/ Trotz Stress bei den ersten Bauarbeiten der Begegnungszone in Düdelingen: Geschäftsverband bleibt optimistisch
Alain Clément ist Optiker und Vorsitzender der „Fédération des commerçants et artisans de Dudelange“. Sein Geschäft liegt mitten in der Avenue Grande-Duchesse-Charlotte. Dort werden bald die Bagger rollen, um aus diesem Teil der viel befahrenen Straße eine Begegnungszone zu machen. Die erste Phase der Arbeiten war nicht reibungslos verlaufen und einige Geschäftsleute erlitten infolgedessen starke Einnahme-Einbußen. Das Tageblatt hat sich mit Alain Clément über hohe Mietpreise und Fehler der Vergangenheit unterhalten.
Tageblatt: Wie sieht die Stimmung bei den Düdelinger Geschäften aus?
Alain Clément: Ich kann nur meine eigene Situation einschätzen und die ist gut. Wir versuchen, uns von den Ketten abzusetzen. Dazu setzen wir auf genaue Maßtechnik und kleinere Marken, die zum größten Teil in Europa produzieren. Und wir bieten eine gewisse Dienstleistung an, das schätzt der Kunde.
Nur um die Kleiderbranche mache ich mir Sorgen. Da werden die Kollektionen teilweise ein Jahr im Voraus bestellt. Falls das Wetter anders wird als erwartet, wird weniger verkauft.
Doch ich weiß von Akteuren aus der Kleiderbranche, dass das letzte Jahr und vor allem der Sommer besser war. Das lag zum einen am guten Wetter und zum anderen daran, dass der erste Teil des Shared Space fertig war. Das hat Düdelingen als Einkaufsort wieder attraktiver gemacht.
Stichwort Shared Space: Die Bauarbeiten für die nächste Phase beginnen Ende April. Sind die Geschäftsleute diesmal mehr mit einbezogen worden?
Bei der Zusammenarbeit gab es eine Steigerung von 100 Prozent. Die Erfahrungen vom ersten Teil waren vielleicht nicht so positiv. Wir haben alle aus diesen Fehlern gelernt. Als Vertreter des Geschäftsverbandes kann ich behaupten, dass die Gemeinde auf die Beschwerden der Geschäftsleute eingegangen ist. Wenn dies so umgesetzt werden kann, dann müsste es wesentlich besser ablaufen.
Welche Geschäfte fehlen der Stadt Düdelingen, um sie attraktiver zu machen?
Ich würde sagen, ein schönes Schuhgeschäft, das Qualität anbietet. Das würde der Stadt guttun. Eine Schuhkette besteht schon, das ist nicht schlecht. Es ist eine Branche, die es einem nicht leicht macht. Meines Erachtens fehlt es nicht am Willen, sondern eher am Mut.
Was sagen Sie dazu, dass die Gemeinde selbst ein Lokal anmietet, um es günstig weiterzuvermieten? Ist das der richtige Weg?
Für mich absolut. Es war ja eine Idee des Geschäftsverbandes. In den Innenstädten gibt es einen Rückwärtstrend beim Handel, gleichzeitig steigen die Mieten. Das kann ich rational nicht nachvollziehen. Wenn eine Gemeinde dann jungen Menschen mit einer guten Idee, die vielleicht nicht das Kapital haben, die Möglichkeit gibt, sich niederzulassen, dann wird das Geschäftszentrum bereichert. Zum andern gibt es uns die Möglichkeit, zu schauen, welche Geschäfte in Düdelingen fehlen, und können sie gezielt hier ansiedeln.
Haben Sie in dieser Hinsicht ein Mitspracherecht?
In letzter Zeit immer mehr. Ich bin auch in dem Rat, der ins Leben gerufen worden ist. (Anm.: das Tageblatt berichtete am 19.3.) Das war eine Idee, die auf unserer Liste stand.
Was steht noch auf dieser Liste?
Das mit den hohen Mietpreisen liegt uns am Herzen. Bei manchen Geschäftslokalen müssen wir in der Hinsicht attraktiver werden. Ich habe den Wunsch, dass wir rechtzeitig erfahren, wenn jemand aufhört. Wir wollen ein Portfolio mit den Läden erstellen, die nach Düdelingen kommen wollen. Dann können wir gezielt reagieren, bevor sich jemand niederlässt, der unserer Stadt aus der Sicht des Handels nicht unbedingt guttut.
Besteht denn Interesse, um sich in Düdelingen niederzulassen?
Es scheitert oft an den Mieten oder an der Größe der Geschäftslokale. Das kann erst nach und nach geändert werden. Früher haben viele Läden mit wenig Platz gut funktioniert. Heute ist gerade bei der Bekleidung oft Fläche nötig. In Zukunft wird das in die Planung mit einbezogen.
Ist die Miete in Düdelingen höher als anderswo?
Die Mieten von anderen Städten kenne ich nicht. Nur wenn ein Geschäft preiswertere Artikel verkauft und zwischen 3.000 und 4.000 Euro Miete zahlen muss, dann stelle ich mir vor, wie viele Artikel sie verkaufen müssen, um die Miete abzudecken. Bei dem Gedanken bilden sich mir Schweißperlen auf der Stirn.
Wem gehören die hiesigen Geschäftslokale?
Das sind Familien und Geschäftsleute. Zum Teil sind sie in Familienbesitz, bei denen Eltern und Großeltern schon ein Geschäft hatten, das heute weitervermietet wird. Meins gehört einem Geschäftsmann, doch er vermietet es zu einem korrekten Mietpreis.
Was ist Ihrer Meinung nach in der Vergangenheit falsch gelaufen?
Vielleicht haben die Politik und die Geschäftsleute zu spät auf den Trend reagiert, der sich mit der Öffnung des Marktes gezeigt hat. Man hat sich auf einen gewissen Komfort gebettet. Das Internet und die großen Geschäftsstrukturen, die in der Peripherie entstanden sind und noch weiter entstehen, haben massive Auswirkungen auf eine Innenstadt. Dessen waren wir uns früher nicht bewusst. Doch mittlerweile wird mit den zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, gegenzusteuern.
Der Online-Handel spielt da auch mit rein …
2018 kamen über sechs Millionen Pakete über das Internet ins Land. Das besagt eine Statistik von Letzshop. Diese Einkäufe sind dann zumindest teilweise nicht in Düdelingen erledigt worden. Ich erhoffe mir, dass die jungen Leute, die für das Klima streiken, in Sachen Internetkauf genau dieselbe Sicht haben. Es wird ein enormer Verpackungsaufwand betrieben, um nur einen kleinen Artikel nach Hause geliefert zu bekommen.
Und was muss jetzt passieren?
Die Innenstädte müssen einen Weg finden, wie sie sich gegenüber der Konkurrenz als interessant darstellen können. Das kann mit Nischenprodukten funktionieren. Bei Kleidung zum Beispiel, bei denjenigen, die sich individuell einkleiden wollen und keine Lust haben, die ganzen „Uniformen“ der Ketten anzuziehen. Wenn wir 100 Prozent der Menschen überzeugen wollen und alles anbieten, dann kämpfen wir auf verlorenem Posten. Das ist jedenfalls meine Meinung.
Sie sehen also optimistisch in die Zukunft?
Ich bin von Natur aus ein Optimist. Ich sehe, das es auch in unsere Zeit möglich ist, zu wachsen. Vor sieben Jahren habe ich das Geschäft übernommen. Mit unserer Strategie konnten wir uns entwickeln. Wir haben mit drei Angestellten angefangen, inzwischen sind es sechs. Negative Stimmungsmache tut keinem Geschäft gut. Menschen werden davon nur abgeschreckt.
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