„Sécurité routière“ / Trotz Cannabis-Legalisierung keine Änderung von THC-Grenzwert im Verkehr vorgesehen
Finger weg von Drogen: Dieser altbekannte Rat gilt trotz Luxemburgs Cannabis-Legalisierung im privaten Bereich, besonders wenn man vorhat, sich ans Steuer zu setzen. Wer nicht aufpasst, muss mit hohen Geldstrafen rechnen.
Nach jahrelangem Ringen ist das Kiffen für Erwachsene in Luxemburg nun legal. Eigentlich war es eines der großen Projekte der „Gambia“-Regierung, doch der Berg gebar letztlich nur eine Maus. Die neue Regelung erlaubt nämlich nur das Rauchen von selbst angebautem Cannabis in den eigenen vier Wänden. Demnach bleibt der Konsum im öffentlichen Raum weiterhin verboten. Wer sich nach dem Kiffen ans Steuer setzt, wird auch künftig noch mit Problemen mit der Polizei rechnen müssen und macht sich strafbar. Der erlaubte THC-Höchstwert im Blut liegt nämlich bei nur einem Nanogramm pro Milliliter Blut. Demnach herrscht in Luxemburg praktisch eine „Null-Toleranz-Politik“. Doch genau das kann Konsumenten zum Verhängnis werden.
Cannabis im Verkehr
Mit dem Inkrafttreten der neuen Cannabis-Regelung vom 21. Juli ist das Kiffen auch weiterhin nur bedingt erlaubt. Wer bis zu drei Gramm Cannabis bei sich trägt und von der Polizei kontrolliert wird, muss mit einer Geldstrafe zwischen 25 und 500 Euro rechnen. Bislang wurde dafür ein Bußgeld zwischen 251 und 2.500 Euro fällig. Die Polizei beschlagnahmt auch weiterhin den Hanf, der Eintrag ins Strafregister entfällt allerdings jetzt. (WiR)
So darf zwar zu Hause konsumiert werden, doch das Auto sollte man nach seinem Rausch möglichst eine Weile stehen lassen. Wie lange jemand mit moderatem Konsum warten sollte, bevor er sich wieder rechtssicher auf die Straßen trauen kann, konnte die „Sécurité routière“ auf Tageblatt-Anfrage jedoch nicht sagen. Die Frage ließe sich nicht pauschal beantworten: Es sei vergleichbar mit dem Alkohol, wo manche Personen mehr vertragen oder das THC schneller beziehungsweise langsamer abbauen als andere. „Generell sollte das Kredo jedoch sein, dass Drogen im Straßenverkehr nichts zu suchen haben“, so der Sprecher der „Sécurité routière“.
„Das Zeitfenster, in dem THC im Blut nachweisbar ist, hängt stark von der Dauer, der Regelmäßigkeit und dem Ausmaß des Konsums ab“, erklärte Dr. Michel Yegles vom Nationalen Gesundheitslabor (LNS) vergangenen August auf Tageblatt-Nachfrage. Es liege bei Gelegenheitskonsumenten zwischen drei und zwölf Stunden und könne bei hohem und regelmäßigem Konsum bis zu zwölf Tage betragen.
Der Abbauvorgang sei sehr komplex und individuell unterschiedlich. Yegles sagte zudem – und entgegen dem Vergleich der „Sécurité routière“ –, dass der Abbau eben nicht so linear wie beim Alkohol verlaufe. Vereinfacht ausgedrückt, steige der THC-Gehalt im Blut beim Cannabis-Konsum erst sprunghaft an und falle in den Stunden danach auch rasch wieder, allerdings nicht auf null: Vor allem bei mehr als nur ganz seltenem Konsum finde zusätzlich eine Wechselwirkung mit dem Fettgewebe statt, die zur Folge hat, dass ein sehr geringer Rest des THC weiterhin nachweisbar bleibt – und zwar über Tage oder sogar Wochen. Die dann zu messende Konzentration liege nur unwesentlich über den derzeitigen Nachweisgrenzen und ist auch zu niedrig, um einen effektiven Rausch auszulösen.
Neue Prozeduren
Mit der Verabschiedung des Gesetzesprojekts 7985 am 21. Juni wollen Luxemburgs Abgeordnete für mehr Sicherheit im Verkehr sorgen. Dieses Gesetz passt die Prozedur der Polizeikontrollen zur Nachverfolgung von Drogen und Medikamenten an. So können Beamte künftig sofort eine Urin- oder Blutprobe bei Personen anordnen, die beim Konsumieren erwischt wurden, geständig sind, bei denen Drogen gefunden wurden oder die eine Gefahr für sich oder andere Personen darstellen. Das ist nun möglich, ohne dass Polizisten bei den Verdächtigen davor noch Speichel- oder Schweißtest durchführen lassen, die ohnehin ungenauer sind.
Luxemburg versuche weiterhin, das Ziel der „Vision Zero“ zu erreichen, also die Zahl der Schwerverletzten und Toten im Straßenverkehr auf null zu reduzieren. Der Umgang mit Rauschgift sei ein Aspekt, der dabei beachtet werden muss. US-amerikanische Studien hätten gezeigt, dass in den Bundesstaaten, die Cannabis legalisiert haben, die Zahlen der drogenbedingten tödlichen Verkehrsunfälle um durchschnittlich zehn Prozent gestiegen sind. In manchen Bundesstaaten hätte man sogar eine Steigerung von 20 Prozent beobachten können. „Diese Entwicklung ist sicherlich nicht wünschenswert und eine Änderung des aktuell geltenden Grenzwertes deshalb auch nicht vorgesehen“, sagt der Sprecher der „Sécurité routière“.
Der geltende Toleranzwert sei unabhängig von der Legalisierung des privaten Konsums zu betrachten, so die Verkehrssicherheitsvereinigung. So gebe es Länder, in denen der Konsum zwar unter Bedingungen legalisiert oder Cannabis entkriminalisiert ist, es aber trotzdem eine Null-Toleranz-Grenze für den Verkehr gibt. Das sei beispielsweise in Spanien und Italien der Fall. In Frankreich ist der Cannabis-Konsum komplett illegal und es ist ebenfalls gänzlich verboten, sich mit Drogen im Blut ans Steuer zu setzen. In diesen Ländern wird das Fahren unter Drogeneinfluss mit hohen Geldstrafen von mehreren Tausend Euro bestraft und in besonders schwerwiegenden Fällen sogar mit Haftstrafen.
In anderen Staaten – so auch in Luxemburg – sei das Lenken eines Fahrzeugs bis zu einer bestimmten THC-Grenze erlaubt. Die maximale Höchstgrenze liege in den meisten Ländern bei 1,0 ng, so etwa in Deutschland, Belgien, Dänemark, Irland. Allerdings liege das Strafmaß in diesen Ländern „oft weit über den hierzulande vorgesehenen Strafen“, meint der Sprecher der „Sécurité routière“.
Sogar CBD knackt den Grenzwert
Die absurden Folgen der extrem niedrigen THC-Grenzwerte sind auch der Luxemburger Polizei nicht verborgen geblieben: Als 2018 das nicht berauschende CBD-Cannabis in Luxemburg erlaubt wurde, das nur extrem wenig THC enthalten darf, jubelte man noch regelrecht: „Autofahren nach Einnahme dieses legalen Produkts ohne psychoaktiven Effekt ist demnach erlaubt. CBD kann quasi mit alkoholfreiem Bier verglichen werden“, erklärte die Polizei im Tageblatt.
Inzwischen denkt man weiter und anders: „Je nach Menge und Häufigkeit des Konsums von CBD-Cannabis kann ein THC-Wert im Blut von 1 ng/ml oder mehr erreicht werden, was nach der luxemburgischen Straßenverkehrsordnung eine Straftat darstellt“, wird jetzt gewarnt. Ob es bereits CBD-Konsumenten gab, die eine entsprechend böse Überraschung machen durften, wird nicht mitgeteilt. (fgg)
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Verweigern Sie alle Tests, dann können Sie sofort nach Hause ohne in Zukunft als Drogenfahrer geschimpft zu werden, der Führerschein ist zwar länger fort aber wir haben ja den gratis öffentlichen Transport.
@ Bella / Und nach dem Kommentar einen kräftigen langen Zug an ihrem Joint.
Jedenfalls nicht die Polizei anrufen, wenn sie gekifft haben, im Auto sitzen und jemand ihnen ein Messer in die Wampe gerammt hat. Dann erst 1 Tag ins Bett legen und dann die Polizei anrufen.
@Sam
„Jedenfalls nicht die Polizei anrufen, wenn sie gekifft haben, im Auto sitzen und jemand ihnen ein Messer in die Wampe gerammt hat. Dann erst 1 Tag ins Bett legen und dann die Polizei anrufen.“
Wieso denn das?
Das Auto verlassen genügt, wenn einem der Führerschein wichtiger ist als die Gesundheit.
PS. Welcher Zwerg rammt denn ein Messer in eine Wampe hinterm Steuer?
Günther / 7.8.2023 – 15:19
„Und nach dem Kommentar einen kräftigen langen Zug an ihrem Joint.“
Ich persönlich bevorzuge vor UND nach dem Kommentar 2 Züge.