Luxemburg / Studie präsentiert: So steht es in den Kleiderschränken um Nachhaltigkeit und Co.
Das Thema Fairtrade-Kleidung scheint in Luxemburg immer mehr an Aufmerksamkeit zu gewinnen. Nicht immer aber ist es für die Interessierten einfach, an Informationen über nachhaltige und unter fairen Bedingungen produzierte Kleidung zu gelangen. Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt eine von „Caritas Luxembourg“ und „Fairtrade Lëtzebuerg“ bei Ilres in Auftrag gegebene Studie, die am Mittwoch präsentiert wurde – dem Jahrestag einer tödlichen Katastrophe.
„Kleider machen Leute, Leute machen Kleider … Auch deine“ lautet eine von mehreren Botschaften, die als Plakate bei „Lët’z Refashion“ in der hauptstädtischen rue Genistre an der Wand hängen. Diese sollen die Gäste des Lokals – in dem man unter anderem Kleidung aus zweiter Hand, Upcycling-Teile oder Informationen zu nachhaltigen Textilien bekommt – dazu anregen, das eigene Konsumverhalten und dessen Auswirkungen zu hinterfragen. Und das wollen in Luxemburg einige, wie die Ergebnisse einer aktuellen Studie zu den Konsumgewohnheiten in puncto Kleidung zeigen.
Diese haben „Caritas Luxembourg“ und „Fairtrade Lëtzebuerg“ bei einer Pressekonferenz am Mittwoch präsentiert – am elften Jahrestag des Gebäudeeinsturz der Rana-Plaza-Textilfabrik in Bangladesch. Ein Befund der Studie: 66 Prozent von 933 Befragten im Alter von 16 bis 64 Jahren ist es wichtig, sich über die Probleme im Textilsektor – wie zum Beispiel Menschenrechtsverletzungen oder Überkonsum – zu informieren. Sechs von zehn von Ilres befragten Personen in Luxemburg tun das im Alltag dann auch: Sie lesen die Angaben auf dem Etikett (33 Prozent), suchen online nach Informationen über die Marke (24 Prozent) oder überprüfen die Labels (15 Prozent).
Großer Informationsbedarf
Dass sich rund zwei Drittel von ihnen über die Folgen ihrer Kaufentscheidungen informieren wollen, bewerten die Verantwortlichen von „Fairtrade Lëtzebuerg“ und „Caritas Luxembourg“ – die gemeinsam die im Jahr 2018 gestartete Kampagne „Rethink your Clothes“ ausführen – positiv. „Für uns ist das ermutigend und motivierend, es gibt aber noch einiges zu tun“, sagt Geneviève Krol, Direktorin von „Fairtrade Lëtzebuerg“. Oder wie Präsident Jean-Louis Zeien es ausdrückt: „Unsere Arbeit greift, aber wenn wir ehrlich sind, gibt es noch Luft nach oben.“
Denn: 52 Prozent der Befragten tun sich schwer damit, an Informationen zu existierenden Initiativen im Bereich der ethischen, fairen und nachhaltigen Mode zu gelangen. Insgesamt 49 Prozent sind nicht oder gar nicht mit der Aussage einverstanden, dass Informationen leicht zugänglich sind. Auch vermissen viele entsprechende Angebote: 57 Prozent sind (eher) nicht der Meinung, dass die aktuellen Möglichkeiten ausreichen. Außerdem finden 59 Prozent der Befragten nicht oder eher nicht, dass es genügend Veranstaltungen zur Sensibilisierung gibt. „Tatsächlich gibt es in diesem Bereich ein enormes Bedürfnis. Viele kommen zu uns und fragen, wann das nächste Event zum Thema stattfindet“, erzählt Geneviève Krol.
„Uns gibt zu denken, dass sich 50 Prozent der Menschen wünschen, besser informiert zu werden“, stellt Caritas-Generaldirektor Marc Crochet in Bezug auf die Ergebnisse fest. Und weist darauf hin, dass dies auch eine Frage des Budgets ist: „Tagein, tagaus werden die Menschen mit Werbebotschaften bombardiert. Uns fehlen die Mittel, um gegen solche Kampagnen anzukommen.“ Crochet ist der Meinung, dass die Probleme nicht alleine durch Sensibilisierung gelöst werden können und fordert: „Der Gesetzgeber muss diesen Praktiken einen Riegel vorschieben.“
Faire Mode kann also gefallen. Es ist nicht so, dass die Leute sich denken, sie müssen sich für den guten Zweck in Lumpen kleiden.Caritas-Generaldirektor
Verantwortung übernehmen
Die Verantwortlichen der Caritas und von „Fairtrade Lëtzebuerg“ sind sich einig, dass die öffentliche Hand eine maßgebliche Rolle spielen kann: Ihnen zufolge können Gemeinden zum Beispiel Kreativen Orte zur Verfügung stellen, an denen sie in Zeiten von hohen Mietpreisen Upcycling-Kleidung anbieten können. Große Betriebe können sich bei den Outfits für ihre Angestellten für faire Produkte entscheiden. Das sehen übrigens auch die Studienteilnehmerinnen und Teilnehmer so: 79 Prozent sind der Meinung, dass öffentliche Einrichtungen eine ethisch zertifizierte, faire und nachhaltige Produktionskette fördern sollen.
Bei der Privatgarderobe haben viele mindestens ein Kleidungsstück aus dem Bereich der sogenannten „Slow Fashion“ im Schrank: 55 Prozent von 933 Befragten besitzen wenigstens ein Teil aus zweiter Hand, 47 Prozent ein zertifiziertes (zum Beispiel mit dem Fairtrade-Label), 17 Prozent ein getauschtes und 15 Prozent wenigstens ein geliehenes Kleidungsstück. Wenn ein zertifiziertes Produkt gekauft wird, geschieht das in der Mehrheit der Fälle aus Überzeugung. Auf Platz zwei landet die Begründung, dass das Produkt den Befragten einfach gefällt. Marc Crochet schlussfolgert: „Faire Mode kann also gefallen. Es ist nicht so, dass die Leute sich denken, sie müssen sich für den guten Zweck in Lumpen kleiden.“ Wer sich die Ergebnisse der Studie im Detail ansehen möchte, findet die Unterlagen unter rethink.lu.
Tödliche Katastrophe vor elf Jahren
Vor elf Jahren fiel am 24. April 2013 in Bangladesch die mehrstöckige Textilfabrik Rana Plaza zusammen. Mehr als 1.100 Menschen kamen dabei ums Leben, rund 2.500 weitere wurden verletzt. Trotz Rissen im Gebäude und akuter Einsturzgefahr waren die Angestellten zur Arbeit in dem Gebäude gezwungen worden. Die Bilder der tödlichen Katastrophe gingen damals um die Welt – auch weil in der Fabrik unweit der Hauptstadt Dhaka Kleidung für internationale Modeketten produziert wurde. Die Ereignisse offenbarten die erbärmlichen Arbeitsbedingungen, unter denen Millionen Menschen in der Textilindustrie – unter anderem, aber nicht ausschließlich – auch heute noch in Bangladesch leiden. (sas/dpa)
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