Die beste Zeit des Lebens / Studenten gründen „GoldenMe“ gegen Einsamkeit im Ruhestand
Im Frühling 2018 haben Mara Kroth und Johannes Heuschkel das Start-up “GoldenMe” gegründet. Seitdem erleichtern die beiden Studenten der Uni Luxemburg älteren Menschen den Übergang vom Arbeitsalltag in den Ruhestand und wollen verhindern, dass Einsamkeit und Isolation zu einem Thema werden.
Für Mara Kroth und Johannes Heuschkel ist die Rente die beste Zeit im Leben. „Die Kinder sind ausgezogen und das Haus ist abbezahlt. Rentner haben Zeit und für sie ergibt sich die Möglichkeit, ihr komplettes Leben neu zu planen“, sagt Mara. Den beiden 23-Jährigen ist es wichtig, einen positiven Blick auf das Alter zu vermitteln. Sie wollen älteren Menschen den Grundsatz dafür bieten, sich neu erfinden zu können: Mit „GoldenMe” ermöglichen sie es ihnen, neue Leute kennenzulernen, neue Aktivitäten anzufangen oder die Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Als Maras Opa vor zwei Jahren stirbt, erlebt sie, wie sich ihre Oma immer mehr isoliert und ihr Zuhause kaum noch verlässt. „Als ich mich auf die Suche nach Aktivitäten für ältere Menschen, Kaffeekränzchen oder Ähnliches gemacht habe, konnte ich nichts finden“, sagt sie. Dass es für Personen, die sich im Alter umorientieren wollen, keinen Zugang zu offenen, sozialen Gruppen gibt, beschäftigt sie.
Wettbewerb an der Uni
An der Uni nimmt Mara am Workshop „Ideaton Camp“ teil. Dabei geht es darum, innerhalb von drei Tagen ein eigenes Start-up aufzustellen. Sie nutzt die Gelegenheit, selbst eine Lösung zu entwickeln. Zusammen mit drei anderen Studenten stellt sie das Konzept von „GoldenMe“ vor. Mit der Kernidee, die Einsamkeit von älteren Menschen mithilfe einer Community zu bekämpfen, geht ihr Konzept als Gewinner des Wettbewerbs hervor. Die Uni ermutigt Mara und ihre damalige Gruppe dazu, ihren Gedanken weiterzuspinnen.
Während die drei anderen aus dem Team nicht weitermachen wollen, entscheidet sich Mara dazu, mehr aus „GoldenMe“ zu machen. In ihrem Studentenwohnheim in Esch lernt sie Johannes kennen. Dadurch, dass beide Psychologie im Bachelor studieren – Mara ein Jahr über Johannes –, kommen sie schnell ins Gespräch. Je häufiger Mara von ihrem Konzept erzählt, desto interessierter ist der Student. „Dabei hatte ich mich eigentlich aktiv dagegen entschieden, beim ‚Ideaton Camp’ mitzumachen“, schmunzelt Johannes, der sich auf seine anderen Projekte konzentrieren wollte. „Das Schicksal wollte wohl doch, dass ich bei einem Start-up mitmache.“
Newsletter
Im Sommer 2018 beginnen die beiden, aktiv an „GoldenMe“ zu arbeiten. Seitdem konnten sie schon knapp 250 Abonnenten für ihren Newsletter gewinnen und haben bereits einige Aktivitäten ins Leben gerufen. Im „Smartphone Café“ im Clubhaus beim Kiosk in Schifflingen zum Beispiel geht es darum, dass junge Menschen den älteren bei Problemen mit dem Smartphone helfen. Das intergenerationelle Projekt kommt gut an und soll bald noch an anderen Standorten stattfinden. Im „Club Syrdall“ und im Jugendhaus in Sandweiler sind künftig auch „Smartphone Cafés“ geplant.
Die 77-jährige Marie-Paule Theisen, Doktorandin und Dozentin an der Uni Luxemburg, sowie der ebenfalls 77-jährige Michel Hubert nutzen „GoldenMe“ als Plattform, um Vorträge zu halten. Der Unternehmensgeist ist ein weiterer Eckpfeiler des Start-ups. „Wir wollen, dass ältere Menschen, die etwas Besonderes machen, zu uns kommen können, um ihre Arbeit einem größeren Publikum zu präsentieren“, sagt Mara. Frau Theisen und Herr Hubert sind Paradebeispiele für das, was „GoldenMe“ verkörpern will: Es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen.
Kontakt mit Gasthörern
Den ersten Kontakt mit ihrer Zielgruppe hatten Mara und Johannes an der Universität. Unter den Gasthörern befinden sich einige Rentner. Die haben die Studenten anhand eines Flyers zu einer Diskussionsrunde zum Thema Alter eingeladen. „Wir wollten sehen, wer die Menschen sind, auf die wir uns fokussieren wollen. Was machen sie täglich, wie fühlen sie sich und wie war der Renteneinstieg für sie?“, erklärt Mara. Durch die Befragungen erhalten sie viele Informationen und lernen immer neue Leute kennen. Auch im Klubhaus in Schifflingen wird ihnen Hilfe angeboten. „Dort durften wir mit vielen Menschen sprechen“, so Mara.
Mit den Gasthörern hatten Mara und Johannes bisher eine Zielgruppe, die von sich aus etwas unternehmen. In Zukunft wollen sie die Prävention von Einsamkeit noch weiter ausbauen. „Unser Plan ist es, vielleicht an Firmen heranzutreten und Mitarbeiterfortbildungen anzubieten“, sagt Johannes. Damit diejenigen, die kurz vor der Rente stehen, schon am Arbeitsplatz über Aktivitäten und bestehende Plattformen informiert werden. Denn die Rentner, die bisher von Mara und Johannes darauf angesprochen wurde, meinten, dass sie am Arbeitsplatz nie über ihre Möglichkeiten nach dem Austritt aus dem Arbeitsleben informiert wurden.
„GoldenMatch“
Um frisch gebackenen Rentnern das Kennenlernen ihresgleichen zu erleichtern, planen Mara und Johannes im nächsten Jahr das Event „GoldenMatch“ – zum Treffen von neuen Freunden und potenziellen Partnern. „Manche trennen sich in dem Alter oder der Partner verstirbt“, erklärt Johannes. Die Teilnehmer werden nach Interessen „gematcht“, das Ganze soll aber lockerer und ungezwungener als Speed-Dating sein und „hoffentlich im Frühling“ stattfinden.
Eine weitere Idee für das kommende Jahr ist die Organisation einer Diskussionsrunde an der Uni. „Wir haben öfter schon gehört, dass diejenigen, die in einer höheren Position gearbeitet haben, sich mit dem Angebot für ihre Altersklasse nicht so zurechtfinden“, erklärt Mara. Bei einer Diskussionsrunde, deren Konzept die Studenten gerade ausarbeiten, sollen sich ältere Menschen intellektuell austauschen können.
Gerade ist „GoldenMe“ auf dem Weg, zu einer Asbl zu werden. „Start-up heißt ja eigentlich, dass das Unternehmen schnell wachsen soll“, erklärt Mara. Damit ihr Herzensprojekt auch in Zukunft noch Menschen helfen kann, soll es nachhaltig sein. Wer nicht verpassen will, was Mara und Johannes noch alles vorhaben, sollte den Newsletter von „GoldenMe“ auf der Webseite www.goldenme.me abonnieren.
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