Fred Colantonio / Über Einstein und andere Menschen: Der Kriminologe Fred Colantonio referiert mit Fantasie und Bauchgefühl
In den Menschen steckt mehr als auf Anhieb von ihnen erwartet wird. Es muss allerdings aus ihnen herausgekitzelt werden. Das sagte der studierte Kriminologe und heutige Unternehmensberater Fred Colantonio vor den Mitgliedern der „Confédération luxembourgeoise du commerce“ (CLC) bei einer Konferenz Anfang November. Claude Wolf war unter den Gästen.
Der Stoff, aus dem die Helden sind. So könnte man in etwa die Konferenz benennen, die Fred Colantonio im Mudam vor den geladenen Gästen der Luxemburger Handelsvereinigung hielt. Er ist kein klassischer Redner in Anzug und Krawatte. Er trägt ein T-Shirt von Metallica unter seiner Anzugjacke, springt bei seiner Vorstellung ziemlich hektisch auf der Bühne hin und her und sucht den Dialog mit den Zuhörern, wobei diese systematisch und ungeachtet ihres (Minister)-Ranges geduzt werden.
Humor darf auch nicht fehlen, mehrmals wird die zurückhaltende Reaktionsfähigkeit der Luxemburger angesprochen, die sich mit spontanen Reaktionen und Applaus eher schwertun. Nach kurzer Zeit taut die Stimmung dann auch auf und es kommt zum erwarteten und erhofften Austausch.
Dabei ist der Grund, der den Belgier nach Luxemburg führt, gar nicht so entspannt, sondern in den heutigen Tagen und vor einem Publikum, das die Folgen der verschiedenen Krisen der letzten Jahre deutlich spürt, durchaus ein ernster. „Die Einstellung der Helden: Wie wird man ein in Sinn und Aktion inspirierter Unternehmer?“, lautet der offizielle Titel der Konferenz.
„Ein Held ist ein ganz normaler Mensch, der außergewöhnliche Fähigkeiten entwickelt hat“, führt Colantonio vor seinem Publikum aus und fordert es nacheinander zu einer gewissen Bescheidenheit auf, zu Kreativität und Originalität, zu Teamgeist, Offenheit und Intuitivität. Aus all diesen Eigenschaften lasse sich etwas aufbauen, glaubt der Redner. Besonders wichtig ist ihm die Fähigkeit, auf seine Mitmenschen zu hören, von ihnen zu lernen, auch einmal einen Fehler einzugestehen und zu verzeihen.
Am eigenen Leib erfahren
Fred Colantonio ist von seiner Ausbildung her Kriminologe. Als Sohn eines Arbeiters sei er sich bei der Wahl seines Studienfachs nicht sicher gewesen, erklärt er auf der Webseite seiner Universität in Lüttich. Fünf Jahre lang habe er „im Dienst der belgischen Verwaltung gestanden“, bevor er erkannt habe, dass diese Arbeit zwar interessant war, er sie jedoch nicht sein Leben lang machen wollte. Daraufhin fasste er sich ein Herz und bildete sich weiter. „Gar nicht so einfach, nach einem sicheren Staatsgehalt als freier Unternehmer anzufangen“, gesteht er vor der vornehmlich freiberuflichen Zuhörerschaft über seine Anfänge im Jahr 2006.
Mehr als 900 Konferenzen hat er mittlerweile quer durch Europa gehalten, um den Unternehmern zu helfen, den Herausforderungen der modernen Zeit zu begegnen. Er nennt dabei den Umschwung auf das Digitale, Führungsqualitäten, Kommunikation, Marketing und Management eines Unternehmens. Sein Rat an die Verantwortlichen: „Versucht nicht, das alles allein auszufechten. Schaut in eurem Unternehmen nach Menschen mit Fähigkeiten und baut mit ihnen zusammen ein Team auf, das die anstehenden Probleme schultern kann.“ Der Fachmann setzt dabei auf Gruppendynamik, auf eine natürliche Neugierde und auf die Freude an der Herausforderung. „Die Arbeit muss Spaß machen“, ist eine seiner Leitlinien. Für Überraschungen sorgen und dadurch anderen eine Chance bieten, ist eine weitere.
Mit Bildern, Tönen und Beispielen
Fred Colantonio ist ein Mann der modernen Kommunikation. Er arbeitet mit Bildern und Klängen, um seine Ideen zu veranschaulichen. Das erste Porträt auf der Leinwand ist Albert Einstein, der 1921 den Nobelpreis der Physik bekam. Er sei in der Schule als kontaktscheu und „langsam im Denken“ bezeichnet worden. „Irgendjemand hat es fertiggebracht, seine Fähigkeiten aus ihm herauszukitzeln“, so der Redner.
Sein zweites Beispiel ist der amerikanische Basketballspieler Michael Jordan. Er sei anfangs nicht gut genug für die Schulmannschaft gewesen, hatte der Coach befunden. Diese Zurücksetzung habe den jungen Mann herausgefordert und seinerzeit zum Star gemacht.
Das dritte Beispiel ist Ludwig van Beethoven. Er wurde mit knapp 30 Jahren taub und hat dennoch erst danach den größten Teil seines musikalischen Werkes geschrieben. „Ich weiß noch, wie die Noten klingen“, soll er gesagt haben.
„Talent und höchste Fähigkeiten sind keine Sache der Gene, sie werden nicht angeboren, sondern gefördert“, lautet Colantonios Schlussfolgerung, nachdem er viele Biografien unterschiedlicher Menschen studiert hat. „Es gibt keine DNA des Verbrechers“, weiß der studierte Kriminologe. „Es gibt auch keine DNA des Erfolges“, hat ihn seine Weiterbildung gelehrt. Obwohl die Referenz auf Metallica diese Behauptung leicht widerlegt. Die Lieblingsband des Talentcoaches steht schon seit 40 Jahren auf der Bühne. „Man muss sich ein starkes Symbol aussuchen, und das Ziel nicht aus den Augen verlieren“, sagt Colantonio dazu.
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