Lockdown, sanfter Ausstieg, schneller Exit / Statistiker projizieren Pandemie-Verlauf in Luxemburg
Lockdown, phasenweiser Exit oder sofort alles wie vorher – mit wie vielen Infizierten, Intensiv-Patienten und Toten müsste Luxemburg jeweils rechnen? Das Luxembourg Centre for Systems Biomedicine der Universität Luxemburg hat die unterschiedlichen Szenarien durchgerechnet – und eine Projektion erstellt.
Das Resultat im schlimmsten Fall des Worst-Case-Szenarios: Bis zu 2.246 Menschen könnten an der Corona-Pandemie bis Dezember in Luxemburg sterben. Dieser Berechnung liegt die These zu Grunde, dass am 4. Mai sämtliche Corona-Einschränkungen in Luxemburg aufgehoben würden – der schnelle Exit. Dass das nicht der Fall sein darf, hat die Politik schon entschieden: Die Regierung verkündete vor anderthalb Wochen, dass in einer ersten Phase ab 20. April nur die Bauwirtschaft wieder loslegen durfte. Die Schulen sollen sukzessive ab 4. Mai folgen, für die Gastronomie und den Einzelhandel gibt es noch kein genaues Datum.
„Das Hauptaugenmerk der Simulationen liegt auf den Zahlen der Intensiv-Patienten“, erklärt Didier Goossens vom Luxemburger Forschungsfonds. Die Institution koordiniert die Corona-Forschung im Land im Rahmen des Netzwerks „Research Luxembourg“.
Nichtsdestotrotz: Die Projektionen der Luxemburger Forscher liefern Anhaltspunkte dafür, was passieren könnte, wenn ab 4. Mai doch plötzlich alle Lockdown-Maßnahmen aufgehoben würden. Zum Höhepunkt der dann über Luxemburg schwappenden Infektionswelle Mitte Juni wären bis zu 198 Menschen auf der Intensivstation. Insgesamt 427.858 Menschen hätten sich bis Dezember mit dem Virus infiziert. Das sind jedoch die statistischen Maximalwerte – auch bei einem theoretischen Total-Exit am 4. Mai könnte Luxemburg glimpflicher davonkommen.
Projektion beinhaltet auch die Dunkelziffer
Hinzu kommt: Das Modell berücksichtigt auch die „Silent Carriers“ – also die Dunkelziffer der Menschen, die von ihrer Corona-Infektion überhaupt nichts wissen, weil sie keine Symptome zeigen – und deshalb auch durchs Testraster fallen. So ist auch zu erklären, dass die Forscher bis zum 27. April bis zu 67.000 Infizierte errechnet haben – obwohl offiziell nur bei 3.729 Menschen in Luxemburg der Corona-Test positiv ausfiel. „Wir modellieren nicht positiv getestete Fälle, sondern tatsächliche Fälle“, sagt Didier Goossens. „Das ist in den Simulationen eine grobe Abschätzung aus Literaturwerten, ein Faktor zwischen fünf und zehn.“ Hinzu kommt: Die Simulationen wurden schon vor mehr als zwei Wochen errechnet. Ein Update, an dem die Wissenschaftler derzeit arbeiten, soll auch die neuesten Entwicklungen berücksichtigen.
Die Forscher haben auch den „sanften Exit“, der derzeit von der Politik angepeilt wird, unter die Lupe genommen. Ihren Berechnungen zugrunde legen sie die Annahme, dass – wie geschehen – die Bauarbeiter am 20. April wieder ihre Arbeit aufnehmen. Aber wie sich die Lage dann entwickelt, hängt in dem Modell noch von einem weiteren Faktor ab: Nämlich, wie gut das „Contact Tracing“ läuft – also wie viele Personen, die von einer positiv auf das Coronavirus getesteten Person infiziert wurden, ebenfalls gefunden und getestet werden können. Gelingt das in 50 Prozent der Fälle, dann haben sich in Luxemburg – inklusive Dunkelziffer – bis Ende 2020 zwischen 96.000 und 144.000 Menschen mit dem Virus infiziert, die Zahl der Toten läge zwischen 48 und 388. Die Intensivstationen der Krankenhäuser würden relativ gering strapaziert: Maximal 103 Patienten müssten dort am Höhepunkt der Infektionswelle Mitte Juni behandelt werden.
Wird kein „Contact Tracing“ gemacht, könnte es in Luxemburg bis zu 518 Corona-Tote geben, bis zu 167 Menschen wären am „Peak“ der Infektionswelle auf der Intensivstation und bis zu 181.000 Menschen hätten sich in Luxemburg bis zum Jahresende angesteckt.
Am kleinsten fällt die Zahl der Todesopfer im dritten Modell aus, das die Forscher errechnet haben: dem fortgesetzten, harten Lockdown in Luxemburg. Maximal 135 Menschen müssten dann am Höhepunkt der Pandemie intensivmedizinisch versorgt werden. Trotz der Einschränkungen hätten sich zum Jahresende bis zu 135.000 Menschen mit dem Virus infiziert und bis zu 393 wären gestorben.
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