Luxemburg / Tierschutzverein findet verhungerte Tiere in Messi-Wohnung – und zwei tote Hunde in Tiefkühler
Immer wieder müssen Haustiere aus Messie-Haushalten gerettet werden. Die Tierschutzorganisation Frida hat in den letzten Jahren mehrere solcher Fälle aufgedeckt. Doch bis den Menschen und Tieren geholfen werden kann, vergeht oft sehr viel Zeit. Es fehlt an alternativen Notunterkünften und Manpower.
Der Tierschutzverein Frida erhielt vergangenen September einen Tipp aus der Bevölkerung. Im Westen des Landes sollen mehrere verwahrloste Hunde in einem Messie-Haushalt leben. Zusammen mit der „Administration luxembourgeoise vétérinaire et alimentaire“ (ALVA) und der Polizei begab sich der Verein vor Ort. Die Bewohnerin, eine ältere Frau, hatte ihre Wohnung und die vier dort lebenden Hunde jahrelang vernachlässigt. Der Fußboden war fast nicht mehr auszumachen. Die Wohnung war vollkommen zugemüllt und mit nutzlosen Alltagsgegenständen vollgepackt. Berge an alten Videokassetten stapelten sich bis unter die Decke. Typisches Merkmal einer Messie-Erkrankung ist das Anhäufen wertloser Gegenstände in der Wohnung. Hinzu kommt eine allgemeine Verwahrlosung sowie die Vernachlässigung der häuslichen und persönlichen Hygiene.
Überall in der Wohnung lag Kot auf dem Boden. Teils von den dort lebenden Hunden, aber auch von den Ratten, die ebenfalls in der Wohnung hausten.Frida Asbl
„Der Gestank in der Wohnung war abscheulich und hat sich in mein Gehirn eingebrannt. Überall in der Wohnung lag Kot auf dem Boden. Teils von den dort lebenden Hunden, aber auch von den Ratten, die ebenfalls in der Wohnung hausten“, erinnert sich Adela Fuentes von Frida Asbl. Sie war eine der Ersten, die im September in die Wohnung eintrat. Beim Anblick der Fremden in der Wohnung gerieten die beiden Hunde in Panik. „Die Tiere waren überhaupt nicht sozialisiert und haben immer wieder versucht, uns zu beißen. Wir haben dann trotzdem mit Schutzkleidung versucht, sie in der verdreckten Wohnung und unter den Müllbergen einzufangen“, berichtet Fuentes dem Tageblatt.
Auch körperlich waren die Hunde in einem desolaten Zustand. Sie waren vollkommen abgemagert. Ihre Nägel an den Pfoten waren ausgewachsen und verhinderten ein normales Laufen. Einen Tierarzt hatten die Tiere womöglich noch nie gesehen. Beim Blick in die Tiefkühltruhe stockte dann auch den hartgesottenen Helfern der Atem. Zwei der ursprünglich vier Hunde waren beim Eintreffen der Unterstützung bereits tot. Um die Kadaver hatte sich die kranke Besitzerin selbst gekümmert und die toten Tiere einfach in die Tiefkühltruhe gepackt. Die beiden noch lebenden Hunde, aber auch die Frau, erhielten medizinische Hilfe.
Keine Einzelfälle
„Fälle von Tieren, die in Messie-Haushalten verwahrlosen, sind in Luxemburg leider keine Einzelfälle. 2022 wurde uns bereits ein ähnlicher Fall im Osten des Landes gemeldet. Bis die Tiere damals gerettet werden konnten, verging mehr als ein Jahr. Als Twiggy, einer der Hunde, dann endlich gerettet werden konnte, war er so abgeschwächt, dass er trotzdem eingeschläfert werden musste. Bei einem ähnlichen Fall auf einem Bauernhof dauerte es sogar sechs Jahre, bis die notwendigen Prozeduren durchlaufen waren und die Tiere gerettet werden konnten. Hier müssen die Behörden schneller eingreifen“, fordert die Tierschützerin. Es gehe nicht darum, Menschen, die unter einem Messie-Syndrom leiden, an den Pranger zu stellen, sondern auf die Krankheit aufmerksam zu machen und ihnen, aber auch den Haustieren die nötigen Hilfen zukommen zu lassen.
Das Tierschutzgesetz von 2018 sieht dann auch ein schnelleres Handeln im Ernstfall vor. „Eine wesentliche Verbesserung ist die schnellere Weitervermittlung beschlagnahmter Tiere. Bisher mussten diese Tiere so lange in einem Tierasyl beziehungsweise bei Helfern von Tierschutzorganisationen untergebracht werden, bis die Tierquälerei vor Gericht kam. Dies konnte schon mal ein Jahr oder länger dauern, was dazu führte, dass die Tierheime komplett überfüllt waren. Dieser Prozess soll nun beschleunigt werden. Handelt es sich um einen Notfall, kann der Untersuchungsrichter, falls der Besitzer keine Einwände erhebt, innerhalb einer Frist von 14 Tagen entscheiden, das Tier zum Verkauf freizugeben“, so steht es im Gesetz.
Es gibt keine Unterkünfte für Tiere in Not. Obwohl seit 2022 alle Tierheime vollkommen belegt sind. Das muss sich ändern.Frida Asbl
Tierheime im Norden
Frida fehlt es jedoch auch an Alternativ-Unterbringungen. „Es gibt keine Unterkünfte für Tiere in Not. Obwohl seit 2022 alle Tierheime vollkommen belegt sind. Das muss sich ändern. Auch die ALVA müsste mit mehr Mitarbeitern aufgestockt werden, um effektiver arbeiten zu können“, erklärt Adela Fuentes. Eine ausführliche Stellungnahme der ALVA zu diesen Vorwürfen und Missständen wird das Tageblatt in den kommenden Tagen nachreichen.
Die Politik scheint sich dieses Problems allerdings bewusst zu sein und verspricht zu investieren: „Le bien-être animal est une priorité pour le ministère. Des aides financières conséquentes sont prévues pour la construction, l’extension et la modernisation d’asiles pour animaux et l’étude pour la construction d’un nouvel asile dans le nord du pays en 2025“, steht im Haushaltsentwurf 2025, der am Mittwoch von Finanzminister Gilles Roth (CSV) vor der Chamber vorgestellt wurde.
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