Bitte einsteigen! / Umständlich, unmöglich, fantastisch: So erleben Grenzgänger das Pendeln mit Bus und Bahn
„Bitte einsteigen!“
So heißt unsere Artikelserie zum öffentlichen Personenverkehr in Luxemburg. Das Tageblatt beleuchtet mit Interviews, Selbsttests und Analysen alle denkbaren Aspekte des öffentlichen Transports, um herauszufinden, wie gut Bus, Zug und Co. im Großherzogtum funktionieren. Teil sieben betrachtet die Erfahrungen von Grenzgängern, die von Deutschland anreisen – und aufs Auto verzichten wollen.
Würde man die Verkehrsströme Luxemburgs aus großer Höhe visualisieren, entstünde wohl ein Bild, in dem ganz viel an ein gigantisches Herz erinnert, das mit jedem Schlag eine Unmenge Blutkörperchen durch die Verkehrsadern aufnimmt und dann wieder aus sich herauspumpt. Die Teilchen in diesem Bild, das sind natürlich die Grenzpendler – die jeden Tag nicht nur ihr eigenes Glück machen, sondern auch das Land entschieden im Puls des Wohlstands halten. Wir haben einige von ihnen nach ihren Erfahrungen gefragt.
218.200 Pendler kommen durchschnittlich pro Tag nach Luxemburg, haben die Statistiker von Statec für 2021 errechnet (wovon übrigens 212.300 klassische Arbeitnehmer sind). An einem durchschnittlichen Arbeitstag lassen sie die Zahl der im Land anwesenden Menschen um etwa 30 Prozent anwachsen – und abends wieder abschwellen. Dabei hat sich die Menge der Grenzpendler in den vergangenen zwei Dekaden mehr als verdoppelt: Noch im Jahr 2000 hat Statec nämlich nicht einmal 80.000 Pendler gezählt.
Dass diese Menschenströme natürlich auch eine Belastung für die Verkehrsadern sind, liegt auf der Hand: Wer einen besonderen Beleg braucht, findet ihn quasi täglich zur Rushhour – nicht nur, aber vor allem auf den Autobahnen aus und nach Frankreich – von da pendelt nämlich die (knapp nur relative) Mehrheit von 110.200 Menschen ins Land, während die Deutschen und Belgier (mittlerweile) relativ gleichauf liegen mit jeweils grob 50.000 Pendlern.
Der Ausbau des öffentlichen Transports durch neue Linien und Takte, wie sie auch in den Planwerken Modu 2.0 oder dem PNM 2035 beschrieben sind, insbesondere aber natürlich die Kostenlosigkeit des öffentlichen Transports in Luxemburg seit rund drei Jahren sowie die Tram sollten vielfältige Anreize sein für die Grenzpendler, auf die platzfressenden und darum stauanfälligen Privatautos zu verzichten.
„Manchmal ist es kompliziert“
Dazu kann zunächst einmal natürlich der gesamte Weg mit Bus oder Bahn zurückgelegt werden. So versucht es etwa Martin Schmitt, der in Deutschland in der Schweicher Gemeinde Fell wohnt und regelmäßig zur Klimaagentur auf den Kirchberg muss. Die 43 Kilometer legt er am liebsten mit dem Bus zurück, der grenzüberschreitenden Linie 301. „Das klappt teilweise sehr gut, und manchmal ist es sehr kompliziert“, erzählt er im Gespräch mit dem Tageblatt. Wenn alles gut klappt, braucht er rund 80 Minuten von Tür zu Tür. Mit dem Auto wären es rund 50 Minuten. Die „letzte Meile“ in Luxemburg legt er meistens zu Fuß zurück, er kann aber auch den Bus oder die Tram nehmen.
Das ist der Vorteil der besonders forcierten „Korridore“, die mehrere Linien oder sogar Verkehrsmittel bündeln und so einen schnellen Umstieg ermöglichen (und auch den schnellen Takt der Gefährte selbst). Manchmal fährt Schmitt auch mit dem Auto zur Grenze nach Mesenich. „Das geht aber nur, weil ich da sehr früh bin!“, sagt er, denn der dortige Park-and-Ride-Parkplatz sei, seiner Beobachtung nach, kurz nach 7 Uhr bereits restlos belegt. „Wenn das der Fall ist, fahre ich eben doch mit dem Auto auf den Kirchberg.“
Der Drummer und Musiklehrer Michael Stein wohnt eigentlich viel näher an Luxemburg, im grenznahen Tawern, und würde liebend gerne per öffentlichem Transport pendeln – doch es scheitert daran, dass er sein Auto nicht loswird, mit dem er zur Bahn anreisen müsste: Wie der P+R-Parkplatz auf dem Berg (Mesenich) sei auch der unten im Tal, im Ort Wasserbillig, meist hoffnungslos überfüllt – und im Rest des Ortes darf man aus naheliegenden Gründen nicht mehr länger als drei Stunden parken. Eine weitere Alternative wäre zwar Mertert, aber: „Wenn ich am Abend meinen Zug verpasse, was bei mir öfter vorkommen kann, muss ich eine ganze Stunde auf den nächsten warten, weil dazwischen nur noch eine Regionalbahn fährt, die in Mertert nicht hält.“
Damit würde sich die Fahrtzeit auf mehr als zwei Stunden ausdehnen – und das ist Stein einfach zu viel. Auch die umständliche Verkettung von Bussen wäre für ihn keine Alternative: So stünde morgens erst eine Busfahrt nach Konz-Mitte auf dem Programm, die Geld kostet, dann ein Fußweg zum Bahnhaltepunkt, wo schließlich für die letzten paar Kilometer bis zur Grenze nochmals ein anderes Ticket notwendig wäre, denn kostenlos ist dieser erst ab Wasserbillig – und Bus und Zug sind nicht in einem gemeinsamen Tarifverbund organisiert. „Ich würde sehr gerne mit dem Zug fahren“, ist Stein über die Situation frustriert – der an seinem Ziel in Bonneweg oft auch noch ins Parkhaus fahren muss.
Problem der letzten Meile
Dass die erste/letzte Meile und damit der Zugang zum öffentlichen Transport gerade im ländlichen Raum die Menschen von der Nutzung des öffentlichen Transports abhält, ist ein bekanntes Phänomen, weiß Martin Güdelhöfer. „Wenn ich sowieso schon im Auto sitze, dann fahre ich vielleicht lieber einfach die ganze Strecke“, sagt der Geograf und Regionalmanager, der im Rahmen des „Entwicklungskonzepts Oberes Moseltal“ daran arbeitet, wie man den deutsch-luxemburgischen Grenzraum voranbringen kann, indem man zum Beispiel Kommunen, regionale Akteure und staatliche Stellen zusammenbringt.
Ein wichtiges Konzept für die bessere Akzeptanz des öffentlichen Verkehrs sind für Güdelhöfer die „multimodalen Hubs“, also Umsteigepunkte, wo möglichst viele Verkehrsmittel angebunden sind und so der Umstieg erleichtert wird. Es gibt auch Ideen, andere Infrastruktur, wie zum Beispiel eine Kita, im Bereich eines solchen Hubs anzusiedeln. Möglichst viele solcher Hubs mit beispielsweise jeweils 30 bis 60 Autostellplätzen könnten dann auch den Druck von derzeit oft bereits überlasteten P+R-Parkplätzen nehmen – wobei ideal natürlich wäre, sie eher mit dem Fahrrad anzufahren. „Mittlerweile sind dank der E-Bikes ja schon ganz andere Distanzen überbrückbar als früher“, sagt der Planer. Dann bräuchte man eben eine Möglichkeit, die Räder sicher am Umstiegsplatz zu parken, vergleichbar mit den „M-Boxen“, wie man sie aus Luxemburg kennt.
Aber sogar für Menschen, die bereits recht zentral wohnen, kann das Pendeln nach Luxemburg per Zug zu aufreibend sein, wie eine Umfrage auf der Internetseite Reddit gezeigt hat: „Heutzutage fahre ich nur noch selten mit dem Bus von Trier nach Kirchberg, da das manchmal drei Stunden in Anspruch nimmt“, schreibt der User Metalz. Mit einigen Kollegen hat er nun Fahrgemeinschaften gebildet, was viel bequemer sei. Nach der langen Zeit, in der wegen Corona praktisch unbegrenzt im Homeoffice gearbeitet werden konnte, ohne Steuervorteile oder Rentenansprüche zu verlieren, sei der Verkehr inzwischen wieder „ziemlich schlimm“ geworden: Es wäre für alle Beteiligten deutlich angenehmer, wenn die entsprechend erlaubten Tage wieder auf ein vernünftiges Maß angehoben würden, appelliert der Reddit-User.
„Überrascht, wie die Zeit vergeht“
Ein weiterer Reddit-Nutzer pendelt täglich von Bollendorf nach Luxemburg mit öffentlichen Verkehrsmitteln, was fünf Minuten Fußweg, eine Stunde Busfahrt und zehn Minuten Tramfahrt beinhaltet – und der Reddit-User ist froh, nicht mit Auto zu fahren: „Während des Pendelns lese ich, meistens auf meinem Handy, oder entspanne mich einfach. Manchmal bin ich überrascht, wie schnell die Zeit vergeht.“ Und die Verkehrsmittel seien „meistens präzise“. Das Auto hätte für ihn nur Nachteile: „Der Weg dauert dann oft länger, die Ankunftszeit nicht zuverlässig. Das erzeugt Stress, und ich bin nicht sehr produktiv, wenn ich fahre. Nicht zuletzt kostet es Geld und belastet die Umwelt mehr!“
Die Userin MameDiouf ist drei Jahre lang mit dem Zug von Trier-Süd nach Contern gefahren: „Es war okay, aber trotzdem zeitaufwendig.“ Weil der Zug auch noch regelmäßig Verspätungen hatte, folgten Versuche mit dem Auto: „Als wir ständig in dem schrecklichen Verkehr feststeckten, zogen wir näher an Contern, aber auf die deutsche Seite. Das war okay, aber nicht ideal.“ Inzwischen hat MameDiouf Luxemburg den Rücken gekehrt – und glaubt: „Der Fachkräftemangel wird in den nächsten Jahren ein Thema für Luxemburg sein!“
Dass problematisches Pendeln für Luxemburg zum elementaren Problem werden könnte, ist eine Einschätzung, die auch Inhalt eines anderen Kommentars ist: „Wenn Luxemburg die Wohnungskrise nicht schnell in den Griff bekommt, wird es sehr schwierige Jahre vor sich haben“, schreibt „Brodrigues_Co“. Und weiter: „Qualifizierte Arbeitskräfte sind schwer zu finden, und sie wollen weder drei Stunden am Tag pendeln noch Pariser Preise für Wohnraum zahlen.“
„Bitte einsteigen!“
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Mat engem Eisebunner als Verkeïersminister,misst dach awer alles klappen!Weï gesoot,wann ech fir meng Zuchrees,ennerwee muss emsteigen,an daat alt emol zwemol,neen,daat ass nit daat Giëd vum Ee!
den Problem hun och Awunner déi keng uerdentlech Verbindungen hun. Als Beispill 1. 1/2 Stonn mam Bus an Tram oder Bus/Bus , mam Auto 40 Minuten a geparkt.
wie sollen denn Leute mit Kinder, Kita und Schule das alles umsetzen und das auch noch mit dem öffentlichen Transport und eventuell 2-3 umsteigen.
Der Öffentliche Transport ist nun mal kein gratis Taxi.