberhag. Der Vizepräsident des Gemeindesyndikats Syvicol beanstandet unter anderem, dass die Unterstützung aus der Staatskasse gedeckelt sei – seit gefühlten Ewigkeiten. Was irgendwann 10.000 Euro waren, müssten inflationsbedingt heute deren 17.000 sein, es seien aber immer noch 10.000. Mehr Ausgaben, weniger Einnahmen, aber ständig neue Herausforderungen, die zur Bewältigung – um beim Sport zu bleiben – mindestens Bundesliganiveau verlangen. Oberhag zeigt sich deshalb froh, dass die seit langem angekündigte und seit noch längerer Zeit benötigte Reform des Gemeindegesetzes die Zielgerade zumindest im Blick habe.
Nun aber zum „Congé politique“. Im Komitee des Gemeindesyndikats habe man sich am vergangenen Montag auf einen Vorschlag geeinigt, sagt Louis Oberhag. Grob zusammengefasst: Zusätzliche Stunden, damit kommunale Politiker, ob Bürgermeister, Schöffen und Ratsmitglieder, ihren stetig wachsenden Verpflichtungen im Dienste der Bürger ihrer Gemeinde besser nachkommen können. Dass selbst das nicht reicht, um vollumfänglich den Aufgaben gerecht zu werden, dürfte auch dem Vizepräsidenten des Syvicol bewusst sein. Er sagt es aber nicht. Beim fröhlichen Umtrunk am Ende des offiziellen Teils des Bürgermeistertages hört man dagegen andere Stimmen. Wir geben sie zärtlich wieder: Die Lösung sei suboptimal, sprich bei weitem nicht ausreichend. „Trostpflaster“, sagt einer und fügt hinzu, wie man denn damit junge Leute begeistern solle, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren. Besonders, wenn sie nicht beim Staat oder parastaatlich arbeiten, sondern in der Privatwirtschaft, wo ganz andere Regeln gelten würden, sagt ein Dritter. „Und nächstes Jahr haben wir Wahlen“, ergänzt irgendwer in der Runde. Dass sich aber so schnell grundlegend etwas an der Situation ändern werde, daran glaubt scheinbar keiner.
Ministerin lädt zum Besuch ein
Auch Innenministerin Taina Bofferding hat die kommunalen Akteure bezüglich des politischen Urlaubs offensichtlich nicht beruhigen können. Also irgendwie werde man an irgendwelchen Schrauben drehen, die irgendwann irgendeine Wirkung haben können, sagt sie – in etwa. Nein, den in eigentlich allen Gemeinden dringend nötigen Vollzeitbürgermeisterposten verspricht sie nicht, genauso wenig wie die Trennung der lokalen und nationalen Mandate. Scheinbar weiß sie, dass sie diesen Kampf politisch nicht gewinnen kann. Nicht jetzt – und wie einige beim Umtrunk sagen: niemals! Charmant, wie immer, predigt die Ministerin stattdessen ihr Mantra: „Mateneen fir eng modern Gemeng.“ Und wirkt dabei durchaus glaubwürdig. Die Frage, ob sie liefern kann, bleibt. Ja, man stehe den Gemeinden stets zur Seite, um bei Fragen oder kommunalen Schieflagen zu helfen. So habe beispielsweise die Finanzberatung für Gemeinden bereits begonnen. Die Bürgerbeteiligung solle gestärkt, die Digitalisierung verbessert und ein Servicedesk geschaffen werden. „Die Türen des Innenministeriums stehen euch stets offen“, sagt Ministerin Bofferding in den voll gefüllten Saal hinein. Die über 500 Gemeindevertreter hören die Worte. Einigen fehlt der Glaube.
Nächster Bürgermeistertag in Mondorf ist vor den Wahlen nächstes Jahr. „Damit wir sicher sind, uns wiederzusehen“, sagt Bürgermeister Steve Reckel zum Abschluss. Befreiendes Lachen im ganzen Saal ist die Reaktion.
- Kirche in Metzerlach weiter auf dem Prüfstand, Gemeinderat genehmigte Zuschuss für „Eis Epicerie“ in Zolver - 17. Januar 2025.
- Nach Straftat in Esch wiederholt „Eran, eraus … an elo?“ eine alte Forderung - 9. Januar 2025.
- Haushalt 2025 im Zeichen von Bildung, Sport und Europa ohne Grenzen - 8. Januar 2025.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos