/ Überlebenskampf auf dem Kirchberg: Zweite Staffel von „Bad Banks“ wird derzeit in Luxemburg gedreht
In der zweiten Staffel der Erfolgsserie „Bad Banks“ sollen die Figuren noch dunkler werden. Thematisch will man weg vom Investment-Banking und hin zur Start-up-Branche. Und auch wenn über 50 Prozent der Drehtage in Luxemburg stattfinden, wird es weniger Nation-Branding-Aufnahmen der Altstadt geben. Wir haben die Produzenten und Schauspieler getroffen und uns mit ihnen über Auszeichnungen, Erwartungsdruck und die Entwicklung der Figuren unterhalten.
2003 veröffentlichte Modest Mouse eine geniale Platte mit dem ebenso genialen Namen „Good News for People Who Love Bad News“. Die Macher von „Bad Banks“ haben sich dieser Anti-Fortune-Cookie-Weisheit scheinbar angenommen: Wem die Figuren in der ersten Staffel von „Bad Banks“ noch zu sympathisch waren – sprich für wen die Serienwelt noch nicht ausreichend von Weirdos, Psychopathen und skrupellosen Arschlöchern gepflastert war –, der kann aufatmen: Für die zweite Staffel sollen die Pathologien der einzelnen Figuren – man erinnere sich an Adam Pohls Verletzungen, an Thao Hoangs Privatleben als Stalkerin – noch ausgeprägter sein.
Die Story knüpft da an, wo die erste Staffel aufhörte: Die Krise, in die Jana Liekam und Christelle Leblanc das Bankenwesen getrieben haben, ist einigermaßen überstanden, man will die Aktionäre immer noch bereichern, nur gehört das Investment-Banking im schnelllebigen Bankenwesen bereits zur alten Garde, weswegen man jetzt auf die jungen kostümierten Wilden setzt, die via Start-ups und Fintechs die Finanzwelt (ergo: die Welt) beherrschen wollen. Diese werden in einen sogenannten Inkubator gesetzt, wo sie gemeinsam Ideen entwickeln sollen. „Es wird sich vieles in diesen virtuellen Blasen abspielen. Und die Figuren müssen lernen, dass diese virtuellen Handlungen auch Folgen in der Wirklichkeit haben“, so Co-Produzent Nicolas Steil (Iris Productions). Wie Lisa Blumenberg (die Co-Produzentin der deutschen Firma Letterbox) meint, ist die kommende Staffel wieder sehr nahe am Puls der Zeit, weil im Bankenwesen mittlerweile die alten Banker den agilen Jungen in einer noch abstrakteren Welt entgegenstehen.
Dieser Schwerpunkt steht in einer gewissen Kontinuität zur ersten Staffel: Auch da wurden skrupellose Banker schnell zu passiven, virtuellen Kriminellen, die viel zu selten in der realen Welt sanktioniert werden. Diese Virtualisierung hat aber auch Konsequenzen für die bereits vertrauten Figuren: Der Druck der Arbeitswelt steigert sich und die unterdrückten Triebe prallen in sehr unschöner Form aufeinander.
Vom Investment-Banking zu Start-ups
Aber nicht nur für die Figuren der Serie steigt der Druck: „Eine der größten Herausforderungen ist es wohl, dem Erfolg und den Auszeichnungen (diese Woche noch sahnte „Bad Banks“ beim deutschen Grimme-Preis ab) gerecht zu werden und die Erwartungen nicht zu enttäuschen“, so Nicolas Steil.
„Zudem müssen die Serien heutzutage Kino auf den Fernsehschirm bringen“ – mit dem rezenten Erfolg der Fernsehserien kommt auch eine ästhetische Verantwortung einher. Mit 10 Millionen Budget und einem neuen Regisseur an Bord könnte man diesen Herausforderungen aber gerecht werden. Christian Zübert tritt in die Fußstapfen von Christian Schwochow, der seinerseits termintechnisch mit dem Dreh von der Serie „The Crown“ ausgelastet war. „Zübert hat eine beeindruckende Kontrolle über sein Plateau, auf dem verschiedene Units arbeiten – im Allgemeinen wird sehr viel Material gedreht“, erklärt Steil. Lisa Blumenberg schätzt die Vielfältigkeit von Zübert, der von emotional geladenen Filmen bis hin zur schwarzen Komödie „Arthurs Gesetz“ eine sehr breit gefächerte stilistische Erfahrung an den Tag legt. Paula Beer erwähnt vor allem Züberts Energie, die es der Schauspielerin erlaubt hat, nach zwei Jahren wieder zu ihrer Figur zurückzufinden.
Eine noch dunklere Weltansicht
Unter Züberts Regie sollen die Figuren wie bereits angedeutet noch stärker ihren negativen Neigungen verfallen: Christelle Leblanc, so Nicolas Steil, soll beispielsweise noch fieser werden. Für die Schauspieler riskiert es, etwas deprimierend zu sein, in einer Serie zu spielen, deren Weltansicht einem puren sozio finanziellen Darwinismus frönt. „Es bestätigt vor allem vieles, was ich mir bereits dachte. Dass die Menschheit sie nicht mehr alle hat. Dass das, was wir der Welt und unseren Mitmenschen antun, untragbar geworden ist“, meint Schauspielerin Désirée Nosbusch, die unter den schillernden grauen Haaren plötzlich melancholisch dreinschaut – ganz im Kontrast zum unterkühlten Blick, der ihrer Figur Chris telle Leblanc anhaftet. „Bad Banks“ hält einem einen unschönen Spiegel vors Gesicht.
Weiter erklärt Désirée Nosbusch, es wäre überaus spannend, eine Figur zu verkörpern, die so entfernt von ihrer Privatperson ist wie nur möglich. Dazu, dass sie zu einer der beiden weiblichen Hauptfiguren in einem männerdominierten Milieu gehört (und das gilt wohl sowohl für das Banker-Milieu als auch für die Filmbranche), meint sie: „Vor zehn Jahren hätte man diese Rollen noch mit zwei Männern besetzt. In der ersten Staffel war es vielleicht noch relevanter, diese Spezifität der weiblichen Besatzung herauszuschälen. In der zweiten spielt dies aber keine Rolle mehr. Die wesentliche Frage ist hier: Wer überlebt? Und wie?“
Kurz vor dem Gespräch mit Désirée Nosbusch ging der offizielle Presse-Filmdreh-Tag in seine Speed-Interview-Runde. In den Interviews setzen sich Paula Beer und Albrecht Abraham Schuch mit der Entwicklung ihrer Figuren auseinander. Am Ende der ersten Staffel schließen Adam Pohl, Jana Liekam und Thao Hoang eine Zweckgemeinschaft, die an Hobbes „Leviathan“ erinnert: Die drei tun sich nicht aus Sympathie, sondern aus gemeinsamen Interessen zusammen und man spürt, dass, wenn diese einmal verschwinden sollten, die Gemeinschaft zerbröseln wird. „Diese Interessengemeinschaft entwickelt sich später zu einer traurigen Freundschaft. Die drei haben keine anderen Bezugspersonen. Es erinnert an die Einsamkeit von Leistungssportlern. Die Figuren von ,Bad Banks‘ sind an Unis groß geworden, in denen sie zu Beginn nicht mehr als eine Nummer, ein Produkt waren. Und dieser Wettbewerbsgedanke macht alle zu sehr einsamen Menschen“, so Albrecht Abraham Schuch (der Adam Pohl in der Serie spielt). „In der zweiten Staffel stellt sich die Frage, wie weit die Loyalität in diesem Berufspakt wirklich getragen werden kann. Denn man merkt eigentlich schnell, dass die Idee des Paktes nicht so ganz aufgeht“, erklärt Paula Beer.
Sozial-Darwinismus in vollendeter Form
Die Verkörperung von Jana Liekam, einer (ziemlich skrupellosen) Bankerin, fand die junge Schauspielerin recht faszinierend – und das mangelnde A-priori-Fachwissen störte sie eigentlich kaum: „Ich finde es wichtig, dass man sich in die Emotionalität einer Figur hineinarbeitet und versteht, wieso z.B. Jana diesen Job macht. Ich muss dann auch nicht fachlich genau wissen, was sie macht – die Intentionen, den Antrieb, den muss man schon verstehen, um die Atmosphäre zu begreifen. In der ersten Staffel war es trotzdem eine Herausforderung, weil man sich erst mal denkt, Investment-Banking wäre so ein Nischenberuf, mit dem man wenig zu tun habe – zum Lehrerberuf hat man beispielsweise eine viel größere Verbindung. Da war es überaus spannend, Leute aus dem Investment-Banking – und jetzt bei der zweiten Staffel Leute, die vom Investment-Banking zu Start-ups gewechselt sind – kennenzulernen und zu erfahren, was die eigentlich berufstechnisch machen.“
Und irgendwie muss das „Bad Banks“-Ambiente, dessen Credo ja ganz deutlich Darwins „Survival of the fittest“ ist, auch auf die vorhandenen Journalisten abgefärbt haben, die sich mit (metaphorischen) Ellenbogen um die Aufmerksamkeit der Schauspieler stritten. Dabei halfen natürlich auch die Fünf-Minuten-Slots, die sich jeweils zwei Presseorgane teilen mussten, kaum. Ein selbsternannter Cinephile fragte Paula Beer nach ihrer Gesangskarriere im Friedrichstadt-Palast, eine Schauspielerin erteilte einem Kameramann Belichtungslektionen – und ein Mastodon fegte die anderen Journalisten aus dem Weg mit einer Selbstverständlichkeit, die in umgekehrten Verhältnis zum Niveau der Fragen stand.
Globalisierte (Finanz-)Welt
Es ist dies aber nicht der einzige fiktionale Ansteckungseffekt, den man beobachten kann. Der Besuch eines Filmdrehs hat stets diesen besonderen Moment, in dem man in der Wirklichkeit eine Schwelle übertritt und in den Requisiten der Fiktionswelt landet. Im „European Convention Center Luxembourg“ ist diese Grenzüberschreitung etwas flüssiger als sonst, weil man hier einfach in der „Cantine des ministres“ eines der „Back Offices“ der Global Invest (die Bank, die im Zentrum der Serie steht) hingepflanzt hat – so sieht das Set mit seinem blauen Fliesenteppich aus wie ein weiteres dieser Bürogebäude, die auf dem Kirchberg oder auch sonst in der Hauptstadt die architektonische Monotonie und die dekorative Einfallslosigkeit der zeitgenössischen Arbeitswelt widerspiegeln.
Andere luxemburgische Drehorte, so Nicolas Steil, sind auf Belval und im Freeport: Beide Orte bilden zusammen den Inkubator, der in der Serie aber in Berlin stehen soll. Das Verwischen der Grenzen und die Internationalisierung sorgen für weniger Lokalkolorit.
„Das spiegelt die Internationalisierung des Bankenwesens und der luxemburgischen Gesellschaft. Die Umwelt der zweiten Staffel ist weniger idiosynkratisch – dies gilt sowohl für Luxemburg als auch für Frankfurt. Es gibt im Allgemeinen eine größere Zuwendung zur Innenwelt – der Figuren und des Bankenwesens.“
„Bad Banks“ ist aber auch ein Zeichen eines relativ rezenten luxemburgischen Film-Booms, der sich (zumindest momentan) hauptsächlich in Deutschland bemerkbar macht. Nicolas Steil erklärt dies dadurch, dass für Frankreich das für die luxemburgische Förderung adoptierte Punktesystem nicht mehr attraktiv genug war: „Frankreich selbst wurde durch regionale Förderung und die Regulierung bezüglich des Tax Shelters viel interessanter, sodass französische Filmemacher anfingen, luxemburgische Koproduktionen zu scheuen und das meiste in Frankreich und einiges in Belgien zu drehen, wo die Regeln rein wirtschaftlicher Natur sind – bei uns gab es Verpflichtungen, wie z.B. diejenige, 50 Prozent des Drehs und der Postproduktion in Luxemburg zu tätigen. Da ist das deutsche System kompatibler mit dem luxemburgischen. Unser neues System, das ‚One to One‘, bietet mehr Flexibilität: Es gibt keine Obligation mehr, 50 Prozent der Drehtage oder 50 Prozent der Postproduktion nach Luxemburg zu verlagern. Man kann das jetzt viel leichter anpassen und beispielsweise weniger in Luxemburg drehen, dann aber mehr von der Postproduktion hierzulande bewältigen oder im Gegenzug mehr hiesige Schauspieler einstellen. So hoffen wir (vor allem für unsere frankofonen Schauspieler), dass wir wieder vermehrt Koproduktionen aus Frankreich haben werden.“
Apropos neue Schauspieler: Neben luxemburgischen Neueinstellungen (u.a. Elisabet Johannesdottir, Pascale Noé Adam und Fabienne Hollwege) wird es auch eine wichtige neue Figur geben, die mit einer fast schön ökologischen Weltsicht den Finanzhaien die Stirn bietet – und der Jana Liekam verfallen wird. Aber dazu mehr in der zweiten Staffel, die, wenn alles nach Plan läuft, in etwa einem Jahr anlaufen soll.
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„Investmentbanker,Spekulanten,Hedgefondmanager..die Eiterpickel am Gesäß des Kapitalismus.“ ( Volker Pispers- Kabarettist)
Die Serie ist gut gemacht und spielt das Bankenleben sehr realistisch nach und Luxemburg als Drehort ist Ideal, denn als Bankenplatz und ehemalige Enklave für Panama Papers, Off Shore Vermittler und Domizil Briefkasten Firmen hat man doch hier den idealen Hintergrund für eine solche Serie.
Als ehemaliger Broker würde ich gerne mitspielen aus lauter Freude an der Art des brisanten Themas.