Verbraucherschutz / ULC bekommt neue Direktorin: Juristin Aline Rosenbaum soll ab Januar übernehmen
Am Donnerstag stellte die Luxemburger Verbraucherschutzorganisation ULC auf einer Pressekonferenz einige Themen vor, die ihr besonders am Herzen liegen. Kernthema war die Kaufkraft der Verbraucher. Zudem wurden einige personelle Änderungen angekündigt. Neue Direktorin wird ab Januar die hausinterne Juristin Aline Rosenbaum.
Bei der Luxemburger Verbraucherschutzorganisation stehen einige personelle Wechsel an, wie Präsident Nico Hoffmann am Donnerstag vor versammelter Presse mitteilte. Direktor Guy Goedert wird nach 41 Dienstjahren am 1. Januar in Rente gehen und von der Juristin Aline Rosenbaum ersetzt werden. Auch der Verantwortliche für die Publikationen, Jean Feyereisen, werde sich ab nächstem Jahr, nach 36 Jahren Dienst, zurückziehen. Aline Rosenbaum ist zudem Mitglied der Mediationsinstanz „Commission luxembourgeoise des litiges de voyages“ und arbeitet eng mit den ULC-Beratern in Brüssel zusammen. Dort werden Positionen zu neuen Gesetzesprojekten in Bezug auf den Verbraucherschutz ausgearbeitet. Nico Hoffmann erinnerte daran, dass dies sein letztes Mandat als Präsident sei, das spätestens im Frühjahr 2025 auslaufe.
Hoffmann nannte einige wichtige Zahlen aus der Rechtsabteilung des „Konsumenteschutz“. 27 Personen arbeiten demnach insgesamt bei der ULC. In der Rechtsabteilung seien fünf Juristen und zehn Berater eingestellt. Im vergangenen Jahr seien in dieser Abteilung 45.900 Telefonanrufe und knapp 12.000 E-Mails eingegangen. „Das ist ein enormer Arbeitsaufwand“, sagte Hoffmann. 2021 seien zudem 4.700 neue Dossiers angelegt worden. Davon seien über 1.100 aus dem Bausektor und über 1.400 aus dem Wohnungswesen, insbesondere in Bezug auf Mietverträge. Diese zwei Kategorien würden 53 Prozent aller Dossiers ausmachen, betonte der Präsident. In diesem Jahr wurden bis Ende November 4.248 neue Dossiers angelegt. Ähnlich wie im Vorjahr würden 54 Prozent dieser Dossiers den Bausektor und das Wohnungswesen betreffen.
Für uns ist es wichtig, dass das Index-System erhalten bleibt, um die Inflation in etwa zu kompensierenULC-Präsident
Daneben haben 1.726 Terminberatungen am Sitz der ULC stattgefunden, bei denen nur 51 Dossiers an die Anwälte weitergegeben werden mussten. Hoffmann bewertete dies als ein positives Zeichen. Die technischen Experten führten 979 Gutachten bei den Verbrauchern zu Hause durch und weitere 870 Personen haben ULC-Steuerexperten um Rat gefragt.
Gebühren bei Banken und Post
ULC-Direktor Nico Hoffmann griff einige Themenschwerpunkte auf, die dem Verbraucherschutz besonders wichtig seien. Das sei in erster Linie die Kaufkraft der Verbraucher, insbesondere in diesen „kritischen Zeiten, geprägt von der Pandemie und vom Ukraine-Krieg“. Momentan liege die Inflation bei rund 6 Prozent und laut ULC-Statistik würden 20 Prozent der Haushalte in Luxemburg unter der Armutsgrenze leben. Der Anstieg bei den Energiepreisen, Lebensmitteln und Bankzinsen auf Anleihen betreffe nicht nur Menschen mit kleinen Einkommen, sondern reiche weit bis in die Mittelschicht hinein. Zwar begrüße die ULC die Tripartite-Maßnahmen, doch wisse man nicht, ob dies ausreiche. „Für uns ist es wichtig, dass das Index-System erhalten bleibt, um die Inflation in etwa zu kompensieren“, sagte Hoffmann. Gut sei, dass ab Januar der Mindestlohn um 3,4 und die Renten um 2,2 Prozent steigen würden.
Leider gebe es stets sogenannte Profiteure, die die schwierige Situation ausnutzen würden, um zusätzliche Gewinne einzufahren. Bei diesen Margen bestehe keinerlei Transparenz. Deshalb fordert die ULC eine absolute Transparenz in der Preispolitik. „Wer kontrolliert, ob die Absenkung der Mehrwertsteuer auch richtig angewendet wird?“, fragte Hoffmann. Der ULC-Präsident bedauerte, dass man angesichts des jüngst vorgestellten Staatsbudgets nicht mindestens an der einen oder anderen Steuerschraube gedreht habe, um ein wenig mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Die Steuerklassen 1 und 1A seien überproportional belastet.
Es ist unsozial und ungerecht, dass der Kunde Gebühren zahlen muss, um an sein eigenes Geld zu kommenULC-Präsident
Erneute Kritik äußerte Nico Hoffmann an den „horrenden Gebühren“ bei Banken und Post sowie den Filialschließungen. Insbesondere der Post und „Spuerkeess“, die zu hundert Prozent dem Staat gehören, galt die Kritik. Gebühren für Bürger über 65 Jahre und für vulnerable Menschen bei den täglichen Operationen sollten wegfallen oder zumindest stark reduziert werden, so der Präsident. Die europäische Direktive dazu sehe vor, dass verschiedene Operationen am Schalter gratis beziehungsweise stark reduziert angeboten werden müssten. Doch diese Direktive sei in Luxemburg noch nicht umgesetzt worden. „Es ist unsozial und ungerecht, dass der Kunde Gebühren zahlen muss, um an sein eigenes Geld zu kommen“, monierte Hoffmann.
Abschaffung des Bargeldes
Der ULC-Präsident äußerte Kritik daran, dass manche Geschäfte Zahlungen in bar ablehnen würden. Ein Gesetz aus dem Jahr 2017 besage, dass man sich im Falle einer Verweigerung, Bargeld anzunehmen, strafbar mache. In diesem Zusammenhang warnte Hoffmann vor der Abschaffung und der Verweigerung von Bargeld. „Sonst bekommen die Banken noch mehr Macht und der Mensch wird zum gläsernen Bürger und ist einer permanenten Kontrolle ausgesetzt“, sagte der Präsident. Er nennt es „einen Schritt in die moderne Sklaverei“. Bargeld garantiere immer noch eine gewisse Privatsphäre.
Ein weiteres Anliegen des „Konsumenteschutz“ ist das Gesetzesprojekt über die Sammelklagen. Dieses liege seit August 2020 bei den Abgeordneten. Eine EU-Direktive sehe vor, dieses Gesetz bis zum 25. Dezember 2022 in die nationale Rechtsgebung einzugliedern. Doch bis zu dem Datum werde dies nicht mehr möglich sein, da noch einige Etappen auf dem Instanzenweg anstehen würden. Hoffmann nannte als Beispiel den VW-Skandal bei Dieselmotoren.
Sonst bekommen die Banken noch mehr Macht und der Mensch wird zum gläsernen Bürger und ist einer permanenten Kontrolle ausgesetztULC-Präsident
Hoffmann machte auf die Situation in Alten- und Pflegeheimen aufmerksam. Er begrüßte einerseits, dass die Tripartite-Maßnahmen vorsehen, keine energiebedingte Anhebung der Pensionskosten zu erlauben. Die nächsten Indextranchen würden dazu führen, dass die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen weniger Geld zur Verfügung haben. Dies sei dadurch bedingt, dass im Durchschnitt die Rente niedriger sei als der Pensionspreis. Wenn beides durch den Index um 2,5 Prozent angehoben werde, würden die Pensionskosten verhältnismäßig mehr zunehmen als das Einkommen durch die Rente, erklärte der ULC-Präsident. Es sei entwürdigend, sich im höheren Alter an den Solidaritätsfonds wenden zu müssen, um Subventionen zu bekommen. Eine größere Transparenz in der Preispolitik jener Strukturen sollte gesetzlich verpflichtend gemacht werden, so Hoffmann. Auf dieses von der zuständigen Ministerin versprochenes Gesetz warte man allerdings noch immer vergebens.
In den vergangenen Wochen hat die ULC in Hinblick auf die Wahlen im Oktober 2023 ihren Forderungskatalog aufgesetzt und die Parteien für Gespräche angeschrieben. In einem weiteren Schritt wird der „Konsumenteschutz“ der Öffentlichkeit mitteilen, was die einzelnen Parteien bereit sein werden, für den Schutz der Verbraucher in ihr Wahlprogramm aufzunehmen.
Nico Hoffmann kündigte an, dass der seit fünf Jahren unveränderte Jahresbeitrag der ULC ab nächstem Jahr von 70 auf 80 Euro angehoben werden muss. Dies sei unter anderem auf die steigende Inflation zurückzuführen.
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