/ Tradition mit sozialer Funktion: Am Samstag lädt Differdingen zur Braderie ein
Zwei Mal im Jahr organisiert die „Association des commerçants de Differdange“ (Acomm) die Braderie in Differdingen. Am Samstag ist es wieder so weit. Ein Gespräch mit Acomm-Präsident Philippe Hillenbrand (54) über Tradition und die Lage der Geschäftsleute. Er betreibt die „Pharmacie du Parc“ mit acht Angestellten.
Tageblatt: Sie sind Vorsitzender der Acomm und gleichzeitig Apotheker. Medikamente werden immer gebraucht, da haben Sie die wenigsten Sorgen, oder?
Philippe Hillenbrand: Ich habe vorher als Apotheker im Krankenhaus in Wiltz gearbeitet. Das ist eine privilegierte Situation. Als niedergelassener Apotheker ist es etwas anderes. Die Preise für Medikamente sind zwar vorgeschrieben, aber seit Ersatzpräparate auf dem Markt sind, die viel billiger sind, geht die Preisentwicklung nach unten. Da muss man mit kompetenter Beratung und Service glänzen. Es gibt fünf Apotheken in Differdingen.
Und andere Produkte anbieten?
Mein Kerngeschäft sind nach wie vor Medikamente. Kosmetika und anderes sind gemessen am Umsatz „Peanuts“.
INFO
Nach eigenen Angaben gibt es rund 65 Mitglieder. Der Jahresbeitrag beträgt
90 Euro. Weitere einnahmen erzielt der Verein aus den Einnahmen der Standbetreiber während der Braderie. In diesem Jahr betrug das Budget für Marketing rund 15.000 Euro für Flyer, Radiospots (belgisches Radio) und mehr.
Von Wiltz nach Differdingen … das ist ein Unterschied …
Differdingen und Wiltz haben eines gemeinsam: Es sind beides keine Städte mit Laufkundschaft. Dort kommt man hin, weil man es will. Für Geschäftsleute heißt das, sie müssen um Kunden kämpfen.
Deshalb die Braderie? Oder aus Tradition?
Es ist beides. Während der Braderie verkaufen wir sehr viel mehr als sonst. Da spreche ich für die Mitglieder der „Association“. Und es ist eine schöne Tradition mit sozialer Funktion, die man nicht vergessen darf. Für viele ist es ein Treffpunkt, um zu plaudern und zu bummeln. Und es kommen Menschen hierher, die sonst nicht nach Differdingen kommen. Wir haben dieses Jahr viel Werbung in den Städten rundherum gemacht – sogar bis nach Belgien. Wir hätten gerne auch die Menschen hinter der Grenze in Differdingen an diesem Tag – als Besucher und als Standbetreiber.
Gibt es Erfahrungen, dass das angenommen wird?
Wir hatten im vergangenen Jahr 600 Teilnehmer an der Tombola. Die Lose bekommt man bei einem Einkauf in einem der Geschäfte. Die Losinhaber müssen ihre Daten eintragen. Wir haben gesehen, dass viele auch aus Belgien und sehr viele aus Frankreich kommen. Das Gros der Besucher kommt aber immer noch aus Differdingen und den umliegenden Gemeinden.
Leerstände sind kein alleiniges Problem von Differdingen. Hier hat die Gemeinde aber Gebäude aufgekauft mit Geschäftsflächen. Ist das ein Anfang?
Das ist eine sehr gute Idee und ein erster Schritt. Die Mieten dort sind „demokratisch“ und ermöglichen deshalb neue Ansiedelungen. Leerstände sind immer deprimierend. In jeder Stadt. Aber die Gesellschaft wandelt sich, sie ist stärker digital orientiert.
„Letzshop“, ist das eine Antwort?
Ich finde, es wird nicht genug genutzt. Da gibt es sicherlich aufseiten verschiedener Einzelhändler Berührungsängste und die Online-Plattform macht nicht für alle Einzelhändler Sinn. Einem Café beispielsweise nutzt es nichts.
Gibt es jetzt eigentlich einen City-Manager?
Das ist eine Position, die am Puls der Zeit ist. Viele Städte machen das und haben schon einen. Es sollte jemand sein, der sich im Einzelhandel auskennt. Jemand mit Praxiserfahrung. Und vielleicht wird die Acomm auch um ihre Meinung gefragt. Das wäre schön.
Viele Bürger klagen darüber, dass die Parksituation nicht gut ist …
Wir hätten uns statt einer halben Stunde am Morgen und am Abend gratis Parken lieber eine zusammenhängende Stunde gewünscht. Und das, wie jetzt auch, mit der Möglichkeit, danach gegen Bezahlung zu verlängern. Aber das hat die Gemeinde so entschieden.
Viele denken, dass Shoppingcenter dem Einzelhandel schaden. Das Differdinger heißt „Opkorn“ …
Die Ansiedelung eines großen Supermarktes hier hält die Menschen in der Stadt. Sie müssen beispielsweise nicht mehr woanders hinfahren, um für den täglichen Bedarf einzukaufen. Ich persönlich glaube allerdings, dass die Shoppingcenter nicht die Zukunft sind. Der Kunde, vor allem die jüngere Kundschaft, will wieder Geschäfte vor Ort mit Produkten von guter Qualität.
Es wird sehr heiß werden …
Das ist bei solchen Veranstaltungen immer ein Risiko. Es darf nur nicht zu heiß werden. Aber die Vorhersagen machen Hoffnung, dass es ein Supertag werden wird.
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