Serbien / Später Feldzug gegen den Kommunismus treibt in Belgrad bizarre Blüten
In Serbien treibt der späte Feldzug von Belgrads Oberbürgermeister gegen den längst untergegangenen Kommunismus immer merkwürdigere Blüten. So will er rote Autobusse nun blau umfärben lassen: Mehr als an umgefärbten Vehikeln wäre vielen indes an pünktlichen Bussen gelegen.
Spät Konvertierte sind immer besonders eifrig bei der Sache. In Serbien hatte beispielsweise der Belgrader Oberbürgermeister Aleksandar Sapic einst seine politische Karriere bei der linksliberalen DS begonnen. Mittlerweile ist der frühere Wasserballweltmeister Parteigänger der nationalpopulistischen Regierungspartei SNS – und bläst besonders kräftig ins patriotische Horn: Sein verspäteter Feldzug gegen den längst untergegangenen Kommunismus und das ebenso verschwundene Jugoslawien treibt immer merkwürdigere Blüten.
Erst kündigte der 46-Jährige zu Jahresbeginn die Umbettung des Grabs des früheren sozialistischen Staatslenkers Josip Broz „Tito“ aus dem Belgrader „Haus der Blumen“ an. Tito habe der „serbischen Nation mehr Schaden zugefügt“ als der faschistische General Franco der spanischen, begründete er die von ihm beabsichtigte „Rückführung“ der Überreste des einstigen Partisanenführers in dessen kroatischen Geburtsort Kumrovec.
Für ungläubiges Kopfschütteln sorgte auch der Vorstoß des Hobbyhistorikers, das Museum der Geschichte Jugoslawiens in ein Museum der Geschichte Serbiens umzuwandeln. Einerseits existiert nur einen Steinwurf vom Rathaus entfernt schon lange ein serbisches Geschichtsmuseum. Anderseits ist das Museum der Geschichte Jugoslawiens samt der angrenzenden Tito-Grabstätte das mit Abstand populärste und am besten besuchte Museum im Balkanstaat – auch dank der zahlreichen ausländischen Besucher.
Er bekomme einen „Ausschlag“, wenn er an Marx, Engels, Tito und den Kommunismus denke, bekennt der Bürgervater. Er wolle Belgrad wieder zu seinem „ursprünglichen“, sprich vorkommunistischen Aussehen verhelfen, begründet der unermüdliche Geschichtsrevisionist, warum die munter sprudelnden Fontänen am früheren Marx- und Engels-Platz versiegt sind und der 1985 errichtete Springbrunnen selbst ohne sozialistische Symbole auf sein Geheiß im Februar abgerissen und in eine Dauerbaustelle verwandelt wurde.
Altersschwacher Fuhrpark
Außer an Straßennamen und Gräbern missliebiger Nationalhelden stört sich der durch Korruptionsskandale, Plagiatsvorwürfe und Einschüchterungsklagen gegen lästige Journalisten für Schlagzeilen sorgende Sapic nun auch an der Farbe der Belgrader Stadtbusse. Deren angeblich sozialistisches Rot soll einem „byzantinischen Blau“ weichen – laut Sapic die Farbe von Serbiens mittelalterlicher Nemanjiden-Dynastie.
Es gebe kein Nemanjiden-Blau, versichert indes der Heraldiker Aleksandar Palavestra: „Außer wenn der Herr Bürgermeister glaubt, dass im 13. Jahrhundert blaue Autobusse durch das mittelalterliche Raska kutschierten.“
Ältere Belgrader verweisen darauf, dass die Stadt- und Trolleybusse zu sozialistischen Zeiten vor allem grün lackiert waren. Blau waren aber schon zu jugoslawischen Zeiten mit Sicherheit die Busse und Straßenbahnen im kroatischen Zagreb – und sind das noch immer.
Statt an umgefärbten wäre vielen Belgradern eher an pünktlichen und regelmäßig gewarteten Stadtvehikeln gelegen. Denn egal, ob Busse mit ausgebrannten Motoren liegenbleiben, während der Fahrt ein Rad verlieren oder gar in der Mitte auseinanderbrechen: Der altersschwache Fuhrpark der Städtischen Transportgesellschaft GPS macht mehr durch spektakuläre Ausfälle als durch zufriedene Kunden von sich reden.
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