Parlament / Sucht, autonome Gewässer und die Berufskammer
Gute vier Stunden lang tagte das Parlament am Donnerstagnachmittag. Nach einer Aktualitätsstunde zur Zukunft des Therapiezentrums „Syrdall Schlass“ stand eine Interpellation zu den Überschwemmungen Mitte Juli sowie die Abstimmung zum Gesetzesprojekt über die Anpassungen von Wahlprozeduren in der „Chambre de commerce“ und der „Chambre des métiers“ auf der Tagesordnung.
Die Linken-Abgeordnete Nathalie Oberweis beantragte am Donnerstag eine Aktualitätsstunde zur Zukunft des Therapiezentrums „Syrdall Schass“. Das Zentrum für Drogensüchtige soll eine neue Ausrichtung bekommen. Oberweis fragte, wieso diese Reform durch die Hintertür verlaufe. „Mit der Gesundheit macht man keinen Profit, dies scheint aber bei der Umstrukturierung in Manternach so zu sein“, so die Abgeordnete. Nur inoffiziell habe sie erfahren, was dort geplant sei. Sie verstehe nicht, welchen Mehrwert diese Umstrukturierung bringen solle.
Im Therapiezentrum bleiben die drogenabhängigen Patienten im Prinzip zwischen 8 und 15 Monaten. Nun soll die Aufenthaltszeit auf drei bis maximal sechs Monate verkürzt werden. Damit soll die Wartezeit für Neuzugänge von aktuell drei Monaten deutlich verringert werden. Die kürzere Therapiezeit stellt Oberweis jedoch infrage und findet es zudem nicht normal, dass das „Syrdall Schlass“ das einzige Drogentherapiezentrum in Luxemburg ist.
„Es ist angebracht, dies zu hinterfragen“, sagte der CSV-Abgeordnete Jean-Marie Halsdorf. Das Zentrum sei seit den 1980er Jahren ein wichtiges Standbein. Die Verkürzung der Therapiezeit mit jener der Wartelisten gehe für ihn einher. Da aber wichtige Aktivitäten innerhalb der Einrichtung abgeschafft werden sollen, stelle sich die Frage, wie die Bewohner nun beschäftigt werden sollen. Begrüßen würde er die Schaffung einer Arbeitsgruppe, welche die Umstrukturierung begleiten soll.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse verlangten neue Methoden, sagte die DP-Abgeordnete Carole Hartmann und rechtfertigte damit die Umstrukturierung samt kürzerer Therapiezeit. Die langen Wartezeiten seien teils auf die aufwendige administrative Arbeit zurückzuführen. Durch die verkürzte Therapiezeit seien die Patienten weniger abhängig von der Einrichtung und könnten somit schneller zurück in den Alltag.
Modernere Herangehensweise bei Suchttherapie
Cécile Hemmen (LSAP) warf Nathalie Oberweis einen aggressiven Ton vor und gab ihrer Vorrednerin recht. Es gebe heute eine modernere Herangehensweise im Bereich der Suchttherapie, sagte sie. In dieser Hinsicht werde der bislang streng durchorganisierte Tagesablauf in Zukunft einer verstärkt therapeutischen und psychotherapeutischen Herangehensweise weichen. Wichtig sei zudem das Schaffen eines Therapiezentrums für Minderjährige, denn diese würden bislang nur im Ausland behandelt.
Piratenabgeordnete Sven Clement bezeichnete das Zentrum in Manternach als einzigartig. Deshalb sei es unbedingt notwendig, dass Änderungen auch Verbesserungen mit sich bringen. „Ist es wirklich im Interesse der Patienten, wenn sie durch eine schnellere Therapie vielleicht anfälliger für Rückfälle werden?“
Gerade die vielen Rückfälle, die bei einer Evaluierung in den Jahren 2009 und 2010 festgestellt wurden, seien laut Gesundheitsministerin Paulette Lenert der Grund gewesen, um etwas zu ändern. Die aktuelle Herangehensweise der Einrichtung sei nicht mehr zeitgemäß. Der therapeutische Bereich werde nun als Erweiterung angeboten. Ziel müsse es sein, eine spezifischere und individuellere Betreuung anbieten zu können. Monitoring-Programme sollen Auskunft darüber geben, ob die neuen Methoden Wirkung zeigen.
Herausforderung Hochwasser
Als zweiter Punkt auf der Tagesordnung stand eine Interpellation des DP-Abgeordneten Gusty Graas zu den Überschwemmungen Mitte Juli. Um die richtigen Schlüsse aus der Flutkatastrophe ziehen zu können, müsse der Hochwasserrisiko-Managementplan analysiert werden. Wichtig sei es, die Renaturierung der Flüsse voranzutreiben. „Wir stehen vor großen Herausforderungen, was unser Einsatz gegen Hochwasser angeht“, so Graas. Der politische Wille müsse gestärkt werden. Umweltschutz koste etwas. „Doch was wir heute investieren, geben wir nachher weniger aus, um zu reparieren.“
Dem CSV-Abgeordneten Michel Wolter ist das Thema sehr wichtig. In seiner langen politischen Laufbahn habe er sich immer wieder damit auseinandergesetzt. Es müsse mehr Klarheit über die Verantwortlichkeiten bei den Gewässern geschaffen werden. Um die tägliche Verwaltung von Bächen und Flüssen zu regeln, sei eine Rahmenkonvention zwischen dem Staat und den Gemeinden nötig.
Auch Cecile Hemmen sprach sich für eine verbesserte Regulierung der Kompetenzen aus. Wie bereits Gusty Grass erwähnte sie das Konzept der Schwamm-Stadt und nannte die deutsche Hauptstadt Berlin als Beispiel. Hier seien begrünte Dächer, Bürgersteige und Weg angelegt worden, damit das Wasser besser abfließen könne. François Benoît („déi gréng“) sagte, dass das extreme Wetter zunehmen werde und wir deshalb eine ambitioniertere Prävention bräuchten. Viele Instrumente seien bereits ins Leben gerufen worden. Doch die verschiedenen Akteure müssten nun helfen, diese anzuwenden. Benoît reichte eine Motion zu dem Thema ein, die einstimmig angenommen wurde.
In mehr als einer Berufskammer wählen
Umweltministerin Carole Dieschbourg schlussfolgerte, dass der Blick der Abgeordneten bei der Interpellation nach vorne gerichtet und lösungsorientiert sei. Mit den bestehenden Instrumenten habe man eine gute Basis. Zur fehlenden Gewissheit bei der Einteilung der Kompetenzen bei den Gewässern sagte sie: „Ich kann verstehen, dass es eine Verwirrung bei den Kompetenzen gibt.“ Insbesondere zu den von Michel Wolter angesprochenen Punkten sagte sie: „Da muss klargestellt werden, wer die Kompetenz hat.“
Beim letzten Punkt auf der Tagesordnung ging es um das Gesetzesprojekt 7775, das sich mit Anpassungen von Wahlprozeduren in der „Chambre de commerce“ und in der „Chambre des métiers“ befasst. Laut Guy Arendt (DP) ist das Hauptziel dieses Gesetzesprojektes, die Prozeduren bei den Wahlen der Berufskammer zu vereinfachen. Manche Leute seien mehr als einer Berufskammer zugeordnet. „Momentan darf man aber nur bei einer dieser Kammern wählen, obwohl jemand für beide Beiträge bezahlt.“ Durch dieses Gesetzesprojekt werde es in Zukunft möglich sein, in mehr als einer Berufskammer zu wählen. Anders sieht es beim passiven Wahlrecht aus. Gewählt werden darf man fortan allerdings nur in einer Kammer. Dennoch kann man in beiden Kammern Kandidat sein. Das Gesetzesprojekt wurde einstimmig angenommen.
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