/ „Unser Eintrittstor nach Afrika“: Luxemburgs Wirtschaftsmission im Mittelmeerhafen von Tanger, Marokko
Der dritte und letzte Tag der Luxemburger Wirtschaftsmission in Marokko stand ganz im Zeichen der Logistik. Gleichzeitig wurde bekannt, dass das Luxemburger Wirtschaftsministerium eine ständige Vertretung in Marokko aufbauen will.
Nach einem Tag mit politischen Treffen in der Hauptstadt Rabat und einem Tag mit Wirtschaftsseminaren in der Metropole Casablanca reiste die von Wirtschaftsminister Etienne Schneider und dem erbgroßherzoglichen Paar angeführte Delegation am Mittwoch per Schnellzug von der Atlantikküste nach Tanger am Mittelmeer, rund 14 Kilometer von der spanischen Küste entfernt. Tanger ist nach Casablanca das zweitgrößte marokkanische Wirtschaftszentrum des Landes und zählt rund eine Million Einwohner.
Im Fokus des Interesses der beteiligten Luxemburger Unternehmen steht der große neue Hafen Tanger Med. Auf Initiative von König Mohammed VI. hin wurden in den letzten Jahren acht Milliarden Euro in den Hafen für Güter und Personen investiert. Eine gigantische Infrastruktur.
Großte Container-Kapazität im Mittelmeer
Heute hat kein anderer Hafen im Mittelmeer mehr Container-Kapazität als Tanger. Auch Barcelona, Genua oder Marseille nicht. Zudem nutzen jährlich drei Millionen Passagiere den Hafen. Zigtausende neuer Jobs wurden geschaffen. Die Stadt Tanger rückte auf Platz zwei der Wirtschaftsmetropolen Marokkos (zuvor Nummer fünf) vor.
Wirtschaftsminister Etienne Schneider erklärte, Luxemburg wolle Tanger zu einem Hub für das Großherzogtum ausbauen. „Marokko soll unser Eintrittstor nach Afrika werden“, unterstrich er. Und parallel soll Luxemburg zum Tor nach Europa für marokkanische Unternehmen werden.
Baggerschiffe aus Luxemburg
Mehrere Logistik- und Schifffahrtsunternehmen sowie der Branchenverband „Cluster maritime luxembourgeois“ waren beim Besuch am Mittwoch dabei. Dazu zählte unter anderem das Unternehmen CLdN Cobelfret, das potenzielle neue Transportrouten nach Afrika ausloten will.
Bereits am Ausbau des Hafens war das Unternehmen Jan De Nul, mit in Luxemburg registrierten Baggerschiffen, beteiligt. Man habe dort schon zwei Projekte realisiert, so David Lutty von Jan De Nul, erstmals war das 2014 der Fall, als der Tiefsee-Hafen gebaut wurde. Die Firma habe 1,2 Millionen m3 Gestein bewegt und den Hafen auf 19 Meter vertieft. Ein zweites Projekt folgte im Jahr 2017.
Erstes „Luxembourg Trade and Investment Office“ in Afrika
Aktiv in Marokko ist das Unternehmen bereits seit 2000. Ziel ihres ersten Projekts war es, den Hafen von Casablanca auszubauen. Vor Kurzem kamen zwei weitere Projekte hinzu, etwa in Nador. Mit einem neuen Hafen soll hier die Wirtschaft der Region angekurbelt werden. Seit 2000 hat das Unternehmen bisher einen Umsatz von 140 Millionen Euro in Marokko erwirtschaftet. „Und es sind noch weitere Projekte im Kommen“, so Lutty weiter. „Im Maghreb ist Marokko das Land mit dem meisten Potenzial für uns.“ Da Marokko viel Wert darauf lege, dass auch lokale Unternehmen an den Projekten beteiligt werden, schaffe man es in Marokko, sich gegen die Konkurrenz aus China durchzusetzen.
Des Weiteren gab Wirtschaftsminister Schneider bekannt, dass man ein „Luxembourg Trade and Investment Office“ (LTIO) in Casablanca aufbauen werde. Damit würden die Wirtschaftsbeziehungen institutionalisiert und gestärkt. Solche Büros gibt es unter anderem in New York, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Japan. Nun wird ein erstes in Afrika hinzukommen. „Das zeigt, dass wir es ernst meinen“, so Schneider. Eine Botschaft hat Luxemburg in Marokko nicht.
Warum gerade Marokko?
Wer hört, dass eine Wirtschaftsmission aus Luxemburg mit 50 Unternehmen in Marokko unterwegs ist, dem mag sich die Frage „warum gerade Marokko?“ aufdrängen. Mohammed Ameur, Botschafter Marokkos in Brüssel, hat gleich mehrere Antworten parat.
„Marokko ist das einzige stabile und relativ sichere Land am südlichen Mittelmeer, einer derzeit eher unruhigen Region“, so Mohammed Ameur. „Es ist das einzige Land, das sich gegen den Arabischen Frühling wehren konnte.“
Mohammed Ameur, Botschafter Marokkos in Brüssel (Foto: SIP/Jean-Christophe Verhaegen)
Zudem gebe es hier echte Möglichkeiten, um Geschäfte zu tätigen, so der heutige Botschafter und ehemalige Minister weiter. Marokko sei ein Land, das Perspektiven für ganz Afrika biete. Nach Südafrika sei Marokko das afrikanische Land, das am meisten ausländische Direktinvestitionen verbuche. „Marokko ist ein Hub. Ein Tor nach Afrika.“ In allen Bereichen sei man auf dem Kontinent präsent, egal ob Finanzen, Sicherheit oder Wirtschaft.
Als Beispiele nennt Ameur eine geplante Gas-Pipeline zwischen Nigeria und Europa, eine Plattform zur Herstellung von Düngemitteln für den afrikanischen Markt sowie die Vermittlung von Fachkenntnissen. Allein dieses Jahr zähle das Land 20.000 afrikanische Studenten – die Hälfte habe ein Stipendium von Marokko erhalten. Mit dem Luftfahrtunternehmen Air Maroc könne man von Casablanca aus praktisch alle afrikanischen Hauptstädte anfliegen.
Perspektiven für ganz Afrika
Die „marokkanische Ausnahme“, die Stabilität, erklärt er mit der Geschichte des Landes. So könne die Monarchie auf 1.200 Jahre Geschichte zurückblicken. „Sie bot Kontinuität – selbst in der Kolonialzeit.“ Auch sei Marokko das einzige arabische Land, das nie Teil des Osmanischen Reichs war. Das Land sei „ein Mosaik aus unterschiedlichen Kulturen, Zivilisationen und Religionen und die Monarchie bringt das alles zusammen“, so der Botschafter. „Stabilität und Einheit.“
Als wohl wichtigsten Faktor sieht er die politischen Entscheidungen, die das Land nach seiner Unabhängigkeit im Jahr 1956 getroffen hatte. Obwohl Sozialismus und Ein-Parteien-Systeme damals gerade im Trend gelegen haben, entschied sich Marokko für ein Mehrparteiensystem, erzählt er. Anders als die Nachbarländer. „Damals war Marokko isoliert. Aber es war die richtige Wahl, wie man heute beim Blick in die umliegenden Länder feststellen kann“, so Mohammed Ameur.
Schnittstelle zwischen Kontinenten
Zudem habe das Land bereits seit 1960 eine dynamische Zivilgesellschaft – mit unabhängigen NGOs und richtigen Gewerkschaften. Das habe zwar dazu geführt, dass „Marokko schwierige Zeiten durchgemacht hat, als in den anderen Ländern Ruhe herrschte“, aber „auch wenn es paradox klingt: Die schwierigen Zeiten haben uns viele Unannehmlichkeiten erspart“. Beim Thema Religion geht Marokko ebenfalls seinen eigenen Weg: „Es ist das einzige Land in der muslimischen Welt, wo der König für die Religion zuständig ist. Auch das hat uns viel erspart“, so der Botschafter. „Er ist ein wirklich moderner König.“
Zu den weiteren Besonderheiten des Landes zähle die Geografie, die Marokko zu einer Schnittstelle zwischen Kontinenten und zwischen Meeren macht. „Waren und Ideen sind immer schon durch das Land gezogen. Diese Offenheit sind sowohl eine Quelle von Schwierigkeiten als auch eine Quelle für Wohlstand“, erklärt Mohammed Ameur.
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„Es ist das einzige Land, das sich gegen den Arabischen Frühling wehren konnte.“ , na toll. Fängt Luxemburg schon wieder moralisch bedenkliche Wirtschafts-Abenteuer an?
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