Etat de la nation / Steuererleichterungen, ein Plan fürs Bauwesen und neue Klimaboni: Was Luc Frieden in seiner Rede verkündet hat
Der Tag der Rede zur Lage der Nation ist da – Premierminister Luc Frieden spricht in der Abgeordnetenkammer darüber, wie es um Luxemburg bestellt ist. Das Tageblatt hält fest, welche Themen er anspricht und welche Neuankündigungen er im Gepäck hat.
Premier Frieden spricht zunächst die Sorgen an, die derzeit den Alltag vieler Menschen prägt – beispielsweise die Kriege, die aktuell in den Nachrichten zu lesen sind. Dabei geht er aber auch auf Themen wie die Sorge um Arbeitsplätze und Wohnungsnot ein, oder auch auf den Klimawandel. „Wir sehen alle diese Sorgen. Wir verstehen sie. Wir fühlen sie mit“, sagt er. „Ich sage euch aber auch: Die Zukunft geschieht nicht, wir schaffen sie.“
Mit Blick auf die Europawahlen begrüßt der Premier, dass „die politische Mitte, die pro-europäischen Parteien“ ein gutes Resultat erzielt hätten. Man müsse „europäisch denken“, weil nur ein wettbewerbsfähiges Europa Wohlstand für die Menschen bedeuten und mit China und den USA mithalten könne. Diese „europäische Denkweise“ betreffe neben der Wirtschaft aber auch den Kampf gegen den Klimawandel und die Verteidigung. Dabei verkündet Frieden, dass Luxemburg das vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel, das sich darauf bezieht, welches Land wie viel von seinem Bruttoinlandsprodukt zur NATO beiträgt, bereits 2030 erreichen solle.
Was das Thema Wohnkrise in Luxemburg angeht, kündigt Frieden einen Zehn-Punkte-Aktionsplan an, „der einen Paradigmen- und Mentalitätswechsel bezüglich der Wohnungsbau-Prozeduren“ darstellen soll. Das betreffe sowohl die staatliche als auch die Gemeindeebene. Dabei solle beispielsweise erreicht werden, dass das Prinzip „silence vaut accord“ („Schweigen ist Zustimmung“) nicht nur in den Gemeinden, sondern auch auf staatlicher Ebene angewandt wird. Noch in diesem Jahr sollen Bagatellgrenzen bei den Baugenehmigungen und bei staatlichen Genehmigungen eingeführt werden. Für kleinere Arbeiten soll so in Zukunft keine Genehmigung mehr nötig sein, nur noch eine „Notifikation“.
Neue Regeln für den Bau
Die Vorgehensweisen bei Teilbebauungsplänen (PAP) und Allgemeinen Bebauungsplänen (PAG) sollen zudem auf acht statt wie bisher zwölf Monate verkürzt werden. Bis 2025 soll ein „Standard-Bautenreglement“ mit einheitlichen Regeln aufgesetzt werden. Zudem soll mit widersprüchlichen Normen Schluss gemacht werden und alle Genehmigungsprozeduren auf einer einzigen Plattform zentralisiert – und digitalisiert – werden. Die nötigen Gesetzesänderungen für den „Remembrement ministériel“ sollen noch vor dem Sommer in der Chamber eingebracht werden. Bei Bauschutt sollen Regeln flexibler gemacht werden, in Sachen Umweltprozeduren vereinfacht werden. Als erstes Land der EU soll das Prinzip der „compensation une fois pour toutes” eingeführt werden. Als zehnte Maßnahme soll die Schwelle, ab der eine Studie über Umweltauswirkungen bei einem neuen Bauprojekt gemacht werden muss, von zwei auf vier Hektar heraufgesetzt werden.
Abgesehen von dem Zehn-Punkte-Plan wolle die Regierung Ende des Jahres einen neuen Gesetzesentwurf zum bezahlbaren Wohnraum einreichen, damit die Chamber darüber abstimmen kann. Außerdem sollen laut Frieden auch den Privatsektor mehr ins Thema Wohnraumschaffung einbinden, um das Wohnen bezahlbarer zu machen. Beispielsweise sollen dabei Wohnungen vom Privatsektor auf öffentlichen Grundstücken gebaut werden, die anschließend an öffentliche Träger gehen. Für dieses Pilotprojekt habe man bereits zwei mögliche Orte im Blick.
Paradigmenwechsel bei finanziellen Hilfen
Nach dem Thema Wohnraum geht Frieden auf die Sozialhilfen Luxemburgs ein. Dort solle es bald ebenfalls einen „Paradigmenwechsel“ geben, der das aktuelle System „komplett auf den Kopf“ stellen werde, so der Premier. Die neue Vorgehensweise sehe vor, dass Menschen, die etwas beantragen wollen, nicht jedes Mal die gleichen Dokumente heraussuchen müssen, wenn sie diese mehrfach für eine oder mehrere Prozeduren brauchen. Der Name dafür sei das „once-only“-Prinzip.
Der Hintergrund sei, dass der Staat die Dokumente, die er schon einmal von Beantragenden bekommen hat, bereits gespeichert hat und selbst wiederholt abrufen kann. Außerdem solle es bald eine Übersicht geben, in denen Einwohner sich laut Frieden besser darüber informieren können, welche Hilfen ihnen zustehen. Der Staat könne im Rahmen des neuen Systems sogar proaktiv entsprechende Formulare an die Bürger verschicken, wenn bekannt ist, dass demjenigen eine Hilfe zusteht.
Frieden kündigt darüber hinaus an, dass Finanzminister Gilles Roth (CSV) momentan an einer Möglichkeit arbeite, Alleinerziehende zum 1. Januar 2025 steuerlich zu entlasten. Mehrere Minister arbeiten laut Frieden derzeit an einem Maßnahmenpaket, das bis Ende des Jahres stehen soll. Darin geht es um die Flexibilisierung des „Congé de maternité“ und der „temps partiel familial“, die Organisation der Arbeitszeiten sowie eine Neuregelung der Sonntagsarbeitszeit.
Steuertabelle soll um 2,5 Indextranchen bereinigt werden
„Wir sind angetreten, den Menschen mehr Netto vom Brutto zu lassen, um die Kaufkraft zu stärken“, sagt Frieden. Deshalb soll abermals die Steuertabelle angepasst werden: Ab dem 1. Januar 2025 soll sie um weitere 2,5 Indextranchen bereinigt werden, sagt Frieden. Die Regierung will auch, dass mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Frieden fordert dafür einen „kompetitiven Rahmen“, auch gegenüber den anderen europäischen Ländern.
Vor allem mittelgroße Betriebe dürften nicht in einem „Bürokratie-Burnout“ untergehen. Der legale Rahmen sei in Europa und in Luxemburg oft zu komplex. „Hier braucht es einen Mentalitätswechsel“, sagt Frieden. „Weg von der Überregulierung. Zurück zum gesunden Menschenverstand.“ Für Start-ups soll es in Zukunft neue Regeln und fiskalische Rahmenbedingungen geben. Zudem schlägt die Regierung vor, die Körperschaftssteuer ab 2025 von 17 auf 16 Prozent zu senken.
Was neue Technologien angeht, will Frieden Luxemburg als Pionier in Sachen sicherer Datenzentren positionieren. Verschiedene IT-Unternehmen hätten sich bereits in Luxemburg niedergelassen. Frieden will, dass ein Supercomputer der neuen Generation den „Meluxina“-Rechner ersetzen wird. Zudem habe die Regierung eine Kandidatur eingereicht, um Standort für einen der ersten Quantencomputer in der EU zu werden. Das Daten-Ökosystem sei „auch wichtig für unseren Finanzsektor, die treibende Kraft in unserer Volkswirtschaft“, sagt Frieden.
Strompreisdeckel gilt auch für 2025
„Wir halten am Strompreisdeckel auch 2025 fest“, sagt der Premierminister. Der Grund: Der Strom, der in den Krisenjahren eingekauft wurde, sorge auch im nächsten Jahr noch für hohe Preise. Der Staat übernehme deswegen im kommenden Jahr für jeden Haushalt die Hälfte der voraussichtlichen Erhöhung. Außerdem will die Regierung gezielt Leute mit weniger Einkommen unterstützen. Die Energieprämie soll für aktuelle Empfänger verdreifacht und die Steuerermäßigung auf Energie für Revis-Empfänger auf 90 Euro erhöht werden. Auch ein Teil der Energiekosten der Altersheime soll 2025 weiterhin übernommen werden. Diese Maßnahmen lässt sich die Regierung 50 Millionen Euro kosten.
„Die beste Energie, ist die, die nicht gebraucht wird“, sagt Frieden und gibt einen Ausblick auf die Klimapolitik. Ab dem 1. Oktober 2024 sollen neue Klimaboni greifen. Die Zuschüsse für Elektroautos werden angepasst: Die staatliche Beihilfe wird auf maximal 6.000 Euro begrenzt, je nach Stromverbrauch gestaffelt und die Besitzdauer erhöht. Auch die Zuschüsse für Elektrofahrräder werden verändert. Der Staat unterstützt ab 1. Oktober 2024 nur noch den Kauf von Elektro-Lastenrädern. Und nur noch Empfänger der Teuerungszulage erhalten einen Zuschuss für den Kauf eines normalen Fahrrads.
„Eine Klimapolitik mit den Menschen darf diese nicht ausbremsen“, sagt der Premier. Deswegen soll das Energieministerium eine Vorfinanzierung für Klimahilfen und Solaranlagen einführen. Im Bereich der Photovoltaik – und der Windräder – soll grundsätzlich vieles einfacher werden: Frieden will es ermöglichen, diese näher an Autobahnen zu bauen und ihre Integration in Industriegebiete ermöglichen. Und die Industrie soll auch durch den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur bei der ökologischen Transition unterstützt werden.
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