Belval / „The show must go on!“: Ein Tag hinter den Kulissen des Flow-Festivals
Draußen sind gut 30 Grad und es hat soeben kurz, aber heftig geregnet. Es ist ruhig in den Straßen von Belval, vor allem für einen Samstag, doch in der Ferne hört man … Musik? Richtig, denn in der Nähe des Lycée Bel-Val herrscht bereits reges Treiben. Hier findet das diesjährige Flow-Festival statt. Wie bei den meisten Open-Air-Festivals in diesem Jahr gab es eine Wetterwarnung: Gelb? Orange? Wegen Hitze? Wegen Gewitter? Man weiß es eigentlich schon gar nicht mehr. Ein exklusiver Blick hinter die Kulissen eines der jüngsten Festivals des Landes zeigt, wie viel Schweiß und Arbeit in ein solch aufwendiges Event fließen.
Die Arbeit des Flow-Teams hat bereits Anfang des Jahres begonnen. „Im Januar hatten wir das erste Meeting. Jeder bekam seine Aufgabenbereiche und ab diesem Moment trafen wir uns regelmäßig“, erzählt Sarah Raparoli vom „Service des relations publiques et de la culture“ (RPC) der Gemeinde Sanem. „Die Planung für ein solches Festival beginnt Monate im Voraus. Bands buchen, Technik organisieren – all das erfordert eine Menge Zeit und Koordination.“
Der Festivaltag selbst beginnt gegen 14.00 Uhr. Soundchecks, Lichtproben – alles wird bis ins kleinste Detail durchgeplant. Kabel werden verlegt, Mikrofone getestet und Mischpulte eingestellt. „Für den Festivalbetrieb selbst sind wir meist eine Woche vorher vor Ort, aber die eigentliche Planung beginnt schon sieben, acht Monate im Voraus“, erklärt Paul Milbert, Soundtechniker aus der Zolver Konzerthalle Artikuss.
Technische Panne wegen Regen
Im Laufe des Tages steigt die Spannung. Ab 16.00 Uhr werden die Besucher eingelassen, doch hinter den Kulissen bleibt die Professionalität erhalten. Jeder kennt seine Aufgabe und weiß, dass er Teil eines größeren Ganzen ist. Doch dann passiert das Unvorhersehbare: Ein kurzer, aber strömender Regenschauer hat die Elektrik der Bühne lahmgelegt. „Es ist Regen in eine Steckdose gelaufen. Die Hauptsicherung ist rausgeflogen und wir mussten die betroffene Stelle finden“, berichtet Paul Milbert. Durch diese Panne muss das Programm etwas verschoben werden, doch die Stimmung bleibt ungebrochen.
Dann, endlich, der Höhepunkt: Der erste Act betritt die Bühne. Die zu diesem Zeitpunkt noch eher bescheidene Menge traut sich zaghaft an die Bühne heran, wo die junge Künstlerin Emily Grogan, Gewinnerin des diesjährigen Open Call der Gemeinde, mit ihrer Band eine grandiose Performance abliefert. Hinter den Kulissen beobachtet das Team gespannt. Es sind diese Momente, die den Stress und die langen Stunden der vergangenen Monate lohnenswert machen.
Im Backstage füllen sich langsam, aber sicher die Künstlerzelte. Hier bereiten sich unter anderem De Läb, Mutiny on the Bounty und der legendäre Mambo Schinki auf ihren Auftritt vor. Es herrscht geschäftiges Treiben, während die Künstler ihre Instrumente stimmen, letzte Absprachen treffen und ihr Equipment ordnen.
Dann, um 20.15 Uhr, öffnet sich der Himmel erneut und ein weiteres Gewitter zieht auf. Blitze erhellen den Himmel, gefolgt von tiefem Donnergrollen. Die Organisatoren und Techniker hinter der Bühne beginnen, nervös auf ihre Wetter-Apps zu schauen und besorgt zu diskutieren. Nach wenigen Minuten wird klar: Es ist unsicher, ob der Abend wie geplant weitergehen kann.
Hektische Betriebsamkeit bricht aus. Die Organisatoren telefonieren, um sich aktuelle Wetterprognosen einzuholen, während andere das Equipment überprüfen, um sicherzustellen, dass es nicht beschädigt wird. Die Verantwortlichen diskutieren angeregt über das weitere Vorgehen, denn eine schwierige Entscheidung muss getroffen werden.
David Galassi von De Läb bringt es auf den Punkt: „Das ist die Natur. Bei Open-Airs hat man immer dieses Risiko. Aber die richtige Entscheidung muss von den Sicherheitsexperten getroffen werden.“ Er und seine Kollegen von De Läb sind jedenfalls bereit, die Show durchzuziehen. Auch Nicolas Prezor von Mutiny on the Bounty zeigt sich entschlossen: „The show must go on!“ Diese Worte spiegeln den unbändigen Willen der Künstler und Organisatoren wider, die sich nicht so leicht von einem Unwetter aus der Bahn werfen lassen. Nach intensiven Beratungen und ständigen Blicken gen Himmel fällt schließlich die Entscheidung: Das Festival wird fortgesetzt!
Flowmaart und weitere Neuheiten
Aus vergangenen Ausgaben gelernt hat man auch beim diesjährigen Festival. Der Veranstaltungsort wurde verschoben und neu strukturiert, um den Besuchern ein besseres Erlebnis zu bieten, und ein Creator’s Market mit Workshops, der sogenannte Flowmaart, kam hinzu. „Wir wollten das ,Flow‘ bewegen und den Pavillon integrieren, der für Esch2022 geschaffen wurde“, erklärt David Kayser vom RPC der Gemeinde Sanem. „Die Leute sollten einen Überblick über das gesamte Gelände haben und es sollte für jeden etwas dabei sein – für die, die tanzen wollen, und für die, die es gemütlich mögen.“
Cecilia Said Vieira von Ceci’s Creative Hub ist begeistert von den Neuerungen: „Das Festival ist wirklich cool und das Beste für uns Künstler daran ist, dass man nichts bezahlen muss, um hier einen Stand zu haben. Normalerweise kostet eine Standfläche zwischen 100 und 150 Euro. Das ist wirklich einladend.“
Die Künstler des Flowmaart konnten dem Regenschauer zumindest etwas Positives abgewinnen. „Es war gut, dass die Leute während des Regens zu uns gekommen sind, um sich unterzustellen. So konnten wir mit ihnen ins Gespräch kommen“, sagt Cecilia Said Vieira. Doch es gab auch Herausforderungen: „Ich war zwar nicht betroffen, aber einige Sachen wurden nass, als der Regen zwischen den Zelten hindurchfloss, aber das gehört zum Markttreiben dazu“, erzählt Damien Giudice alias Boy From Home.
Nach all dem Trubel bricht langsam, aber sicher die Nacht über Belval herein. Hinter der Bühne kehrt langsam Ruhe ein. Die meisten Aufgaben sind erledigt und die Crew kann für einen Moment durchatmen, wissend, dass der nächste Tag wahrscheinlich genauso fordernd sein wird. Neue Künstler, neue Herausforderungen – so ein Festival ist halt ein lebendiger Organismus, der niemals stillsteht.
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