Justiz / Spannende Gerichtsprozesse und warum es manchmal länger dauert – Eine Vorschau auf 2022
Es mangelt der Justiz auch 2022 nicht an Arbeit. In neuen Prozessen wie auch in Berufungsverfahren gilt es bei der Wahrheitsfindung, die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Suche nach dem Mörder, dem Betrüger, dem Schreibtischtäter und dem Lügner dauert deshalb mitunter etwas länger. Das mag nerven, zeigt aber, dass wir in einem Rechtsstaat leben – nicht in einer Diktatur.
Ist B. ein kaltblütiger Mörder? Hat der Mann seine Exfreundin und Mutter des gemeinsamen Sohnes getötet und in ihrem Auto verbrannt? Der Mord an der jungen Ana Lopes ist einer der Fälle, mit denen sich die Gerichte im neuen Jahr beschäftigen werden. Das Urteil im Berufungsprozess soll am 11. Januar fallen, fast genau fünf Jahre nach der verstörenden Tat. In erster Instanz ist B. zu einer lebenslänglichen Gefängnisstrafe verurteilt worden.
Wie eigensinnig darf ein in Luxemburg praktizierender Allgemeinmediziner sein? Auf diese Frage wird es ebenfalls nun im Januar eine Antwort geben. Wegen seiner eigenwilligen Ansichten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und wegen in dem Kontext scheinbar stattgefundener Verstöße gegen den Codex der Ärzteschaft ist Dr. Benoît Ochs in erster Instanz zu einem Jahr Berufsverbot verurteilt worden. Ob es dabei bleibt, wird am 26. Januar entschieden.
Im Januar sollte dann eigentlich auch Flavio Becca wieder vor Gericht erscheinen. Der Luxemburger Unternehmer, dem im sogenannten Luxusuhren-Prozess Geldwäsche und Missbrauch von Unternehmensvermögen vorgeworfen wird, hat gegen das Urteil aus erster Instanz Berufung eingelegt. Weil sich Me Lydie Lorang als Beccas neue Rechtsanwältin aber erst noch ins Dossier einarbeiten muss, wird der Prozess vermutlich nicht vor April stattfinden.
Es geht um Polizisten
Im neuen Jahr wird sich die Luxemburger Justiz auch mit einigen etwas älteren Fällen beschäftigen. Mit einem tödlichen Schuss in Bonneweg zum Beispiel. Bei einer angeblichen Routinekontrolle am 11. April 2018 schießt ein Polizist auf einen flüchtenden Autofahrer. Der Mann stirbt. Gegen den Polizisten wird Anklage erhoben. Seither wartet nicht nur er auf den Prozess. Dass es etwas dauert, liegt an den Prozeduren. Eine ganze Reihe an Überprüfungen und Gutachten haben durchgeführt werden müssen, heißt es von der Pressestelle der Justiz. Ende 2020 ist die Ermittlung abgeschlossen worden. Laut Staatsanwaltschaft müsse der Mann sich hauptsächlich wegen Totschlags vor einem Strafgericht verantworten. Die Verteidigung des Polizisten sieht das anders. Nach einigem Hin und Her soll es dieses Jahr endlich zum Prozess kommen.
Das könnte auch für einen anderen Vorfall gelten, der ebenfalls vier Jahre zurückliegt. Am 14. April, drei Tage nach dem Schuss in Bonneweg, prallen bei einer Verfolgungsjagd in Lausdorn zwei Polizeiwagen aufeinander. Ein Polizist stirbt, seine Kollegin wird lebensgefährlich verletzt. Die Ermittlung sei komplett abgeschlossen, so die Justizpressestelle. Im Herbst 2021 sei entschieden worden, zwei Personen vor eine Strafkammer zu laden. Dabei handelt es sich um einen Polizisten sowie um eine Zivilperson. Nachdem Letztere 2018 vor einer Alkoholkontrolle die Flucht ergriffen hatte, war es zur tödlichen Verfolgungsjagd gekommen. Gegen die Vorladung vor Gericht wurde allerdings Berufung eingelegt. Wann und gegen wen es zum Prozess kommt, ist noch nicht endgültig geklärt.
Mit Spannung wird auch der Prozess gegen zwei Beamte der Gemeinde Hesperingen erwartet. Auf recht kreative Art, unter anderem mit Scheinfirmen und gefälschten Rechnungen, sollen beide die kommunale Kasse über viele Jahre hinweg um Geldbeträge in Millionenhöhe erleichtert haben. Aufgeflogen ist die Sache im Frühsommer 2019. Der Bürgermeister von Hesperingen zeigt sich menschlich enttäuscht von seinen Bediensteten, gibt sich ansonsten aber sehr wortkarg in dieser Affäre. Für Details wird man auf die Sitzung vor Gericht warten müssen. Wann das der Fall sein wird, steht noch nicht fest. Die Ermittlung sei noch nicht abgeschlossen, heißt es.
Was erwartet uns 2022 noch am Gericht? Nun, unter anderem der Berufungsprozess im Streit zwischen Me André Lutgen und Untersuchungsrichter Filipe Rodrigues wegen unterschiedlicher Arbeitsauffassungen bei einem tödlichen Arbeitsunfall.
Außerdem steht der Berufungsprozess gegen Me Gaston Vogel, RTL und Journal wegen des Schreibens und der Veröffentlichung eines Briefes über die Machenschaften eines gewissen Bettlertums in der Hauptstadt an. Ein festes Datum gibt es noch nicht.
Corona-Prozesse
2022 werden auch neue Prozesse wegen diverser Klagen rund um Corona anstehen. Am 19. April muss sich zum einen Pandemie-Maßnahmen-Skeptiker Peter Freitag vor Gericht verantworten, weil er Ärzte mit Nazis verglichen hat. Zum anderen muss sich am selben Tag Virologe Claude Muller erklären. Ihm wird in Bezug auf die Impfung Aufruf zu Hass vorgeworfen.
Wann es zum Prozess gegen Jean-Marie Jacoby, einen der Köpfe der Corona-Demonstrationen, steht noch nicht fest. Sowohl Justizministerin Sam Tanson wie auch Premierminister Xavier Bettel fühlen sich durch dessen Aussagen in den sozialen Medien bedroht und haben Klage bei der Staatsanwaltschaft eingereicht.
Es bleibt demnach spannend. Bis zum endgültigen Urteilsspruch aber gilt für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung. Und selbst wenn es in dem einen oder anderen Fall mal scheinbar wieder etwas länger dauert, ist das jedenfalls immer noch besser, als einen Angeklagten Hals über Kopf am nächsten Baum aufzuknüpfen. Das unterscheidet Demokratie von Diktatur.
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