„Croix-rouge“ / Trotz Pandemie kein Mangel an Blutspenden in Luxemburg – ein Besuch im Blutspendezentrum
Entgegen aller Befürchtungen hatte das luxemburgische Rote Kreuz trotz Pandemie bisher nicht mit einem Mangel an Blutspenden zu kämpfen. Die Solidarität der Menschen war in der Zeit des Lockdowns sogar so groß, dass sich innerhalb von sechs Wochen mehr neue Spender registriert haben als sonst in einem ganzen Jahr. Jetzt sei es wichtig, dass die Motivation nicht abebbt, sagen die Verantwortlichen. Das Tageblatt war zu Besuch im Blutspendezentrum unweit der hauptstädtischen „Kinnekswiss“.
Eine junge Frau, ausgestattet mit Maske, betritt am Montagnachmittag das Blutspendezentrum des Roten Kreuzes in der Hauptstadt. „Haben Sie ihre Temperatur bereits gemessen?“, fragt die Mitarbeiterin am Empfang. Die junge Frau tritt an eine Säule heran, die gleich darauf piepst. 36,5 Grad Celsius – ein grünes Licht leuchtet auf. Sie desinfiziert sich die Hände und geht zum Empfang.
„Registrierte Spender erhalten von uns eine Einladung, je nach Bedarf der unterschiedlichen Blutgruppen. Nachdem sie diese Einladung erhalten haben, können sie vorbeikommen, wann es ihnen am besten passt“, erklärt Dr. Andrée Heinricy. Sie ist verantwortlich für die Blutabnahme im Zentrum. Nur 30 Prozent der angeschriebenen Personen würden auch tatsächlich zur Spende kommen. Das kann laut der Ärztin verschiedene Gründe haben wie zum Beispiel Zeitmangel, eine Reise, nach der nicht gespendet werden darf, oder eine Erkältung.
Doppelte Sicherheit
Die junge Frau hat am Empfang eine Nummer und einen Fragebogen erhalten, mit dem sie sich in den ersten Stock begibt. Im Wartesaal stehen Tische zur Verfügung, auf denen Spender in Ruhe den Fragebogen ausfüllen können. Hier stehen auch Wasser und kleine Snacks bereit. Besonders das Trinken sei vor einer Spende wichtig, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, erklärt die Ärztin.
Die Fragen müssen vor jeder Spende aufs Neue beantwortet werden. Anschließend werden die Antworten bei einem kurzen Gespräch mit einem Arzt oder einer Krankenschwester ausgewertet. Hier wird entschieden, ob jemand an diesem Tag Blut spenden darf oder nicht.
„Dabei geht es darum, die Sicherheit des Spenders und des Empfängers zu garantieren“, sagt Heinricy. Habe der Spender zum Beispiel niedrigen Blutdruck, weil es zum Beispiel sehr heiß draußen ist, werde ihm von einer Spende abgeraten. Das Gleiche gilt, wenn er sich etwas krank fühlt. „Falls jemand in den Tagen nach der Spende krank wird, können wir das Blut nicht weitergeben – das wollen wir vermeiden.“ Die Nummer, die jeder Spende zugeteilt wird, dient dazu, sie in einem solchen Fall auf den Spender zurückführen zu können. Die doppelte Absicherung durch Fragebogen und Gespräch sei deshalb wichtig, weil das Blut nicht auf jedes einzelne Erkältungsvirus analysiert werden könne.
475 Milliliter
Diese Sicherheitsvorkehrungen im Zentrum waren vor dem Ausbruch der Coronapandemie genauso streng wie jetzt. „Diese Komponente kommt jetzt natürlich hinzu“, sagt Dr. Heinricy. Deshalb würden Spender immer wieder dazu ermutigt, frühzeitig Bescheid zu sagen, falls es nur den geringsten Zweifel gebe.
Die Spende selbst erfolgt – je nach Art – im ersten oder dritten Stock. Im ersten Stock werden Vollblutspenden abgenommen. Das dauert in der Regel nur fünf bis zehn Minuten. Dabei fließen 475 Milliliter abgenommenes Blut direkt in einen Beutel, der von einer Plattform hin- und herbewegt wird. Im Beutel befindet sich bereits eine Flüssigkeit, die verhindert, dass das Blut gerinnt. Die Bewegung dient dazu, Blut und Flüssigkeit miteinander zu vermischen. Gleichzeitig wird eine kleine Blutprobe für die Analyse abgenommen. Die Vollblutspende wird erst später, im Laboratorium, in seine einzelnen Komponenten aufgetrennt. „Bei jeder Etappe wird der Spender erneut nach seinem Namen und seinem Geburtsdatum gefragt, um wirklich sicherzugehen, dass nichts durcheinanderkommt“, sagt Heinricy.
Im dritten Stock befindet sich eine weitere Abnahmestation. Hier werden Plasma und Blutkörper direkt gespendet. Anhand spezieller Maschinen wird das Blut noch während der Abnahme in seine Bestandteile aufgetrennt. Zum einen kann hier Plasma gewonnen werde, zum anderen Blutplättchen. Der Teil, der nicht gebraucht wird, wird direkt wieder in die Venen des Spenders zurückgeleitet. Weil der Spender dadurch keine roten Blutkörper verliert, ist diese Vorgehensweise zum Beispiel für Menschen mit Eisenmangel schonender.
Blutplättchen spielen laut Dr. Andrée Heinricy zum Beispiel eine Rolle bei der Blutgerinnung und werden unter anderem bei Krebspatienten während der Chemotherapie gebraucht. Während rote Blutkörper sich 42 Tage halten, können die Plättchen nur fünf Tage konserviert werden. „Das ist sozusagen ein Tagesgeschäft. Sie müssen zum richtigen Moment zur Verfügung stehen“, sagt die Ärztin.
Wichtigkeit von Plasmaspenden
Plasmaspenden seien weniger bekannt, würden in den letzten Jahren aber immer mehr an Wichtigkeit gewinnen. „Darin sind Gerinnungsfaktoren, Eiweiße und Abwehrstoffe enthalten, aus denen wichtige Medikamente entstehen“, so Heinricy. Plasma könne tiefgefroren und dann über ein Jahr lang konserviert werden. „Es werden große Quantitäten an Plasma gebraucht und es gibt einen weltweiten Mangel.“ Es sei das Anliegen des Rotes Kreuzes, Menschen darauf aufmerksam zu machen. Plasmaspenden sind einmal im Monat möglich, während Vollblutspenden von Männern nur alle drei Monate, von Frauen nur alle vier Monate gemacht werden können. Weil diese Art der Spende zwischen einer halben und einer Dreiviertelstunde dauert, erfolgt die Abnahme auf Termin.
In der hauseigenen Cafeteria können sich die Spender nach der Blutabnahme entspannen, etwas essen und trinken. „Nicht nur als Dankeschön, sondern auch, um sicherzustellen, dass sich ihr Kreislauf stabilisiert. Falls jemand sich nicht gut fühlt, kann er sich noch einmal hinlegen“, sagt Heinricy.
Zwischen den beiden Abnahmeräumen befindet sich im zweiten Stock des Gebäudes das Laboratorium, in dem die Untersuchungen durchgeführt werden. Nur die sogenannte PCR-Analyse zur Erkennung von Viruskrankheiten wird in Frankfurt durchgeführt. Hierzu werden die Proben jeden Abend von einem Kurier nach Frankfurt gebracht und über Nacht untersucht, damit die Ergebnisse dem Roten Kreuz am Morgen darauf vorliegen und die Spende an die Krankenhäuser ausgeliefert werden kann.
Große Solidarität
Trotz anfänglicher Befürchtungen kam es während des Lockdowns nicht zu einem Mangel an Blutspenden. Sogar das Gegenteil ist der Fall: In nur sechs Wochen haben sich um die 1.200 neue Spender beim Roten Kreuz als Blutspender registrieren lassen. Das sind mehr neue Einschreibungen, als im Schnitt pro Jahr gezählt werden. „Wir stellen in Luxemburg immer wieder fest, wie solidarisch die Menschen sind. Jedes Mal, wenn wir einen Aufruf machen und ihnen sagen, dass sie gebraucht werden, sind unsere Spender da“, sagt Dr. Andrée Heinricy.
Nachdem die Statistiken anderer Länder im Lockdown gezeigt hatten, dass die Zahl der Spenden drastisch abnahm, machte das Rote Kreuz in Luxemburg einen präventiven Aufruf. „Wir wollten nicht auf einen Einbruch warten und sofort klarstellen, dass der Weg zur Blutspende trotz Lockdown erlaubt ist“, sagt Vincent Ruck, Verantwortlicher für die Kommunikation. Das habe sehr gut funktioniert. Damit die Spender nicht alle auf einmal kommen, seien Termine über mehrere Wochen verteilt worden.
Wir brauchen kontinuierlich Spender und können uns eigentlich nie zurücklehnenVerantwortliche für Blutabnahmen beim Roten Kreuz
Mitte August habe die Zahl der Spenden etwas abgenommen, jetzt würden sie langsam wieder ansteigen. Das sei auch den Schulferien geschuldet. Im Hinblick auf den Herbst und den Winter, in dem mehr Menschen krank werden, sei es jetzt allerdings wichtig, dass diejenigen, die können, auch zur Spende kommen. „Wir brauchen kontinuierlich Spender und können uns eigentlich nie zurücklehnen“, sagt Heinricy. Idealerweise spenden zwischen 80 und 100 Personen am Tag. Dann kann das Zentrum den Bedürfnissen der nationalen Krankenhäuser gerecht werden. „Im Oktober sind wir bisher bei einem Durchschnitt von 80 Spendern am Tag.“
Homosexuelle und Blutspenden
Was den Ausschluss von homosexuellen Männern von einer Blutspende betrifft, sei das Rote Kreuz dabei, sich um Änderungen zu bemühen. Ob Männer, die mit Männern schlafen, dann nur Plasma spenden können, wie es in Belgien der Fall ist, oder eine Abstinenzregel einhalten müssen wie in Belgien und Deutschland, dazu wollte sich die Ärztin nicht äußern. Es sei noch zu früh, um zu sagen, wie das gehandhabt würde. Das würde im Laufe des Jahres 2021 kommuniziert werden. „In dieser Debatte geht es uns darum, die Sicherheit des Spenders und des Empfängers zu garantieren. Es gibt nun einmal verschiedene Situationen, die eher mit dem Risiko übertragbarer Krankheiten zusammenhängen“, sagt sie. Die Regelung bestünde jedoch auf keinen Fall, weil das Rote Kreuz Menschen diskriminieren wolle. Ginge es nach ihnen, würden sie jeden Spender jederzeit empfangen. Blut werde schließlich immer gebraucht.
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