Editorial / Sozialdialog stärken
Zweimal ist Luxemburg 2023 zur Wahl geschritten. Ein Wahlkampf folgte auf den nächsten, Politikerselfies und -porträts werden dem einen oder anderen in seinen Albträumen erschienen sein. Nur: Auch 2024 wird Luxemburg noch zweimal wählen gehen. Die Europa- und die Sozialwahlen stehen noch aus.
Für den einen oder anderen mag es eine nervige Pflicht sein. „Es ändert sich sowieso nichts“, ist ein Kommentar, der ein jeder entweder schon gehört, gelesen oder vielleicht auch selbst geäußert hat. Wenn 2023 jedoch eins gezeigt hat, dann, dass Wahlen durchaus etwas bewirken können. Nach 2013 ist es innerhalb einer Dekade zu zwei entscheidenden Machtwechseln in der Luxemburger Politik gekommen.
Mit den im März stattfindenden Sozialwahlen wählen Luxemburgs Arbeitnehmer ihre Vertreter in die Arbeitnehmerkammer. Nach den Wahlen im Oktober bietet sich demnach nicht nur die Möglichkeit, noch einmal gezielt Einfluss auf die wirtschafts-, sozial- oder arbeitspolitische Zukunft des Landes zu nehmen. Für die zahlreichen ausländischen Grenzpendler ist es auch das einzige demokratische Mitbestimmungsrecht in Luxemburg.
Und die vergangenen Krisenjahre haben einmal mehr gezeigt, warum es wichtig ist, dass jeder von seinem Mitbestimmungsrecht Gebrauch macht. In drei Tripartiten haben Regierung, Patronat und Gewerkschaften Entscheidungen getroffen, die jeden Einzelnen und die Gesellschaft als Ganzes geprägt haben. Diese Form des Sozialdialogs ist weltweit einmalig. Und obschon die Politik sich immer wieder dazu bekennt, haben die Dreierrunden auf Schloss Senningen gezeigt, dass soziale Errungenschaften keine Selbstverständlichkeit sind.
Cargolux, Ampacet, Liberty Steel etc.: Die Namen der Betriebe kennt mittlerweile jeder. Nicht weil diese mit glänzenden Zahlen oder innovativen Ideen auf sich aufmerksam machen, sondern weil deren Arbeitnehmerschaft sich zur Wehr setzt oder gesetzt hat. Gegen Unternehmensleitungen, die den Sozialdialog in Luxemburg mit Füßen treten. Die den Streik brechen wollen. Die ihre Mitarbeiter ohne jegliche Perspektive lassen und ihnen bildlich und wortwörtlich den Stinkefinger zeigen.
Dass die von der Unternehmensleitung angewandten Praktiken illegal sind, lässt diese ganz offensichtlich nicht zurückschrecken. Dabei sind die Forderungen angesichts erzielter Millionengewinne in den vergangenen Jahren nicht einmal sonderlich hoch: eine Lohnerhöhung von 2,5 Prozent und zwei zusätzliche Urlaubstage. Das Management entschied sich jedoch kurzerhand, den Kollektivvertrag aufzukündigen. Ein No-Go für die Gewerkschafter, die seit Montag vor dem Werk in Düdelingen streiken.
Damit solche Vorkommnisse wie bei Ampacet die Ausnahme bleiben und auch zukünftig die Möglichkeit besteht, sich gegen solche asozialen Praktiken zur Wehr zu setzen, sollten Arbeitnehmer ihre Vertreter im März stärken und zur Wahl schreiten. Auch wenn man meint, es bringe nichts: In Krisenzeiten kann jeder von starken Arbeitnehmervertretungen nur profitieren.
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