Gewerkschaftsfront zu Corona / Tripartite soll voraussichtlich Mitte Juli stattfinden
Den Ausstieg aus den Krisenmaßnahmen beziehungsweise die anstehende Übergangszeit ohne Sozialdialog und ohne die Position der Gewerkschaften einzubeziehen, ist für OGBL, LCGB und CGFP nicht annehmbar. Die drei repräsentativen Gewerkschaften des Landes haben am Montag zu einer gemeinsamen Pressekonferenz eingeladen, während der bekannt gegeben wurde, dass Mitte Juli voraussichtlich die lange geforderte Tripartite stattfinden wird.
Die Aussage von Staatsminister Xavier Bettel, es handele sich bei den Dreiergesprächen um ein „Kaffiskränzchen“, gefiel den Gewerkschaftspräsidenten überhaupt nicht, die betonten, die Rede sei von einem bewährten Kriseninstrument. Nur gemeinsam könne verhindert werden, dass die durch das Virus hervorgerufene wirtschaftliche Krise eine schwere soziale Krise nach sich ziehen werde.
In der Einladung zu den bilateralen Gesprächen, die am Mittwoch im Senninger Schloss geplant sind, steht ein Tagesordnungspunkt, der eine „eventuelle“ Tripartite Mitte Juli vorsieht. Eine Tatsache, die von Nora Back (OGBL), Patrick Dury (LCGB) und Romain Wolff (CGFP) als positives Zeichen gewertet wird, dass es mittlerweile ein Einsehen bei der Regierung gab.
Kritik wurde während der gemeinsamen Pressekonferenz in den Räumen der Arbeitnehmerkammer allerdings an dem bisherigen unzureichenden Dialog und der fehlenden Einbeziehung der Vertreter der arbeitenden Menschen geübt. So unterstrich Romain Wolff (CGFP), dass „télétravail“ wohl prinzipiell eine gute Sache sei, dass aber noch erheblicher Klärungsbedarf bestehe, etwa was das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit, die gesundheitlichen Auswirkungen, Arbeitsunfälle zu Hause, soziale und steuerliche Konsequenzen für Grenzgänger, Kostenpunkt usw. betreffe. Er forderte schon mal das für den öffentlichen Sektor zuständige Regierungsmitglied auf, eine erste Bilanz zum Home-Office vorzulegen.
Im Vorfeld der neuen Corona-Gesetze monierte Wolff, dass die Berufskammer des öffentlichen Dienstes nicht um ein entsprechendes Gutachten angesucht wurde; die Kammer habe sich nun selbst befasst und ein entsprechendes Papier erarbeitet, das seit Montag vorliege.
„Sozialdialog mit sich selbst“
Die Regierung führe Sozialdialog mit sich selbst, kritisierte der CGFP-Präsident und regte an, die Covid-Gesetze einfacher zu formulieren und angesichts der darin vorgesehenen strengen Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit bei der Abstimmung im Parlament zu setzen. Immerhin könnten die Gesetze, die jeweils nach einem Monat verlängert werden müssen, lange Gültigkeit haben. Er warnte davor, die Steuern zur Krisenbewältigung zu erhöhen, und verwies auf das Beispiel Deutschland, das nicht mehr an der „schwarzen Null“ festhalte, sondern die Mehrwertsteuer herabsetzte.
CSL- und OGBL-Präsidentin Nora Back unterstrich, dass die Lage ernst sei, wenn die drei repräsentativen Gewerkschaften des Landes gemeinsam agieren würden. Sie brach ebenfalls eine Lanze für das Tripartite-Modell, das sich bewährt habe. Die Gewerkschaften seien seit Beginn der Krise mit Entscheidungen konfrontiert worden, ohne zumeist auch nur konsultiert worden zu sein. Es sei zwar punktuell miteinander gesprochen worden, so Back, die große Runde, bei der grundsätzlich drei gleichberechtigte Partner diskutieren, stehe aber weiterhin aus.
200 Euro für alle
Vieles sei bislang für die Betriebe unternommen worden, es gelte aber auch die Bedürfnisse der Menschen zu sehen. Unter anderem hatte der OGBL Helikoptergeld gefordert: Eine Überweisung von 200 Euro an alle Einwohner und Grenzgänger soll die Kaufkraft fördern. Auf Nachfrage erklärten sich die beiden anderen Gewerkschaften mit dem Vorschlag einverstanden. Back unterstrich aber auch, eine Austeritätspolitik, wie sie nach der Krise 2008/09 gemacht wurde, sei inakzeptabel. Die fatalen Konsequenzen seien den unteren und mittleren Einkommensschichten noch gut im Gedächtnis geblieben; die dürften nicht ein weiteres Mal belastet werden. Es gelte nun vielmehr die Binnennachfrage zu stärken. In dem Sinne müsse die anstehende Steuerreform Entlastungen für die beschriebenen Einkommensgruppen bringen.
Jetzt sei auch der Moment für eine konsequente Bekämpfung der explodierenden Immobilienpreise gekommen, so Nora Back, die für einen konsequenten Erhalt der Arbeitsplätze plädierte. Jugendarbeitslosigkeit müsse in diesem Kontext bekämpft werden; es dürfe keine „verlorene Generation“ geben. Auch Patrick Dury unterstrich die historischen Vorzüge der Tripartite, die geholfen hat, die Stahlkrise der 70er sozialverträglich zu bekämpfen. Bettel riet er, sich ein Beispiel an seinem Vorgänger als liberalen Staatsminister, Gaston Thorn, zu nehmen, der die Tripartite 1976 ins Leben gerufen hatte.
Dury übte weiter heftige Kritik an Arbeitsminister Dan Kersch (LSAP), der bereits angekündigt habe, Betriebe, die in den Genuss von Kurzarbeit (“chômage partiel“) gekommen seien, dürften ein Viertel ihrer Belegschaft entlassen und der Arbeiten des öffentlichen Interesses als Mittel gegen Arbeitslosigkeit ins Auge gefasst habe, ohne im Vorfeld mit den Arbeitnehmervertretern über so wichtige Eingriffe gesprochen zu haben. Solche schwerwiegenden Vorschläge gehörten auf den Tisch der Tripartite, so der LCGB-Präsident.
- Politiker, Gewerkschafter, Freigeist: Nick Clesen ist im Alter von 67 Jahren gestorben - 3. Oktober 2024.
- Konsequent gegen die autoritär-liberal-konservative Rechte - 14. Juli 2024.
- Streit der Form wegen: Klimabonus rückwirkend verlängert - 26. Juni 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos