/ Unikate, die Freude bereiten – Nicole Erdel-Kehl stellt Ansichtskarten in liebevoller Handarbeit her
Seit einem Jahr nimmt das Basteln im Leben von Nicole Erdel-Kehl viel Zeit in Anspruch: Die 35-Jährige hat die erste Grußkarten-Firma in Luxemburg gegründet. Das Besondere daran: der Fokus auf Barrierefreiheit.
„Die Karten in den Geschäften gefallen mir nicht. Deswegen kaufe ich nie welche im Laden“, stellt Nicole Erdel-Kehl gleich zu Beginn des Gesprächs klar. Die handelsüblichen bedruckten Karten sind ihr zu unpersönlich und teuer. Außerdem hat sie noch nie welche auf Luxemburgisch gefunden.
Der Preis für ihre Karten in Standardgröße liegt bei 2 oder 2,50 Euro. Damit deckt Nicole lediglich die Materialkosten. Doch es gehe ihr nicht darum, Geld zu verdienen. Für sie sei alleine der Spaß ausschlaggebend, den sie dabei hat.
Das Abenteuer „Cards by Chakrefe“ begann im August 2018. Nicoles Ehemann Tom erkrankte, die geplante Urlaubsreise fiel ins Wasser. Auf der Suche nach einer Beschäftigung fing Nicole mit dem Basteln an. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie nicht viel Material und nur eine Stanzmaschine zur Verfügung. Die ersten Karten seien nicht besonders schön geworden, gibt sie zu. „Nach und nach ist das Ganze etwas ausgeartet: Ich habe immer mehr Papier bestellt und immer weiteres Zubehör“, erzählt sie und schmunzelt.
Schrittweise legte sie sich neue Maschinen zu. Am teuersten sei die Schneidemaschine Cricut aus Amerika gewesen, die mit einem Tablet bedient wird. Eine wichtige Investition, da sie selber nicht gerade schneiden könne, sagt Nicole. Mittlerweile zeichnet sie selbst Schablonen auf ihrem Tablet, die dann später zu einem Stempel werden.
Alles selbst erlernt
Aus der kleinen Bastelei im Wohnzimmer ist heute ein ganzes Atelier geworden. Ihr Schlafzimmer musste dem neuen Zeitvertreib weichen. Auf Facebook ist sie auf Gruppen für Bastelfreunde gestoßen. „Dort bin ich auf Fachwörter gestoßen – wie etwa ‚embossing‘. Das hatte ich vorher noch nie gehört.“
Letztes Jahr hat Nicole 805 Karten verkauft. Seit Mai ist „Cards by Chakrefe“ eine im Handelsregister eingetragene Firma und die Besitzer sind Mitglieder der „Chambre des métiers“: „Dort haben sie uns gesagt, wir seien die erste Kartenfirma des Landes“, berichtet Nicole stolz. Es sei schon verrückt, wie schnell alles gegangen sei. Die Karten wurden verkauft, sobald sie sie fertiggestellt hatte.
Seit Anfang der Woche arbeitet sie halbtags, damit genügend Zeit für die Produktion der Bestellungen bleiben. „Bisher habe ich 40 Stunden pro Woche gearbeitet und das mit den Karten nebenher erledigt. Da blieb am Wochenende nicht mehr viel Zeit für andere Dinge.“ Ihren Erfolg erklärt sie dadurch, dass sie alles nach Wunsch und nach den Vorstellungen jedes Einzelnen gestaltet. „Die Menschen schätzen das und können die Karten vorher in den Händen halten. Sie erleben später keine böse Überraschung.“
Der Name Chakrefe klingt ungewöhnlich und bleibt im Ohr. Dabei ist die Namensgebung reiner Zufall: „Wenn ich gewusst hätte, dass alles so groß wird, hätte ich etwas anderes gewählt.“ Denn Chakrefe bedeutet nichts, es ist eine einfache Aneinanderreihung von Buchstaben. „Man muss vielleicht ein bisschen verrückt sein, um draufzukommen. Doch es ist praktisch, da der Name bei Logins nie vergeben ist.“
Kreativität und Eigeninitiative gefragt
Von der Idee bis zur Anfertigung eines neuen Modells vergehen oft zwei bis drei Stunden. Nicole entwirft das Modell selbst und zeichnet es auf. Anschließend schneidet es die Maschine und Nicole malt den farblich passenden Hintergrund dazu. Die Reproduktion geht schnell, da sie dann weiß, welches Material sie wofür benötigt und wie sie vorgehen muss. Gerade bei der Konzeption von Hochzeitskarten könne es einige Wochen dauern, bis alles perfekt sei.
Am liebsten ist es ihr, wenn die Interessenten bei ihr in Lipperscheid vorbeikommen. Dann zeigt sie ihnen in ihrem Atelier, was es alles für Möglichkeiten gibt. Immer mit dabei ist der 10-jährige Kater Kiko aus dem Gaspericher Tierheim, der jeden Neuankömmling begrüßt. „Er ist der eigentliche Chef hier im Haus“, lacht Nicole.
Neben der Tatsache, dass sie in liebevoller Handarbeit hergestellt werden, gibt es eine weitere Besonderheit an den Karten: den Aspekt der Barrierefreiheit. Nicole entwirft nicht nur Modelle für Blinde, sondern auch für Menschen, die nicht gut sehen oder nicht lesen können. Einige davon sind nach dem „Design for all“-Prinzip gestaltet: Sie sind aus verschiedenen Papieren gefertigt. Die Buchstaben sind in einer besonderen Schrift und in einer bestimmten Größe: So können viele Menschen sie lesen. Dazu gehören auch Brailleschrift-Elemente.
Barrierefreie Karten
Außerdem bietet sie Karten an, die einen QR-Code enthalten. Beim Lesen des Codes wird eine vorher aufgenommene Sprachnachricht abgespielt. Darin wird erzählt, welches Design die Karte hat, in welcher Farbe sie gestaltet ist und zu welchem Anlass sie verschenkt wird. Nicole ist durch ihren Ehemann auf das Thema barrierefreie Karten gestoßen. Tom ist blind. Er testet die Karten auf ihre Tauglichkeit, bevor sie verkauft werden können.
Am 19. und 20. Oktober nimmt „Cards by Chakrefe“ am „Schlaasmaart“ auf Schloss Burscheid teil. Eine Premiere für das noch junge Unternehmen. Nicole möchte an dem Wochenende zeigen, dass es noch etwas anderes gibt als die handelsüblichen Grußkarten. Dazu hofft sie, dass viele Freude an ihren handgefertigten Modellen haben werden, „denn viele sind einzigartig“.
Weitere Infos zu „Cards by Chakrefe“ sind auf der Homepage www.erdel.lu zu finden.
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