Google-Datacenter in Bissen / „Transparenz“ hat nicht für jeden die gleiche Bedeutung
Lange Zeit war im Dossier Datacenter Bissen nichts von einem sogenannten „Memorandum of understanding“ zwischen der Regierung, der Gemeinde Bissen und dem Internetgiganten Google bekannt. Offiziell jedenfalls nicht. Doch als die Rangelei im Gemeinderat losging, die bekanntlich für viel Unruhe und Wechsel in der Gemeindeführung gesorgt hatte, war dieses MOU, nennen wir es Absichtserklärung, in vieler Munde. Jetzt macht dieses Dokument erneut von sich reden.
Das Dossier um das geplante Datenzentrum in Bissen macht bekanntlich nicht unbedingt Werbung für den Begriff „Transparenz“. Ganz im Gegenteil! Informationen werden nur scheibchenweise übermittelt und alle Partner im Rahmen dieses Projekts sind seit langen Monaten in Wartestellung. Weder in der Informationsversammlung vom 22. Januar 2019, die von der Gemeinde einberufen wurde, noch in der Bürgerversammlung, zu der Google selbst am 21. November 2019 eingeladen hatte, gab es schlüssige Informationen zum definitiven Umfang des Datenzentrums, zum Strom- und Kühlwasserverbrauch, zum Geräuschpegel der Kühlaggregate, zur Lichtverschmutzung usw. usf.
Diese völlige Intransparenz wird nicht nur von lokalen Initiativen und Bürgern der Gemeinde (und darüber hinaus) an den Pranger gestellt, sondern auch vom „Mouvement écologique“. Zudem erhielt die Gemeinde Bissen im Rahmen des Votums über den Teilbebauungsplan „Busbierg“ im vergangenen November und Dezember ganze 177 Reklamationsschreiben.
Kein Grund, Dokument nicht zu veröffentlichen
Das „Méco“ fragte sowohl beim Wirtschaftsministerium als auch bei der Gemeinde Bissen das MOU an. Während das Ministerium die Veröffentlichung ablehnte (unter anderem aufgrund der „Vertraulichkeit“ der Informationen), habe die Gemeinde die Anfrage überhaupt nicht beantwortet, so die Umweltorganisation in einer Pressemitteilung vergangene Woche.
Daraufhin habe man zusammen mit einem Anwalt Beschwerde bei der zuständigen Kommission („commission d’accès aux documents“) eingereicht, dies auf der Grundlage des Gesetzes vom 14. September 2018 betreffend eine transparente und offene Verwaltung. Die Kommission habe in ihrem Gutachten vom 4. Mai 2020 dem „Méco“ in allen Punkten recht gegeben: Beim MOU zwischen Regierung, Gemeinde und Google handele es sich nicht um ein vertrauliches Dokument. Und auch das „Argument“, das Dokument sei vor dem Gesetz über die „Administration transparente et ouverte“ verabschiedet worden und unterliege diesem entsprechend nicht, würde die Kommission abweisen, so das „Méco“. Laut Kommission sei das Dokument zwar zu einem früheren Zeitpunkt erstellt worden; da es jedoch verfügbar sei, gäbe es keinen Grund, es deswegen nicht zu veröffentlichen.
„Bleibt zu hoffen, dass die öffentliche Hand nunmehr auch dem Gutachten der genannten Kommission folgt und das Memorandum zur Verfügung stellt. Wir haben es jedenfalls erneut angefragt. Sollte der Zugang jedoch erneut verweigert werden, werden wir das Recht vor dem Verwaltungsgericht einklagen“, kündigt das „Méco“ in seiner Pressemitteilung an.
Auf das Gutachten der genannten Kommission angesprochen antwortete uns der Bürgermeister der Gemeinde Bissen, David Viaggi („Är Leit“), am Freitag folgendes: „Als uns die Anfrage des ‚Méco’ zur Einsicht in das MOU erreichte, haben wir das Schreiben an unseren Rechtsbeistand weitergeleitet. Sowohl unser Jurist als auch die Gemeindeführung waren damals und sind auch heute noch der Auffassung, dass es sich bei der Absichtserklärung um ein vertrauliches Dokument handelt, das unter anderem mit einer Verschwiegenheitsklausel verbunden ist, denn verschiedene Informationen in diesem Dokument könnten Konkurrenten von Google interessieren. Zudem waren wir als Gemeindeführung der Meinung, dass als erster Ansprechpartner des Unternehmens Google das Wirtschaftsministerium darüber entscheiden sollte, ob gegebenenfalls der Inhalt dieser Absichtserklärung offengelegt werden sollte oder nicht.“
Man nehme das Gutachten der Kommission zur Kenntnis, so David Viaggi weiter, doch man werde sich erneut juristisch beraten lassen, bevor man irgendetwas in dieser Sache unternimmt.
Nicht bindend
Im Wirtschaftsministerium nachgefragt gab uns Pressesprecher Pol Zenners zu verstehen, dass man sehr wohl den Jubel des „Méco“ in dieser Sache verstehe, doch man müsse das Geschehene relativieren. Die Kommission für den Zugang von Dokumenten habe ein Gutachten abgegeben, das die Meinung der Mitglieder dieser Kommission widerspiegele. Dieses Gutachten habe aber keinen bindenden Charakter, außerdem sei man im Wirtschaftsministerium noch immer der Meinung, dass es sich bei diesem Memorandum keinesfalls um ein Verwaltungsdokument handele.
„Wenn wir solche Absichtserklärungen in Zukunft offenlegen müssten, würde kein Unternehmen mehr an uns herantreten wollen. In diesen Memoranden stehen nun mal Informationen, die vor allem wegen des großen Konkurrenzdrucks in vielen Bereichen unter Verschluss bleiben müssen“, erklärte Paul Zenners. Man werde das Gutachten nun von der Rechtsabteilung prüfen lassen. Dazu habe man einen Monat Zeit. „Bis zu einem endgültigen Beschluss könnte es aber über diesen Monat hinaus noch ein langer Weg sein“, so das Wirtschaftsministerium und der Bissener Bürgermeister unisono.
Zur Erinnerung
Vielleicht sollten wir an dieser Stelle daran erinnern, dass der Promotor „London Bridge“ im Jahr 2018 ein rund 33 Hektar großes Areal auf „Busbierg“ zum Bau eines Datenzentrums erworben hatte, das später vom Internetgiganten Google betrieben werden soll. Eine erste Hürde bestand in der Umklassierung des genannten, in seiner Fläche etwa 50 Fußballplätzen gleichkommenden Areals in eine „Zone spéciale Datacenter“. Dank des einstimmigen Votums vom 7. Januar 2019 erhofften sich die Gemeinderäte aus Bissen künftig eine transparentere Zusammenarbeit mit dem Internetgiganten, die bis dahin arg zu wünschen übrig ließ. Doch diese Rechnung ist bis dato nie richtig aufgegangen.
Die meisten Fragen und Einwände beziehen sich nach wie vor auf den zu erwartenden Geräuschpegel, auf die Landschaftsverschandlung, auf den eventuell zu erwartenden Rückgang der Lebensqualität in der Gemeinde, auf die Lichtverschmutzung, die Höhen der geplanten Gebäude sowie auf den Wasser- und Stromverbrauch des Datenzentrums.
Was den zulässigen Geräuschpegel anbelangt, gab uns Viaggi Ende März dieses Jahres unmissverständlich zu verstehen, dass „vom genehmigten zulässigen Gesamtgeräuschpegel in dem Bereich, in dem das Gelände für das Datenzentrum liegt, für Google nicht mehr viel übrig bleibt“. „Das wird auch so im Teilbebauungsplan festgehalten“, sagte Viaggi. „Der Internetgigant muss sich strikt an diese Vorgaben halten. Wird diese Vorgabe neben einigen anderen nicht vom Bauherr berücksichtigt, gibt es kein Datenzentrum in Bissen.“
Während des durch die sanitäre Krise hervorgerufenen Moratoriums, was Entscheidungen über Bebauungspläne anbelangt, könnte doch die ausstehende Umweltverträglichkeitsstudie gemacht werden. Warum geschieht das nicht, wollten wir Anfang April vom Bürgermeister wissen. „Diese Frage stellen wir uns natürlich auch“, lautete Viaggis Antwort. Im Normalfall wäre diese Studie die nächste Etappe nach der Verabschiedung des Teilbebauungsplans, die der Bauherr in die Wege leiten muss. In diesem Fall und unter den jetzigen Umständen könnte man die genannte Studie auch bereits jetzt durchführen? Google weiß das auch, doch …“
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