Chamber / Streit der Form wegen: Klimabonus rückwirkend verlängert
In der Sache gab es während der Parlamentssitzung vom Mittwoch keine größeren Meinungsverschiedenheiten. Der Form wegen schon. Die Opposition übte wiederum heftige Kritik an der Verfahrensweise der Regierung. Auch heute wird dies im Rahmen einer Debatte über entsprechende Motionen und Resolutionen von LSAP, Grünen, Linken und Piraten wohl wieder der Fall sein.
Neben der Umsetzung von europäischen Direktiven zum Arbeitsrecht und zu den Rechten von verhafteten Minderjährigen ging es am Mittwoch während einer gut zweistündigen Sitzung im Parlament um die Arbeit der Arbeitsinspektion (dies im Rahmen einer erweiterten Frage von Corinne Cahen) und um die rückwirkende Verabschiedung der staatlichen Beihilfen im Rahmen des „Klimabonus Wunnen“.
Förderungen, etwa beim Ersetzen einer Öl- oder Gasheizung durch andere nachhaltige Geräte wie Wärmepumpen, liefen laut dem Gesetz von 2016 am 31. Dezember 2023 aus. Der Wunsch der Regierung, diese zu verlängern, bis ein neues Fördersystem eingesetzt werden soll, wurde von allen Parteien mehr oder weniger stark ausgeprägt mitgetragen.
Nachdem Berichterstatter Christophe Hansen (CSV) auf die Einzelheiten des Gesetzes, das einen hauptsächlich rückwirkenden Charakter hat, da es nur die Periode vom 1. Januar bis zum 30. Juni dieses Jahres abdeckt, eingegangen war, kritisierten praktisch alle Redner der Oppositionsparteien das doch seltsam anmutende Vorgehen der Regierung, den Text nicht wenigstens mit einer Gültigkeitsperiode bis zum letzten September formuliert zu haben. Zum 1. Oktober hat Premier Frieden im Rahmen seiner Rede zur Lage der Nation neue Beihilfen in diesem Kontext angekündigt und gemeint, bis zu diesem Zeitpunkt werde die aktuelle Regelung weiterhin gelten.
Zwei weitere Gesetzestexte sollen abgenickt werden
Demnach muss wohl ein weiteres gleichlautendes Gesetz (mit Ausnahme der Termine) von den Abgeordneten angenommen werden, um die Periode Juli bis September zu überbrücken. Da die parlamentarische Sommerpause ansteht, wird auch dieser Text (der noch nicht auf dem institutionellen Weg ist) rückwirkend gestimmt werden müssen, und schließlich ist kaum anzunehmen, dass der Text mit den angekündigten neuen Maßnahmen, die im Detail noch nicht alle bekannt sind, vor Inkrafttreten im Oktober debattiert und angenommen werden kann.
Den Oppositionsrednern Claire Delcourt (LSAP), Jeff Engelen (ADR), Joëlle Welfring (Grüne), Ben Polidori (Piraten) und David Wagner („déi Lénk“) gefiel dieses Vorgehen selbstredend nicht. Die Kammer könne der Bevölkerung bereits zugesagte und angefragte Subsidien doch wohl kaum verwehren und sei entsprechend unter Zugzwang. Das Abnicken der Texte sei entsprechend unvermeidbar. Die Information über die angekündigten neuen Beihilfen sei im Übrigen noch nicht in der zuständigen parlamentarischen Kommission, sondern lediglich nach den staatsministerlichen Ankündigungen während einer Pressekonferenz dekliniert worden, was wiederum typisch für den Umgang dieser Regierung mit dem Parlament sei.
Wie die ehemalige Justizministerin Sam Tanson („déi gréng“) in dem Kontext bemerkte, könne so die Rolle der Abgeordnetenkammer als Kontrollinstanz der Regierung nicht wahrgenommen werden.
Wilmes: „Nichts Neues“
Der solchermaßen mit Vorwürfen einer chaotischen Vorgehensweise und eines Mangels an Respekt der gewählten Volksvertreter konfrontierte Umweltminister, der zu dem Zeitpunkt mutterseelenallein auf der Regierungsbank saß und sich wohl auch so gefühlt haben muss, konterte verunsichert, es sei wohl klar, dass Regierungstexte die Mehrheit im Parlament bekämen, die Retroaktivität sei zudem nichts Neues und er werde seine Texte gerne den Parlamentariern vorstellen, werde er hierzu eingeladen. Was wiederum zu Protesten führte: Immerhin ist die übliche Vorgehensweise eine andere. Die Regierung stellt im Normalfall ihre Vorhaben erst in den parlamentarischen Kommissionen und dann erst der breiten Öffentlichkeit vor …
Kein Wunder also, dass es in dieser Frage gestern keinen Sukkurs für den christlich-sozialen Minister seitens der CSV-Fraktion gab, die sich das Spektakel eher schweigend anschaute. Kammerpräsident Claude Wiseler, ebenfalls CSV, wenn auch prinzipiell in dieser Funktion über den Parteien stehend, wird sich auch nicht ewig aus dem schwelenden Streit zwischen Regierung und Parlamentariern heraushalten können, der riskiert zu einem Flächenbrand zu werden.
Dass es in der vorausgegangen erweiterten Frage der DP-Abgeordneten Corinne Cahen an Arbeitsminister Georges Mischo über die Arbeit der ITM zu offensichtlichen Divergenzen zwischen Politikern koalitionärer Parteien bei der Beurteilung der Arbeit dieser Abteilung des Ministeriums kam, ist dabei fast schon erfrischend. Der Arbeitsminister wollte die Sichtweise Cahens nicht teilen, die in ihrer Frage unterstellte, die ITM schikaniere schon fast die Betriebe, tauche oft dann zu Kontrollen auf, wenn die meiste Arbeit sei, und verhänge ohne vorherige Warnung finanzielle Strafen.
Mischo hingegen sieht die ITM als Partner der Unternehmen und unterstreicht, Geldstrafen ohne vorherige Warnung würden nur im Fall des Antreffens von illegal Beschäftigten, ohne Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung aus Nicht-EU-Ländern, verhängt. Diese betragen dann pro Arbeiter 10.000 Euro, weitaus weniger als die 30.000 Euro Bußgeld, die in Frankreich für solche Vergehen verhängt werden, gab der Minister Corinne Cahen noch mit auf den Weg. Letztere schien wenig überzeugt und betonte, sie höre etwas anderes seitens der Unternehmer.
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