Lycée des arts et métiers / Speeddating der anderen Art: So informieren sich Schüler über Politik und Demokratie
Diese Woche werden in den Luxemburger Lyzeen Veranstaltungen im Rahmen der „Semaine de la démocratie et de la citoyenneté“ organisiert. Das „Lycée des arts et métiers“ setzt auf ein besonderes Konzept. Wie das funktioniert und bei den jungen Menschen ankommt, hat das Tageblatt am Mittwoch erfahren.
Ein Paukenschlag ertönt pünktlich um 9.15 Uhr im Festsaal des „Lycée des arts et métiers“. Das Signal für die rund 65 anwesenden Schülerinnen und Schüler, ihren Sitzplatz zu wechseln. An diesem Mittwochmorgen treffen sie nacheinander auf Mitglieder der verschiedenen Jugendparteien und eine Vertreterin der „Conférence nationale des élèves du Luxembourg“.
Nusret Vreva hat die Veranstaltung gemeinsam mit seinen Kollegen vom „Service socio-éducatif“ (SSE) ins Leben gerufen. Das Ziel: den jungen Menschen die Möglichkeit geben, sich über das Thema Demokratie zu informieren. „Die Wahlen sind zwar vorbei, aber es ist wichtig, danach nicht aufzuhören. Viele hier sind 16 oder 17 Jahre alt – und damit zukünftige Wähler“, erklärt Nusret Vreva.
In Gruppen aufgeteilt, hören die Jugendlichen während 15 Minuten den jungen Politikerinnen und Politikern zu. Diese stellen die eigene Partei vor und geben den jungen Menschen Informationen zum demokratischen Prozess mit auf den Weg. „Vom Schülerkomitee wurde uns mitgeteilt, dass viele vor dem Speeddating nicht wussten, wie Parteien und eine Demokratie funktionieren“, erzählt Ruben Dantas vom SSE.
Kritisches Denken fördern
Anfang der Woche wurde die Aktion bereits für andere Klassen organisiert – erstes Feedback gab es also schon. Die Idee des schnellen Austauschs scheint anzukommen, wie Vreva feststellt: „Die Schüler hören zu und machen aktiv mit. Niemand stört den Unterricht.“ Wer sich am Mittwochmorgen im Festsaal umsieht, weiß, dass er recht hat.
Denn in den Gruppen wird diskutiert und es werden Fragen gestellt. Eher schüchtern ergreifen manche das Wort und reden dabei leise. Doch sie äußern ihre Meinung. „Es ist uns wichtig, ihr kritisches Denken zu fördern. Dafür müssen sie aber die Informationen haben und sich ein Bild davon machen können, wofür eine Partei steht“, erklärt der Direktor des Lyzeums, Fabrice Roth. Möglichkeiten dazu bieten Aktionen wie die Aktionswoche. Roth begrüßt die Initiative, da diese Themen im Schulprogramm nicht wirklich ihren Platz hätten.
Ihm war es wichtig, die Rednerinnen und Redner darauf hinzuweisen, dass es bei der Veranstaltung nicht um das Verteilen von Parteikarten geht. Stattdessen sind an diesem Tag das demokratische Prinzip, aber zum Beispiel auch die Schule und die in diesem Bereich geltende Gesetzgebung Thema.
Wahlrecht ab 16?
Bei vielen Parteien drehen sich die Diskussionen um die Möglichkeit eines Wahlrechts ab 16 Jahren. „Was haltet ihr davon?“, fragt ein Mitglied einer Jugendpartei in die Runde. Von einer jungen Frau in der ersten Reihe kommt die Antwort: „Ich finde nicht, dass mit 16 gewählt werden soll. Wir haben andere Sachen zu tun.“ Woraufhin ihre Sitznachbarin meint: „Ich finde es gut, wenn es optional ist.“
Diese Ansicht vertritt auch Pol Funk. Der 18-Jährige aus Wasserbillig hat im Superwahljahr zum ersten Mal seine Stimmen abgegeben und erzählt, dass er sich deshalb mehr mit dem Thema Politik auseinandergesetzt hat: „Ich hatte damit ja nie etwas zu tun. Jetzt allerdings hat es mich interessiert; ich musste mich ja quasi damit befassen.“
Der Schüler plädiert für ein optionales Wahlrecht ab 16 Jahren. „So haben Jugendliche die Möglichkeit, sich in die Politik einzumischen. Wer allerdings nicht will, muss nicht wählen.“ An der Aktion in seiner Schule hat ihm gefallen, dass er sich so einen besseren Überblick verschaffen konnte, wofür die Parteien stehen.
Mehr Frauen in der Chamber
Laura Ludig erzählt, dass sie an diesem Morgen von den meisten Parteien interessante Informationen erhalten hat. Für die 17-Jährige ist es in Ordnung, dass sie bisher noch nicht wählen konnte. „Ab 18 kann man das besser entscheiden, vorher interessieren sich viele nicht dafür“, findet die junge Frau aus Grevenmacher. Sie freut sich dennoch darauf, wenn sie als Erwachsene von ihrem Mitspracherecht Gebrauch machen kann. Denn selbst zu entscheiden, was wichtig ist, bedeutet für sie Demokratie. Und was ihr persönlich wichtig ist, weiß sie bereits: dass Frauen wählen dürfen und mehr Politikerinnen in die Chamber gewählt werden.
Eine Woche im Zeichen der Demokratie
Zum zweiten Mal findet in den Luxemburger Lyzeen die „Semaine de la démocratie et de la citoyenneté“ statt. Ziel ist es, die jungen Menschen an einer demokratischen Schulkultur teilhaben zu lassen und sie zu ermutigen, ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen. Dafür werden in Lyzeen Vorträge, Workshops und andere Veranstaltungen organisiert. Außerdem werden während dieser Themenwoche alle zwei Jahre die Mitglieder der Schülerkomitees gewählt – wie es im vergangenen Jahr und auch 2024 wieder der Fall sein wird. Die Aktion findet unter der Leitung des „Centre psycho-social et d’accompagnement scolaires (Cepas)“, der „Conférence nationale des élèves du Luxembourg“ (CNEL), des „Conseil national de la jeunesse du Luxembourg“ (Jugendrot) und des „Zentrum fir politesch Bildung“ (ZpB) statt.
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