Editorial / Transparenzregister: Sperrung für Zivilgesellschaft nimmt zynische Ausmaße an
Für rechtschaffene Vereine und die engagierten Freiwilligen ist es eine lästige Formalie, für Journalisten ein tägliches Recherchetool – und für eine Demokratie eigentlich von essenzieller Bedeutung, um Steuerflucht und Steueroptimierungen zu verhindern: das Register der wirtschaftlichen Eigentümer (RBE).
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) aber hat genau dieses Register nun für unzulässig erklärt – auf Basis einer Klage gegen das „Luxembourg Business Register“. Die Kläger haben vor Gericht behauptet, sich vor Erpressungen und Entführungen schützen zu wollen. Im Einzelfall stellt das möglicherweise eine berechtigte Sorge dar – wer aber so viel Geld hat, dass er um Leib und Leben fürchten muss, findet bestimmt auch andere Mittel, sich und seine Familie zu schützen, als Transparenzbestrebungen innerhalb der EU gleich einen Riegel vorzuschieben.
Hinzu kommt: Luxemburg hat sofort nach der Verkündung des Urteils den Zugang zum RBE gesperrt. Von den blau-rot-grünen Transparenz-Kreuzrittern in der Regierung, die sich immer wieder mit ihren Bemühungen brüstet, Transparenz schaffen zu wollen, hätte man zumindest ein bisschen Gegenwehr erwarten können – und sei es nur symbolischer Art. Durch die fast umgehende Sperrung des RBE am Dienstag nimmt das ganze Prozedere aber schon fast zynische Ausmaße an. Wären die Luxemburger Behörden nur so schnell und unkompliziert, wenn es um das Kommunizieren und Weiterleiten und nicht nur das Sperren von Informationen geht.
So aber wird Steuerflüchtlingen und Geldwäschern vom EuGH eine „Carte blanche“ ausgestellt. Und bis die genaue Rechtsgrundlage nun geklärt wird, ist das Register der wirtschaftlichen Eigentümer für die Zivilgesellschaft vorerst wieder eine „Black Box“. Bis dahin wird so einiges an Zeit verstreichen. Denn: Die Luxemburger Regierung will das Gutachten der Europäischen Kommission abwarten. Erst dann, wenn sich die Kommission nicht einigen kann – oder will –, wird Luxemburg an einer eigenen Lösung arbeiten, sagt Luxemburgs Justizministerin Sam Tanson. Zeitpunkt: noch unklar.
Sollte sich das Ringen um eine klare Rechtsgrundlage bis nach den Wahlen hinziehen, könnte es sogar sein, dass das RBE der breiten Öffentlichkeit in Luxemburg gar nicht mehr zugänglich gemacht wird. Laurent Mosar, Abgeordneter der CSV, hat gegenüber dem öffentlichen Radiosender 100,7 bereits angedeutet, dass nicht jeder Bürger Zugang auf das RBE haben sollte –„Journalisten und Zivilgesellschaft jedoch schon“. Wie der CSV-Abgeordnete „Zivilgesellschaft“ genau definiert, soll der Fantasie eines jeden Einzelnen überlassen bleiben. Die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung schreibt jedenfalls: „Den Wortteil ‚Zivil’ im Begriff Zivilgesellschaft kann man ersetzen durch Bürger und Bürgerin.“ Und weiter: „Zivilgesellschaft bedeutet Bürgergesellschaft.“
Somit bleibt eigentlich nur die Feststellung: Luxemburgs Zivilgesellschaft – und das müsste jeden einzelnen Bürger beinhalten– darf sich nicht ausruhen. Transparenz ist keine Errungenschaft, sondern ein Prozess. Ein Prozess, in dem der EuGH gerade entschieden hat, mehrere Schritte zurück zu gehen.
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Transparenz – Europalobby 0 – 2
Wieder einmal europäischer Mist. Die CSV, sprich Herr Mosar, scheint etwas gegen komplette Transparenz zu haben. So nicht Herr Mosar.
Transparenz ja, aber doch nicht mit Geburtsdatum und Adresse für die ganze Welt.
Solange Online-Daten nicht zu 100% sicher sind – und das wird nie der Fall sein – sollte es Hemmschwellen geben.
Es sollte schon berechtigtes Interesse bestehen: Journalisten, andere Rechercheure, Statistiker, Investoren, Behörden, Banken, etc.
Dieser Zugang sollte sofort ! eingerichtet werden.
Das RBE komplett zu schließen, zeugt von einem seltsamen Übereifer, der nicht wirklich nachvollziehbar ist, da bestimmt noch Recherchen zu russischen Oligarchen laufen.
Natürlich müssen die Journalisten wieder Zugang bekommen und dafür muss unsere Regierung sich auch einsetzen! Desweiteren sollte die gesamte Presse geschlossen und in regelmässigen Abständen zum Thema „Politische Intransparenz“ berichten und aufklären, so dass wirklich jeder Bürger informiert wird und versteht was das für uns alle bedeutet, dass es kein Informationszugangsrecht im Pressefreiheitsgesetz gibt. Auch die Opposition ist hier gefordert! Politische Transparenz muss endlich im Grundrecht verankert werden!
Es wäre mal interessant zu wissen wer „die Kläger“ sind.