/ „Transhumanismus ist Ideologie, keine Wissenschaft“ – Jacques Testart warnt vor Auswahl von Embryos
Der Biologe und Wissenschaftskritiker Jacques Testart kann dem sogenannten Transhumanismus nichts Positives abgewinnen. Das machte der Franzose während eines Diskussionsabends in Luxemburg deutlich.
„Die selbstmörderischen Versprechungen der Transhumanisten“: So hieß die Debatte mit Jacques Testart, die auf Initiative des Institut d’Etudes Européennes et Internationales du Luxembourg sowie Les Amis du Monde Diplomatique am Dienstag, 27.10., im Kulturzentrum der Abtei Neumünster stattfand.
„Der Transhumanismus ist eine Ideologie, keine Wissenschaft“, stellte Jacques Testart gleich zu Beginn klar. Auch wenn sich die Transhumanisten der letzten Errungenschaften der Wissenschaft bedienen wollten, um einen „gesunden Menschen umzubauen“.
Der Transhumanismus zielt darauf ab, den Menschen mit technischen und genetischen Mitteln in allen möglichen Hinsichten bis hin zur Unsterblichkeit leistungsfähiger zu machen. Im Jahr 2045 oder 2050 könnte es so weit sein. Bis dahin könnte sich nicht nur die Erde wegen des Klimawandels geändert haben, sondern auch die Menschheit, befürchtet Testart.
Nun aber, meint der Franzose, „gibt es keinen Grund, unsterblich zu sein“. Einmal abgesehen davon, dass mit steigender Zahl der Geburtsjahre die Leiden des Alters zunehmen. Zudem würden durch technische Errungenschaften die Fähigkeiten der Menschen eher abnehmen. Ein Smartphone verführe zu intellektueller Faulheit und dem Abbruch sozialer Beziehungen. „Die Menschen werden zu Autisten. Sich sprechen immer weniger miteinander, sie berühren sich immer weniger“, findet der Franzose.
Und Untersuchungen an britischen Taxifahrern hätten ergeben, dass durch den ständigen Gebrauch des GPS, sich bei ihnen der Hippokampus verkleinert habe. Dieser sei zuständig für den Orientierungssinn und den Aufbau von Ersatzzellen.
Mit welchem Recht soll das menschliche Genom verändert werden?
Die effektivste Art und Weise, das Ziel der Transhumanisten zu erreichen, ist die Auswahl von Embryos nach bestimmten Kriterien. Und indem Embryos genetisch modifiziert werden. Was chinesische Forscher bereits getan haben, indem sie ein HIV-resistentes Gen in eine befruchtete Eizelle eingeführt haben. Zwar hätten sich weltweit Genetiker über diesen Eingriff in die Keimbahn aufgeregt. Er habe aber keine Ethikkommission gehört, die sich gegen diesen Eingriff ausgesprochen habe, so Jacques Testart, der übrigens als Vater des ersten Retortenbabys in Frankreich gilt, da er diese Technik dort 1982 erstmals angewendet hat.
„Mit welchem Recht soll das menschliche Genom verändert werden“, fragt der Wissenschaftler, das Resultat könne nicht beherrscht werden, da es unvorhersehbare Auswirkungen gebe. Was sich bereits an genveränderten Pflanzen gezeigt habe.
Jacques Testart geht denn auch nicht davon aus, dass der modifizierte Mensch bald kommen wird. Er glaubt vielmehr, dass die Transhumanisten ihr Ziel über die Selektion von Embryos erreichen wollen. So wie bereits zu Beginn des vorigen Jahrhunderts durch Sterilisation von Behinderten und Geisteskranken, ja sogar Alkoholikern und anderen missliebigen Menschen versucht wurde, unter dem Begriff der Eugenik, nur noch „bessere“ Menschen hervorzubringen. Und welche die Nazis ab 1934 für ihre Zwecke eingesetzt haben. „Transhumanismus ist das Gleiche, nur mit einem anderen Namen, der weniger schockiert“, meint der Wissenschaftskritiker.
Die Gesellschaft soll sich einmischen
In der Möglichkeit der Auswahl der Embryos sieht Jacques Testart das eigentliche Problem. Mehr als das Streben nach Unsterblichkeit, das er in den Bereich der Fantasterei verschiebt. Denn indem Embryos, die mittlerweile in beliebiger Zahl produziert werden können, gezielt für die Reproduktion ausgewählt werden, drohe der menschlichen Spezies eine neue Gefahr: „Es wird immer das Gleiche produziert und mit der Zeit reduziert sich damit die Biodiversität“, warnt der Franzose.
Jacques Testart übt nicht nur Kritik an den Transhumanisten, sondern will auch aufrütteln, will, dass sich die Gesellschaft in wichtige wissenschaftliche Fragen einmischt und eine breite demokratische Diskussion darüber entsteht, wie weit Wissenschaft gehen soll und darf. Er plädiert „für eine Forschung, die sich am Menschen orientiert und langsam vorangeht“.
Den Vorwurf, dass er mit der In-vitro-Befruchtung den nun von ihm bekämpften Prozess erst ins Rollen gebracht hat, pariert Jacques Testart mit dem Hinweis darauf, dass es sich dabei nicht um einen „transhumanistischen Akt“ gehandelt habe. Vielmehr habe er damals Eltern helfen wollen, die aus medizinischen Gründen auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen konnten. An der Auswahl von Embryos habe er sich nicht beteiligt. „Es war nicht mein Projekt, bessere Kinder zu produzieren“, so Jacques Testart. „Ich bedauere nicht, was ich getan habe.“
- 25. Treffen der Ramstein-Gruppe – doch die Ukraine bleibt militärisch unterversorgt - 10. Januar 2025.
- Kotau vor Trump: Meta-Chef Zuckerberg entfesselt seine sozialen Medien - 9. Januar 2025.
- Nach dem Geschacher um neue EU-Kommissare herrscht Unzufriedenheit - 21. November 2024.
Unsterblichkeit? Der Alptraum schlechthin! Wenn die Forschung und die Wissenschaft fertig sind, wird die Menschheitnur noch aus kleinen oder weniger kleineren Monstern bestehen. Die Geister, die ich rief!
Da fällt mir eine Aussage von Udo Jürgens ein: „Die Erde ist von einem Virus befallen und der heißt – MENSCH“!
Das sagte er zwar im Zusammenhang mit der unsäglichen Ausbeutung der Erde, passt hier aber auch.
Manche „Wissenschaftler“ benehmen sich wie der Zauberlehrling.