Nach Einigung der Ampel-Spitzen / Streit um deutschen Haushalt: Abgeordnete pochen auf Nachbesserungen
Der Plan von Kanzler, Vizekanzler und Finanzminister für das Budget 2025 steht, doch die Kritik kam prompt. Die Ampel-Spitzen müssen sich auf zahlreiche Änderungen im Bundestag gefasst machen. Insbesondere in einem Bereich gibt es Ärger.
Am vergangenen Freitag überwog bei Mitgliedern der Regierung und Abgeordneten der Ampel-Fraktionen die Erleichterung. Erleichterung darüber, dass es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) geschafft hatten, sich in einer rund 15-stündigen Marathonsitzung auf einen Haushaltsentwurf zu einigen – und die Koalition nicht scheitern zu lassen.
Doch schon am Wochenende gab es erste kritische Stimmen, auch aus Ampel-Reihen. Hintergrund sind insbesondere die geplanten Ausgaben für das Verteidigungsressort von Minister Boris Pistorius (SPD). SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz sieht parlamentarischen Nachbesserungsbedarf. „Wichtig und richtig war die Einigung auf einen Haushaltsentwurf 2025. Sicherlich haben wir uns mehr vorgestellt, um die Zeitenwende weiter kraftvoll mit Leben zu füllen und der Bedrohungslage mutig zu begegnen“, sagte er unserer Redaktion. „Es ist nun die Aufgabe im parlamentarischen Verfahren, den Vorschlag der Bundesregierung zu optimieren, um der Truppe, Bündnispartnern und der Industrie zu zeigen, dass man sich weiterhin auf die Einhaltung des Zwei-Prozent-Zieles verlassen kann“, sagte Schwarz.
Empörte Truppe
Minister Pistorius wollte erreichen, dass der Verteidigungsetat von rund 52 Milliarden Euro um mehr als sechs Milliarden Euro aufgestockt wird. Zugebilligt wurde ihm jedoch nur eine Erhöhung um 1,2 Milliarden Euro. Auch der Bundeswehrverband übte daran nun Kritik. Der Vorsitzende des Verbandes, André Wüstner, reagierte empört: „Mit diesem Haushalt mag sich die Bundesregierung zwar durch diese Legislaturperiode hangeln wollen, aber die Bundeswehr als wesentlicher Teil unserer Sicherheitsarchitektur – und damit wir alle – zahlt den Preis dafür“, sagte er. Ein Zuwachs von 1,2 Milliarden Euro werde „keinesfalls der aktuellen Bedrohungslage und erst recht nicht Deutschlands Verantwortung in der Welt gerecht“. Die Truppe sei verwundert, größtenteils schockiert.
Der Bundeskanzler verteidigte hingegen den Haushaltskompromiss, der – wie er bei einem Bürgerdialog in Weimar gestand – „mühevoll errungen“ worden sei. Die Koalition tue etwas für Kinder und Familien, indem das Kindergeld und der Kinderzuschlag erhöht würden, sagte Scholz. Sie investiere in die Infrastruktur des Landes wie Straßen und Schienen. Und auch in die modernste Infrastruktur für die innere und äußere Sicherheit Deutschlands fließe Geld. Der Kanzler betonte, „dass wir für die Sicherheit unseres Landes das notwendige Geld bereitstellen und dass wir deshalb auch die Bundeswehr besser ausstatten werden, als es in der Vergangenheit der Fall war“.
Die Finanzierung der Bundeswehr über 2025 hinaus, also mit Blick auf die mittelfristige Finanzplanung, dürfte ebenfalls noch zu heftigen Debatten führen. Dann wird das Geld aus dem Sondervermögen ausgegeben sein. Kanzler Scholz bekräftigte in Weimar, dass der reguläre Verteidigungsetat von 2028 an 80 Milliarden Euro betragen soll. Eine Finanzierung dafür ist aber noch nicht gefunden.
Bürgergeld auf dem Prüfstand
Auch in anderen Bereichen knirscht es. So hat die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt eine eingehende Prüfung der Beschlüsse der Koalitionsspitzen zum Bürgergeld angekündigt. „Nicht auf der Fachebene getroffene Kompromisse müssen jetzt in Ruhe sachlich eingeordnet werden – insbesondere in Bezug auf ihre tatsächlichen Arbeitsmarkteffekte“, sagte Schmidt am Sonntag.
Und auch in der Union sieht man generellen Nachbesserungsbedarf. Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) sagte unserer Redaktion: „Die angebliche Einigung zum Haushalt 2025 ist tatsächlich keine. Die Ampel muss immer noch ein Loch im hohen einstelligen Milliardenbereich stopfen.“ Und dabei habe sie, wie SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kritisierte, schon viele „Kunstgriffe“ angewandt. „Es gibt nur Buchungstricks, aber kein echtes Sparen oder Umschichten. Wenn die konkreten Gesetzentwürfe auf den Tisch kommen, wird der Zoff in der Ampel wieder richtig losgehen“, prognostizierte Middelberg.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sieht zwar ebenfalls Bedarf zum Korrigieren, rät nun allerdings erst einmal zur Verschnaufpause. „Die von der Bundesregierung kommunizierten Pläne für den Bundeshaushalt 2025 sind eine gute Grundlage für die weiteren Haushaltsberatungen“, sagte er. Selbstverständlich werde der Deutsche Bundestag im Herbst noch kleinere und größere Änderungen am Haushalt vornehmen, das sei ganz normal. Aber: „Konkrete Diskussionen über Korrekturen am Haushalt ergeben erst Sinn, sobald der ausgefertigte Haushaltsentwurf des Kabinetts beschlossen wurde“, betonte Kühnert. „Das wird am 17. Juli der Fall sein. Zumindest bis dahin sollte der Berliner Politikbetrieb sich und den Menschen im Land eine kleine Sommerpause gönnen“, sagte der SPD-Generalsekretär.
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