Schockstarre in Nusbaum / Tornado hinterlässt jenseits der Grenze Spuren der Zerstörung
Ein Tornado wütete am Donnerstagabend unweit der Luxemburger Grenze und hinterließ Spuren der Verwüstung. Mehrere Familien sind von den Schäden betroffen – nur wenige sind schon bereit, über das Geschehene zu sprechen. Schockstarre in Nusbaum.
Auch in unseren Gefilden entstehen gelegentlich Tornados. Am Donnerstagabend blieb Luxemburg nur knapp von einem derartigen Wetterphänomen verschont: Nur wenige Kilometer von Bollendorfer-Brück entfernt wütete eine Windhose durch die Ortschaft Nusbaum und das nicht weit davon entferne Hommerdingen jenseits der Luxemburger Grenze. Ersten Erkenntnissen zufolge sollen 15 Häuser abgedeckt worden sein.
Diese Bilder wecken unschöne Erinnerungen an den Tornado vom 9. August 2019, der durch Luxemburgs Süden wütete. Die Gemeinden Petingen und Käerjeng traf es damals besonders hart: Neun Personen wurden verletzt, zwei davon schwer. Darüber hinaus wurden etwa 600 Häuser – 357 in Käerjeng und 250-300 in Petingen – durch den Sturm beschädigt. Schäden in Millionenhöhe.
Obwohl in Nusbaum und Hommerdingen weniger Häuser getroffen wurden, hat die Windhose deutliche Spuren der Verwüstung hinterlassen. Auf den ersten Blick scheint das Leben in Nusbaum wie gewohnt vonstattenzugehen: Die Müllabfuhr dreht ihre Runden durch das Dorf, die Einwohner leeren ihre Briefkästen und Nachbarn führen Gespräche über ihren Vorgarten hinweg. Steuert man jedoch die Berg- beziehungsweise Corneliusstraße an, wird klar, dass es dort eine ganze Weile dauern wird, bis wieder Normalität einkehren wird. Vermehrt findet man am Folgetag des Tornados geschichtete Haufen abgebrochener Äste und Zweige entlang der Straße. Es herrscht reger Traktorverkehr: Schwere Maschinen, ausgerüstet mit einer Traktorgabel, transportieren abgesägte Baumstämme und Autoreifen von A nach B. Die Betroffenen sind dankbar für die Hilfsbereitschaft, die ihnen zuteilwird.
Spuren der Zerstörung
Ein Mann in einer blau-schwarzen Latzhose schlendert schweren Schrittes durch die Corneliusstraße. Das Tageblatt spricht ihn an und fragt, wie er die Katastrophe erlebt hat. „Ich möchte nichts sagen, wir müssen erst einmal zu uns kommen“, meint er schweren Herzens und geht weiter. Er geht in Richtung eines großen, von Bäumen umrundeten Landhauses. Das offene Gartentor ermöglicht einen kurzen Blick ins Garteninnere: Auch dort hat der Tornado zugeschlagen. Mehrere Menschen sind noch dabei, die Trümmer zu beseitigen.
Das Tageblatt wagt einen weiteren Ansprechversuch, als eine der Arbeitenden sich vom Garten in Richtung Straße bewegt. Sie ist Landwirtin, die Bewohnerin des hinter ihr liegenden Hauses. Auch sie will sich zunächst nicht zu dem Schreckensabend und dem schweren Morgen danach äußern. Nach kurzer Zeit berichtet die Frau dann doch von der Windhose, die als Erstes durch ihren Garten zog. Dabei wurde unter anderem ein großer Baum beschädigt, der sogar jetzt noch das ohnehin hohe Bauernhaus überragt. Dann zeigt sie mit ihrem Zeigefinger in Richtung eines Stalles, der in zirka 30 Metern Entfernung auf der gegenüberliegenden Straßenseite schräg hinter dem Garten liegt. Das Ganze habe nur einen kurzen Augenblick gedauert, dann sei es schon vorbei gewesen – allerdings mit erheblichen Folgen.
Nicht nur ihr Heim, sondern auch ihr Betrieb wurde schwer getroffen. In der Ferne ist eine türkisfarbene Plane zu sehen, die nur einen Teil eines praktisch komplett abgedeckten Gebäudes überdeckt, der Rest liegt noch frei. Ihr Mann hatte Glück, sagt sie. Wäre er in dem Gebäude gewesen, als der Tornado darüber hinwegzog, hätte er sterben können. Die sich zu dem Zeitpunkt im Stall befindenden Kühe hätten wie durch ein Wunder keinen sichtbaren Schaden davongetragen. Am Freitagmorgen hätten sie die Kühe sogar noch melken können – beziehungsweise müssen. Der Betrieb hatte Glück im Unglück, aber: „Das hätte wirklich nicht sein müssen“, meint die Landwirtin tapfer, bevor sie sich wieder ihrem verwüsteten Zuhause zuwendet.
Aus dem Boden gerissen
Auch im kleinen Nachbardorf Hommerdingen hat die Windhose ihre Spuren hinterlassen. Diese Ortschaft traf es zuerst. Eines der Opfer ist ein kleiner einheimischer Betrieb, der Ziegenkäse verkauft. Vor der Ladentür kreuzt das Tageblatt zufällig eine Frau in blauer Schürze, die sich dazu bereit erklärt, uns etwas herumzuführen. Sie präsentiert den Hinterhof des Betriebs und zeigt auf eine leere Stelle neben einem mit einer grünen Plane bedeckten Ziegengehege. Daneben habe bis gestern noch eine ähnliche Konstruktion gestanden. Sie wurde mitsamt der Heringe komplett aus dem Boden gerissen und weggefegt.
Die zerlegte Rundbogenhalle ist einige Meter hinter dem Ziegengehege gelandet, von wo aus man Aussicht auf ein weiteres mitgenommenes Haus erhält: ein umgeworfener Zaun, überall verteilte, zersplitterte orangefarbene Dachziegel und umgeknickte Obstbäume.
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