Unternehmerische Sorgfaltspflicht / Umfrage: Wirtschaft darf nicht nur Business sein
Die „Initiative pour un devoir de vigilance“ (IDV) fordert längst, dass in Luxemburg ansässige Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht in Sachen Menschenrechte, Klima- und Umweltrechte in ihren Lieferketten nachkommen müssen. Die Politik müsse dafür den gesetzlichen Rahmen stellen. Das sieht auch die Bevölkerung so.
Das Ergebnis hätte nicht eindeutiger ausfallen können, teilte die IDV mit, eine Plattform, zu der sich 17 Organisationen zusammengeschlossen haben: 87 Prozent der Einwohner Luxemburgs möchten, dass die Regierung die entsprechenden internationalen Verpflichtungen einhält und die Standards zu Menschenrechten, Klima und Umwelt gewährleistet, ergab eine Ilres-Umfrage im Auftrag der Initiative.
Darüber hinaus sind neun von zehn Befragten der Meinung, dass es Transparenz über die politischen Verpflichtungen auf EU-Ebene in diesem Bereich geben muss. Es komme nun darauf an, dass die Regierung in der Endphase der entsprechenden Verabschiedung der EU und ihrer Umsetzung in nationales Recht tätig wird, hieß es in einer Pressemitteilung.
Der 2021 unterzeichnete „Nationale Pakt für Wirtschaft und Menschenrechte“ sollte dafür sorgen, dass die UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte in Form von konkreten Maßnahmen umgesetzt werden. Doch der Pakt blieb hinter den Lieferkettengesetzen von Deutschland und Frankreich zurück: Während dort rechtlich bindende Standards eingeführt wurden, handelte es sich hierzulande nur um eine Selbstverpflichtung auf freiwilliger Basis.
Die vorherige Regierung zog eine Lösung auf EU-Ebene vor. Gegenüber einem eigenen luxemburgischen Lieferkettengesetz hatte sie Vorbehalte – obwohl das Großherzogtum im Oktober 2022 zum Mitglied des UN-Menschenrechtsrats gewählt worden war. Und obwohl sich die Regierung für die Angleichung an die internationalen Normen ausgesprochen hatte, begab sie sich in Widerspruch zu diesen: indem sie sich etwa gegen die Einbeziehung von Investmentfonds in den Bereich der Sorgfaltspflicht aussprach.
Menschenrechte in die DNA der Wirtschaft!
Jean-Louis Zeien betonte bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse diese Woche einmal mehr: „Beim Business muss es auch um Menschenrechte, Klima und Umwelt gehen.“ Der Co-Sprecher der IDV forderte: „Das muss zur DNA von Unternehmen sowie der gesamten Wirtschaftspolitik des luxemburgischen Staates im 21. Jahrhundert gehören.“ Das wäre nicht unbedingt mit vielen Kosten verbunden, so Zeien.
Während einige Länder auf EU-Ebene, zum Beispiel die Niederlande, ihre Positionen bei Verhandlungen in Brüssel öffentlich machten, so etwa im Fall der Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht, legte Luxemburg seine Karten nicht offen auf den Tisch, lautet der Vorwurf. Dies wünschen sich jedoch 90 Prozent der Befragten. Die IDV habe sich erst an die „Commission d’accès aux documents“ wenden müssen, um den gesamten Standpunkt der (vorherigen) Regierung zu erfahren. Eine solche Intransparenz müsse ein Ende haben, verlangt die Initiative.
Nach der aktuellen Ilres-Umfrage wollen 93 Prozent der Befragten zudem, dass die Opfer von Menschenrechtsverbrechen oder Verstößen gegen den Klima- und Umweltschutz weniger Hürden haben sollten, wenn sie vor Gericht gehen. Denn der Zugang zur Justiz in Fällen von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen sei für die Schwächsten, den Opfern unter anderem von Kinder- und Zwangsarbeit, nicht zuletzt wegen Prozesshindernissen und den hohen Kosten äußerst schwierig. Die IDV plädiert für eine zivilrechtliche Haftung für Schäden in der gesamten globalen Wertschöpfungskette eines Unternehmens, die Umkehr der Beweislast zugunsten der Opfer von Menschenrechtsverletzungen, die Möglichkeit von Sammelklagen für alle Opfer. Luxemburg müsse zeigen, dass es ein „wahres“ Mitglied des UN-Menschenrechtsrates ist.
Eine ähnlich hohe Zahl – 89 Prozent – der Befragten sind der Meinung, dass öffentliche oder halbstaatliche Unternehmen eine Vorbildfunktion einnehmen müssen. Außerdem sollten die Aktivitäten der Unternehmen auch an den Zielen des Pariser Klimaabkommens von 2015 im Rahmen eines Gesetzes über die Nachhaltigkeit von Unternehmen ausgerichtet sein, befürworten 82 Prozent der Umfrageteilnehmer.
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