Parteikongress / Ukraine, Doppelspitze und Seitenhiebe: Die LSAP läuft sich für den Wahlkampf warm
Francine Closener und Dan Biancalana bilden die neue LSAP-Doppelspitze. Das haben die Sozialisten am Samstag auf ihrem Landeskongress entschieden. Doch die Veranstaltung schien für die Partei auch den Wahlkampf 2023 anzukündigen. Die LSAP wolle sich in Zukunft vor allem auf Wohnungsbau, Arbeit, Gesundheit, Bildung und den Kampf gegen die Klimakrise konzentrieren.
Das Super-Wahljahr 2023 ist am Horizont zu erkennen – das scheint auch die LSAP zu wissen. Die Sozialisten haben während des Landeskongresses nämlich nicht nur die neue Doppelspitze Dan Biancalana und Francine Closener gewählt. Die LSAP hat sich am Samstagmorgen in Vianden schon für den Wahlkampf 2023 warmgelaufen.
Historische Doppelspitze
Die LSAP hat während des Kongresses die erste Doppelspitze in der Geschichte der Partei gewählt: Die beiden Abgeordneten Dan Biancalana und Francine Closener führen die sozialistische Partei nun als Parteivorsitzende. Closener und Biancalana kandidierten ohne Opposition für die Posten. Closener erhielt 265 von 288 Stimmen, Biancalana 277 von 289.
Eines der Hauptthemen des vierstündigen Kongresses war allerdings der Ukraine-Krieg. „Wir sind solidarisch mit der Ukraine und verurteilen die russischen Aggressionen auf das Allerschärfste“, sagte der neue Co-Parteivorsitzende Dan Biancalana. Der Abgeordnete dankte in seiner Rede auch Außenminister Jean Asselborn für seinen Umgang mit dem Ukraine-Krieg. „Du repräsentierst mal wieder die Werte, für die die LSAP steht: Toleranz, Solidarität und das Herz am richtigen Fleck“, so der Parteivorsitzende. „Dies sind Werte, für die er sich nicht zu entschuldigen braucht – jeder Politiker, der diese Werte nicht teilt, sollte sich schämen.“ Asselborn sorgte zuletzt für Schlagzeilen, als er in einem Radio-Interview von einer „physischen Eliminierung“ als einzigen Ausweg aus dem Krieg sprach, und hat seitdem den Fehler dieser Wortwahl eingestanden.
Keine No-Fly-Zone der NATO
Wurde alles unternommen, um den Krieg zu verhindern? – Ja, meint Außenminister Jean Asselborn während seiner Rede. „Ich war dabei, als die Europäische Union und die NATO versucht haben, Russland an den Tisch zu bekommen, um über die europäische Sicherheitsarchitektur zu diskutieren“, sagte Asselborn. Die NATO sei bereit zur Abrüstung gewesen. „Doch Putins Antwort ist Krieg“, so Asselborn. Der Konflikt sei mittlerweile nicht mehr mit diplomatischen Mitteln zu stoppen.
Ein Ende des Krieges sei momentan nur schwer erkennbar. „Niemand weiß, wo dieser Krieg aufhört, ob sich Putin mit der ganzen Ukraine begnügt oder ob es darüber hinausgeht“, sagte Asselborn. Die Forderung, dass die NATO eine No-Fly-Zone errichten soll, ließ Asselborn nicht gelten. Wenn die NATO dies tun würde, dann wäre das ein Krieg zwischen der NATO und Russland. „Mit allen Konsequenzen, die das beinhaltet“, sagte Asselborn. Dazu gehöre auch der Einsatz von Atomwaffen.
Bis jetzt seien 1,2 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. „Wir als Luxemburg akzeptieren alle Menschen – bei uns existiert eine große Solidaritätsbewegung und wir sind dabei, das alles zu koordinieren“, sagte Asselborn. „Diejenigen, die arbeiten wollen, können arbeiten und Kinder müssen natürlich zur Schule gehen – wir sind dabei, das alles zu organisieren“, sagte Asselborn. Deshalb sei es wichtig, dass alle Flüchtenden sich bei der Regierung anmelden.
Biancalana verteilt Seitenhiebe …
Der neue Co-Vorsitzende Dan Biancalana verteilte während seiner 30-minütigen Rede dann auch ein paar politische Seitenhiebe an die anderen luxemburgischen Parteien. „Wo andere Parteien – wie die ADR – versuchen, die Gesellschaft zu spalten, und bewusst manipulativ mit Ängsten arbeiten, dort halten wir die Solidarität hoch“, sagte der Co-Vorsitzende. Auch die CSV musste Kritik ernten. In der LSAP gebe es zwar unterschiedliche Meinungen, aber die Partei spreche mit einer Stimme – nicht so wie die CSV. „Der wirtschaftsliberale Flügel hat dort schon lange den christlich-sozialen auf der rechten Seite überholt“, sagte Biancalana.
Doch Biancalana bereitete den kommenden Wahlkampf nicht nur mit Kritik an den Oppositionsparteien vor. Auch die anderen Regierungsparteien mussten einstecken. „Mit der LSAP wird es keine Privatisierung der öffentlichen Schulen geben“, sagte Biancalana. Bildungsminister Claude Meisch (DP) würde hingegen gerne mit solchen „Tendenzen liebäugeln“. Nur eine starke öffentliche Schule könne die Herausforderungen der sozialen Gerechtigkeit angehen.
Ein weiteres Thema, das mehrmals angesprochen wurde, war die Wohnungskrise. „Pflaster reichen nicht mehr aus“, sagte Biancalana. Wohnungsbauminister Henri Kox („déi gréng“) sei sicherlich bemüht, aber man müsse in dieser Thematik weiter gehen.
… und lobt die LSAP-Minister
LSAP-Innenministerin Taina Bofferding habe es hingegen geschafft, den Gemeinden mit dem Artikel 29 des „Pacte Logement“ zu ermöglichen, mehr erschwinglichen Wohnraum zu schaffen. Der Co-Vorsitzende hat auch LSAP-Wirtschaftsminister Franz Fayot und Gesundheitsministerin Paulette Lenert für ihren Umgang mit der Pandemie gelobt. Biancalana erwähnte auch den neuen Arbeitsminister Goerges Engel. Der LSAP-Abgeordnete würde sich der Thematik der Arbeitszeitverkürzung annehmen. „Und er hat schon klargemacht, dass die 40-Stunden-Woche nicht mehr zeitgemäß ist“, sagte Biancalana.
Zum Schluss seiner Rede bat Dan Biancalana dann auch seine Co-Vorsitzende Francine Closener auf die Bühne, die noch einmal die wichtigsten Punkte der Partei zusammenfasste. „Wir werden uns voll für die fünf Prioritäten einsetzen, die für die Zukunft unseres Landes wichtig sind: Wohnungsbau, Arbeit, Gesundheit, Bildung und der Kampf gegen die Klimakrise“, so Closener.
Das Ausarbeiten eines konkreten Wahlprogramms ist laut Dan Biancalana die absolute Priorität für 2022 und die Arbeitsgruppen seien schon am Vorbereiten der Schwerpunkte.
„Wir haben die Situation unterschätzt“
„Es ist mir noch nie so schwergefallen, die richtigen Worte zu finden“, begann Paulette Lenert ihre Rede am Samstag mit dem Thema Ukraine-Krieg. „Während wir hier sitzen, leben abertausende Menschen in Angst.“ In so einem Moment erscheine plötzlich alles nebensächlich, was man sagen wolle. „Wir haben die Situation unterschätzt und haben auch zu lange zugeschaut“, bedauerte Lenert.
Die Gesundheitsministerin lobte hingegen den Umgang der Regierung insgesamt mit der Pandemie. Luxemburg habe es dank Impfungen und dem Verständnis der Bevölkerung geschafft, das Schlimmste zu vermeiden. Trotzdem: „Auch wenn wir während zwei Jahren gewohnt waren, in unserer Freiheit eingeschränkt zu sein, ist das alles andere als normal“, sagte Lenert. Man merke allerdings, dass diese Situation für viele Menschen fast schon zur Normalität geworden ist. „Und das sollte uns zu denken geben“, so Lenert.
Luxemburg habe in der Pandemie den „demokratischen Weg“ gesucht, um die eingeführten Einschränkungen „durch das Parlament zu bringen“. „Das hat sehr viel Kraft gekostet“, sagte die Gesundheitsministerin. Luxemburg benötige einen starken Sozialstaat. „Solidarität ist eine Sache, aber damit das funktioniert, müssen wir es organisieren und finanzieren.“
Die Anwesenden schenkten der Gesundheitsministerin nach der Rede über eine Minute Applaus.
Beifall ernteten auch Ex-Landwirtschaftsminister Romain Schneider und Ex-Arbeitsminister Dan Kersch, die mehrmals für ihre Arbeit in der Regierung gelobt wurden. Kersch beendete seine Rede hingegen mit einem optimistischen Blick auf die Zukunft: „In zwei Jahren werden wir die stärkste Partei hier im Land sein – und wir werden die nächste Premierministerin stellen.“ – Paulette Lenert stand dabei lächelnd hinter ihm.
Fünf Frauen und fünf Männer wurden ins neue Vorstandkomitee gewählt:
Simone Asselborn-Bintz
Lisa Kersch
Maxime Miltgen
Nathalie Schmit
Claudia Dall’Agnol
Max Leners
Carlo Feiereisen
Amir Vesali
Régis Moes
Georges Sold
In die Kontrollkommission wurden gewählt:
Simone Adams
Marie-Josée Jaerling
Joëlle Pizzaferri
Monique Erpelding
Jean-Pierre Klein
Emanuel Kamura
Romain Gantrel
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Da loost den Asselborn awer net mei‘ untrieden. Deen huet ons bis elo genuch blamei’ert.