Regionale Wirtschaft / Tabakproduzent Landewyck: Im Schatten der Großen, aber an der Spitze der Kleinen
Die neue, alles überragende Halle mit dem Landewyck-Schriftzug ist nicht zu übersehen. 33.000 Quadratmeter, 310 Mitarbeiter und rund sieben Milliarden geplante Produktionskapazität an Zigaretten pro Jahr: Das sind Hausnummern, die die Gemeinde Erpeldingen vor große Herausforderungen gestellt hat. Bürgermeister Claude Gleis nennt die neue Produktion des Tabakherstellers ein „nicht alltägliches“ Projekt. Ein Gespräch mit Landewyck-CEO Jan Vandenneucker (57) anlässlich der Eröffnung.
Tageblatt: Die Firma wurde vor 175 Jahren mit dem Slogan „Freude am Genuss“ gegründet. Für den Genuss darf man aber nicht mehr werben. Macht es noch Spaß, Zigaretten zu verkaufen?
Jan Vandenneucker: Das ist eine schwierige Frage. Wie jeder Manager habe ich eine ökonomische Aufgabe und eine Rolle zu spielen. Mit der Tabakindustrie bin ich zum ersten Mal 1994 in Berührung gekommen. Schon damals war abzusehen, dass es zu Beschränkungen in der Kommunikation kommen wird. Die Branche hat sich im Laufe der Jahre angepasst. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Nach 175 Jahren wollen wir immer noch Genuss anbieten, aber an einen informierten und aufgeklärten Konsumenten.
Trotzdem weht heftiger Gegenwind. Die Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen sind größer als der Markenname …
Ich schlafe nachts gut, wenn Sie das meinen. Beim Rauchen ist es wie bei allem anderen auch: Exzessiver Gebrauch ist nie gut. Und die, die es trotzdem machen, hören nicht zu. Man sagt es ihnen, man schreibt es auf die Packungen und man zeigt die Konsequenzen auf. Danach ist es eine Wahl von informierten, erwachsenen Verbrauchern.
Rauchen Sie eigentlich selbst?
Ich habe lange und viel geraucht. Es gab einen Moment in meinem Leben, wo ich gespürt habe, es ist besser aufzuhören.
2015 hat Ihr Vorgänger gesagt, Landewyck ist der Hase unter den Elefanten der großen Tabakmonopole. Stimmt das angesichts dieser Investitionen immer noch?
Die Welt der Tabakindustrie ist in der Hand von vier großen Konzernen. Wir sind nicht Teil davon. Wir sind der Kleinste unter den Großen, aber der Größte unter den Kleinen. Das ist eine Situation, die nicht immer komfortabel ist.
Warum?
Man möchte gerne bei Investitionen und Innovationen mit den Großen mithalten, aber man hat nur die Mittel eines Kleinen. Das verlangt von uns, Prioritäten zu setzen. Mit der neuen Fabrikation halten wir beim Marathon in die Zukunft im Schatten der Großen mit und sind gleichzeitig an der Spitze der Kleinen.
Familienunternehmen, Produkte „made in Europe“, zieht das immer noch als Image für Landewyck?
Ja. Wir produzieren immer noch in Europa, die Inhaber sind luxemburgische Familien.
Luxemburg gilt als teurer Standort. Hohe Löhne, Indexierung, teures Bauland und Gebäude. Sie scheint das nicht abzuschrecken, hier zu investieren?
Luxemburg ist der Hauptsitz. Die Entscheidung, hier zu investieren, ist ganz klar ein Bekenntnis der Eigentümer zu ihrer Heimat. Da hat das Herz gesprochen. Es hätte in puncto Lohnkosten sicher andere Standorte in Europa gegeben, die in dieser Hinsicht attraktiver gewesen wären. Die Familien haben aber entschieden, hier zu bleiben. Das kann man gar nicht genug honorieren.
Sie profitieren von den Einnahmen des Tanktourismus an den Tankstellen, die auch Tabakprodukte anbieten. Die hohen Spritpreise bringen einiges durcheinander. Spüren Sie Einbußen?
Das wird etwas sein, was wir erst in Zukunft analysieren können. Ich klopfe mal vorsichtshalber auf Holz. Momentan geht es hoch und runter und es ist es noch zu früh, eine Bilanz zu ziehen, denn die Touristensaison beginnt erst. Luxemburg ist Transitland. Da müssen wir abwarten.
Wie steht es denn bei Landewyck mit Sozial- und Umweltstandards? Die Aussagen dazu auf der Webseite klingen ziemlich allgemein …
Allgemein? Das ist doch besser als nichts. Ich hätte Ihnen gerne unsere Solarzellen auf dem Dach gezeigt, aber die sind noch nicht da. Beim Neubau einer Produktion dieser Größenordnung in einem so schönen Umfeld im 21. Jahrhundert keine Rücksicht auf Umweltstandards zu nehmen, wäre ein fataler Fehler. Bezüglich „Corporate Social Responsibility” haben wir alle Tests gemacht, alle Fragen beantwortet und werden in Kürze das Label erhalten. Darauf sind wir stolz.
Landewyck hat den Standort Hollerich aufgegeben. Das Wahrzeichen, das jeder „Stater“ kennt, „Maryland – ons cigarette“, hängt jetzt hier … Warum?
Finden Sie, dass ein Produktionsunternehmen mitten in der Stadt heute noch zeitgemäß ist? Nein. Es gibt Momente, da kommt vieles zusammen und dann ist es Zeit, strategische Entscheidungen zu treffen und ich finde, das war eine gute Entscheidung.
Haben Sie nach Covid und jetzt mit dem Ukrainekrieg Lieferprobleme für die Produktion? Philip Morris hat gerade angekündigt, nicht mehr alle Verpackungsgrößen anbieten zu können.
Haben wir. Nicht beim Tabak selbst, sondern bei allem anderen rund um Zigaretten. Verpackungen, Transport … alles ist derzeit kompliziert. Wir machen das Beste daraus.
Ihre Strategie für die Zukunft?
Wir bleiben sehr ambitioniert darin, Tabakprodukte herzustellen. Der andere Teil ist, wir arbeiten an Produkten der „nouvelle génération“. Das sind Produkte, die weniger schädlich sind. In den nächsten Wochen bringen wir die „Nikotin-Pouches“ heraus. Das sind kleine Säckchen für in den Mund, mit Geschmack und Nikotin, ohne zu rauchen.
Standortpolitik
Die neue Produktion in Erpeldingen an der Sauer ersetzt die beiden anderen Standorte Hollerich (6 Hektar groß) und Ettelbrück (2 Hektar groß). Am Standort Hollerich arbeiten nach Firmenangaben derzeit noch rund 50 Mitarbeiter aus der Verwaltung in der rue de l’industrie. Laut Landewyck-Immobilienabteilung ist angedacht, im Zuge des Projektes „Nei Hollerich“ ein neues Bürogebäude neben dem historischen Landewyck Building in der rue Joseph Heintz zu bauen. Dort soll dann ebenfalls die Verwaltung der Landewyck Holding unterkommen, wie das Unternehmen mitteilt. Fertigstellung soll 2026/2027 sein. Alle Gebäude sowie der 1,2 Hektar große Park gehören der Immobilienabteilung bei Landewyck, der Landimmo. Der Park soll im Zuge der „Quartiersentwécklung“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, wie die Landimmo auf Anfrage mitteilt. Das Produktionsgebäude in der Ettelbrücker avenue des Alliés ist inzwischen abgerissen, das Grundstück ist nach Firmenangaben für einen Neubau vorbereitet. Hier soll künftig das Bürogebäude „Centre administratif Nordstad“ mit Crèche, Restaurant, Bäckerei- und Lebensmittelhandel entstehen. Die Landimmo verwaltet den Immobilien- und Landbesitz und ist eine 100-prozentige Tochter der Landewyck Group.
Landewyck in Zahlen
1915: Gründung von Fixmer, Luxemburgs erstem Tabakhersteller, der dann 1939 von Heintz van Landewyck übernommen wurde; Gründung Heintz van Landewyck: 1847; Mitarbeiter weltweit: 1.600 Mitarbeiter; Luxemburg: 560; kumulierte Zigaretten- und Tabakproduktion: 11 Milliarden Einheiten pro Jahr; belieferte Läden und Kioske in Belgien und Luxemburg: 4.000; Bilanzergebnisse wie Umsatz oder Gewinn kommuniziert das Familienunternehmen nicht, teilt es auf Tageblatt-Anfrage mit. Aus dem „Registre du commerce et des sociétés“ geht hervor, dass die Landewyck Holding im Jahr 2020 einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro erzielt hat.
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„Danach ist es eine Wahl von informierten, erwachsenen Verbrauchern.“
So einfach, wie es dargestellt wird ist es beileibe nicht, denn Nikotin macht bekanntlich süchtig.
Ich kenne keinen Raucher, der nur Genusszigaretten raucht (nach dem Essen, beim Kaffee etc.) Denke, die Gelegenheitsraucher paffen nur und werden davon nicht süchtig.
Die Hersteller sollen die Suchtmittel weglassen, aber dann bricht der Umsatz ein, was natürlich unerwünscht ist.
Wie ist es möglich dass eine solche Firma seitenfüllende Artikel in der ganzen geschriebenen Presse erhält. Nach Antirauchkampagnen, Verbote, etc. Und jetzt drehen Alle durch. Wir sind 2022.