/ Staatsbudget und Digitalisierung: Der diesjährige Haushalt unter einem besonderen Blickwinkel
Das Parlament wird am Donnerstag über den Haushalt abstimmen. Ein Fokus liegt auf der Digitalisierung.
Der Haushalt wird oft als das wichtigste Gesetz des Jahres bezeichnet. Er legt fest, welche Einnahmequellen dem Staat zur Verfügung stehen und welche Ausgaben dieser tätigen kann. Deshalb spielt er eine Schlüsselrolle: Ohne ihn ist der Staat handlungsunfähig. Der Haushalt ist nicht nur die Buchführung des Staates. Vielmehr ist er ein Steuerungselement. Welche Mittel wohin gepumpt werden, ist eine politische Entscheidung und hat Konsequenzen.
Am Dienstag wird der Berichterstatter (und Vorsitzender der Haushaltskommission), André Bauler (DP), dem Parlament seinen Bericht zum Haushaltsentwurf vorstellen. Dafür will er einen ganz besonderen Schwerpunkt setzen – die Digitalisierung. Der Bericht der Kammer beschäftigt sich auf 20 der 126 Seiten mit dem Phänomen. Dort heißt es: „Die Digitalisierung ist nicht vom Himmel gefallen.“ Das stimmt. Der Bericht verortet ihre Anfänge bei der Erfindung des ersten Computers und der Erfindung des Internets – und macht dabei eine Feststellung: Das Internet war ursprünglich eine Initiative des US-Militärs. Es wurde also nicht von der Privatwirtschaft, sondern von einem Staat ins Leben gerufen.
„Für die Anfänge des Internets waren massive öffentliche Investitionen unverzichtbar, weil die Privatwirtschaft dafür keine Notwendigkeit gesehen hat. Ohne staatliche Akteure hätte sich die digitale Evolution sicherlich verspätet“, heißt es in dem Dokument. Private Akteure haben nicht notwendigerweise einen Anreiz, um eine Infrastruktur aufzubauen, so der Bericht weiter. Deshalb muss der Staat einspringen.
Herausforderung angenommen
Zwar hat Luxemburg – wie der Bericht erkennt – die Herausforderung der Digitalisierung angenommen, jedoch gäbe es noch viel zu unternehmen, insbesondere was das digitale Angebot an staatlichen Dienstleistungen angeht. Der Staat müsse auch mehr unternehmen, um Betrieben unter die Arme zu greifen, die sich digital erneuern wollen – ganz besonders den kleinen und mittleren Betrieben.
Die Europäische Kommission bewertet anhand ihres „Digital Economy and Society Index“ (DESI), wie gut die Mitgliedstaaten den digitalen Wandel stemmen. Luxemburg muss sich also nicht nur auf seine eigene Einschätzung (das eigene, möglicherweise verzerrte) Gefühl verlassen. In diesem Index schneidet das Großherzogtum gut ab – liegt weit über dem europäischen Durchschnitt – und schafft es unter den Mitgliedstaaten auf Platz fünf der Länder, die den Wandel am besten meistern, hinter Dänemark, Schweden, Finnland und den Niederlanden.
Auch der Bericht der Haushaltskommission schöpft aus dieser Untersuchung. Der Index ist in fünf Teilbereiche unterteilt: Konnektivität, Humankapital, Nutzung von Internet-Dienstleistungen, Integration der Digitaltechnik und digitale öffentliche Dienste. Während Luxemburg in den drei ersten Kategorien glänzt, liegt das Land bei den anderen beiden (Integration der Digitaltechnik und digitale öffentliche Dienste) unter dem EU-Durchschnitt. „Viel zu tun bleibt für Luxemburg im Bereich Digitalisierung des Verwaltungen“, heißt es im Bericht zum Haushalt. Luxemburg kommt in diesem Bereich nicht gegen die meisten anderen Länder der Union an.
„Digital by default“
Zwar gibt es seit mehr als zehn Jahren die Bürgerplattform „guichet.lu“, die gut genutzt wird. Damit die Bürger aber vollends von der Digitalisierung profitieren können, muss sich etwas innerhalb der Ämter tun. „[…] Bei der internen Organisation der Verwaltungen muss gehandelt werden“, heißt es in dem Dokument der Chamber. Die Herangehensweise der Regierung in dieser Sache, erinnert der Bericht, fußt auf drei Prinzipien. Erstens „digital by default“. Das bedeutet, dass bei Gesetzentwürfen von Anfang an an das Digitale gedacht wird.
Zweitens „once only“. Das bedeutet, dass Bürger Informationen nur einmal liefern müssen und die Verwaltungen sie dann im Bedarfsfall und mit der Erlaubnis der Bürger austauschen, anstatt sie erneut beim Bürger abzufragen. Und drittens „Transparenz“. Das bedeutet, dass jeder Bürger abfragen kann, was der Staat über ihn weiß. Tatsächlich hat sich Luxemburg mit der Gründung der neuen Regierung im Dezember 2018 ein neues Ministerium für Digitalisierung gegeben. Der zuständige Minister ist Premier Xavier Bettel. Digitalisierung ist Chefsache.
Der Berichterstatter meint: „Das neue Ministerium für Digitalisierung wird eine gewichtige Rolle beim digitalen Wandel der öffentlichen Verwaltung spielen.“ Besonders dem Zentrum für Informationstechnologien des Staates (CTIE) soll dabei eine wichtige Rolle zukommen. Das hat spürbare Auswirkungen im Haushalt. Das Budget des CTIE steigt gegenüber 2018 um 17 Prozent. Des Weiteren sind eine ganze Reihe von Maßnahmen vorgesehen. So steckt der Staat zum Beispiel mehr Geld in die IT seiner Steuerbehörden. Gegenüber dem letzten Jahr habe sich dieser Posten fast verdoppelt, heißt es in dem Bericht – er liege nun bei mehr als 10 Millionen Euro. Die Digitalisierung kommt aber auch in einer ganz anderen Art der Verwaltung zum Tragen: den Schulen.
Digital Natives richtig ausbilden
In den nächsten 25 Jahren könnten nicht nur 30 Prozent der Arbeitsplätze in Europa verschwinden und komplett neue, heute noch nicht bekannte, entstehen. Die Menschen der Zukunft müssen sich auch in der Datenflut zurecht finden. Selbst die Digital Natives, also jene, die mit Computern aufgewachsen sind, seien sich selten der Gefahren der digitalen Welt bewusst, heißt es in dem Bericht. Diese reichen von Fehlinformationen über Cybermobbing und Belästigung in den sozialen Medien bis hin zum Missbrauch persönlicher Daten.
Eine wichtige Rolle kommt dabei dem „Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologiques“ (Script) zu. Diese Abteilung des Bildungsministeriums erstellt unter anderem pädagogisches Material. Zusammen mit dem Forschungsinstitut Liser und der Uni entwickelt Script zum Beispiel eine Lernplattform für Mathematik.
Sofort erkennbar sind die Auswirkungen der Digitalisierung auch am Finanzplatz. Stichwort: Fintech. „Um zu garantieren, dass die Finanzbranche ihre Chancen durch die Digitalisierung nutzen kann, fällt es der Politik zu, Weichen richtig zu stellen und dafür zu sorgen, den richtigen Rahmen und Unterstützung zu bieten“, heißt es in dem Bericht. Es gelte unter anderem, ein Umfeld zu kultivieren, in dem Start-up-Unternehmen gedeihen können. Seit 2017 unterstützt der Staat im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft das Luxembourg House of Financial Technology in Luxemburg-Stadt. Dessen „unleugbarer Erfolg“ zeige den Bedarf an solchen Initiativen. „Ohne jeden Zweifel“ sei eine der größten Herausforderungen, die richtigen Arbeitskräfte zu finden. Es genüge nicht, diese im Ausland zu suchen. Vielmehr müssten die Ausbildung und Fortbildung in Luxemburg den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes angepasst werden.
Eine Herausforderung und eine Chance bietet die Digitalisierung auch in der Medizin. Neben neuer Verfahren wie der Telemedizin kommt auf die Patienten und ihre Ärzte auch die „Digitale Patientenakte“ zu. Laut Koalitionsabkommen, sollen die Mittel dafür „dans les plus brefs délais“ zur Verfügung stehen. Auch hier sind die geplanten Anstrengungen im Haushalt ablesbar. Für die Digitalisierung im Gesundheitsbereich stehen der Regierung 2019 insgesamt 2,2 Millionen Euro zur Verfügung.
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