Gesundheit / Unterstützung auf vier Pfoten: Wie eine Hündin im Wiltzer Spital bei der Krankenversorgung hilft
Patientinnen und Patienten auf ihrem Weg der Besserung unterstützen oder ihnen einfach einmal ein Lächeln ins Gesicht zaubern – dafür sorgt seit Anfang Juni im Wiltzer „Centre hospitalier du Nord“ (CHdN) Hündin Miss. Eine morgendliche Runde mit ihr und Frauchen Tessy Ruppert durch das Spital im Norden des Landes zeigt: Die Labradorhündin bringt nicht nur Abwechslung in den Krankenhausalltag der Erkrankten.
„Da komm, Mippchen“, sagt Josef Schmit und bewegt sich langsam über den Krankenhausflur in Richtung Terrasse. In seiner Hand hält der Senior die Leine von Hündin Miss, die schwanzwedelnd und in gemächlichem Tempo neben ihm her trottet. Der ältere Mann muss sich dabei konzentrieren und beim Gehen auch auf die Hündin achten. Begleitet werden sie bei dem kurzen Spaziergang durch das Krankenhaus von Tessy Ruppert – Miss’ Frauchen. Seit Anfang Juni sind die 37-Jährige und die schwarze Labradorhündin gemeinsam im Wiltzer Standort des „Centre hospitalier du Nord“ (CHdN) unterwegs, um Menschen auf ihrem Weg zur Besserung und bei ihrer Rehabilitation zu unterstützen – wie zum Beispiel nach einem Schlaganfall.
Als Assistenzhündin hilft Miss vor allem älteren Patientinnen und Patienten der Geriatrie dabei, ihre Feinmotorik zu trainieren – wenn sie die Hündin kämmen oder in einer Box nach einem Leckerli für sie greifen. „Es hängt immer von der Tagesform der Betroffenen ab, wie weit Miss in die Therapie integriert wird und welche Aktivitäten durchgeführt werden“, erklärt Krankenschwester Tessy Ruppert an einem heißen Tag im Juli. Wer die Hündin auf Visite begleitet, merkt schnell: Alleine ihre Präsenz reicht oft aus, um die manchmal etwas gebrechlichen Menschen zum Lächeln zu bringen. „Miss ist meine Krankenschwester“, witzelt Patient Josef Schmit nach dem Spaziergang durch das Krankenhaus und verrät, dass er früher selbst vier Hunde hatte. Zwei bis dreimal pro Woche wird nun Miss in seine Übungen integriert.
In einem Raum nebenan wartet auf einer blauen Liege bereits Felix Kettels. Die Aussicht auf ein kurzes Training stößt bei ihm im ersten Moment nicht auf allzu große Begeisterung. Doch er weiß: wenn er Miss ein Leckerli geben will, muss er mit der rechten Hand danach greifen und sich dann etwas strecken, um dieses links auf den äußeren Rand der Liege zu legen – sodass Miss es mit der Schnauze erreichen und essen kann. Und so rotiert der Senior seinen Oberkörper in verschiedene Richtungen und trainiert dabei auf spielerische Art und Weise seinen Gleichgewichtssinn. Dabei kommt Freude auf: „Du bist ein guter Hund. Ich nehme dich mit nach Hause“, sagt der Senior, der im Kontakt mit dem Tier sichtlich aufblüht. Auch er hatte früher Hunde.
Motivation in der Reha
Dass die Menschen im Spital Miss am liebsten mitnehmen würden, hört man während der Visiten gleich mehrmals. Freundlich weist Tessy Ruppert dann darauf hin, dass es die Hündin nur im Doppelpack mit ihrem Frauchen gibt. Die beiden wirken vertraut miteinander, das treue Tier hat Tessy Ruppert stets mit ihren braunen Augen im Blick. Bekommen hat die gelernte Krankenschwester die Vierbeinerin kurz vor Beginn der Pandemie im März 2019. Mehr als zwei Jahre lang wurde Miss zuvor in Frankreich zur Assistenzhündin ausgebildet. Oft sind es eben Labradore oder auch Golden Retriever, die dabei beispielsweise lernen, Dinge vom Boden aufzuheben, erst nach Kommando zu essen oder Menschen Socken auszuziehen.
Danach können die Hunde unter anderem in Altenheimen sowie Krankenhäusern eingesetzt werden. Kosten für die Ausbildung von Miss: rund 17.600 Euro. Durch die Spende von einer Frau an die „Amicale vun der Schoul fir Assistenzhonn“ (ASA) wurden die Kosten gedeckt – und seitdem ist Miss im Einsatz. Dass das Tier Tessy Ruppert in ihrem Arbeitsalltag begleiten soll, war eine bewusste Entscheidung: „Hunde in einem Krankenhaus sind eigentlich ein Tabu-Thema. Aber ich sehe, dass ein Hund viel Gutes bewirken kann und zum Wohlbefinden der Leute beitragen kann. Für viele ist sie eine große Freude in einer schwierigen Zeit.“
In Miss’ Gegenwart finden Menschen, denen das Aufstehen schwerfällt, plötzlich wieder die Motivation, sich an einen Tisch zu setzen. Und sie werden von ihren Sorgen abgelenkt, wie Abteilungsleiter Norbert Treinen erzählt: „Eine Patientin hatte beispielsweise Schwierigkeiten damit, aufrecht zu stehen. Als Miss bei ihr war, ist sie zum ersten Mal wieder aufgestanden und konnte stabil stehenbleiben – da die Frau sich nur noch auf Miss konzentriert hat.“ Der Hundeliebhaber war von der neuen Kollegin auf vier Pfoten an seinem Arbeitsplatz gleich begeistert. „Fast am Ende meiner Berufslaufbahn angekommen, hätte ich das nie für möglich gehalten. Miss bringt frischen Wind hier rein“, stellt Norbert Treinen fest.
Freude im Arbeitsalltag
Gleichzeitig ist die ausgeglichene Hündin für alle Menschen im Krankenhaus ein Ruhepol, sagt Abteilungsleiterin Uneisa Jusufovic. Als Kind wurde sie von einem Hund gebissen, fürchtet sich deshalb vor diesen Tieren und fand die Vorstellung eines Hundes im Krankenhaus nicht besonders. Zu Miss habe sie allerdings schnell Vertrauen gefasst: „Einen Hund wie Miss habe ich noch nie gesehen. Sie ist so liebenswert.“ Da es aber möglicherweise auch Patientinnen und Patienten so wie Uneisa Jusufovic geht und manche Angst vor Hunden haben, wird vor Visiten immer gefragt, ob Miss mitkommen darf.
Zudem gilt es stets, wichtige Hygienemaßnahmen einzuhalten: Miss muss öfter zur Tierärztin oder zum Tierarzt, sie darf nicht zu Kranken mit offenen Wunden und die Menschen desinfizieren sich nach den Übungen mit ihr die Hände. Nicht mehr als 20 Stunden pro Woche ist die Labradorhündin auf den Stationen unterwegs. In ihrem eigenen Pausenraum liegt ein großes, blaues Kissen zum Ausruhen bereit. „Miss hat als einzige Mitarbeiterin ihr Bett mit zur Arbeit gebracht“, scherzt Tessy Ruppert. Als Ausgleich geht Frauchen nach getaner Arbeit täglich sechs bis zehn Kilometer mit Miss spazieren und auch zum Möbelkauf oder ins Restaurant kommt die Familienhündin mit – als ausgebildete Assistenzhündin darf sie das.
Nach einem etwas anstrengenderem Morgen bei hohen Temperaturen und einem Besuch von der Presse steht für die ruhige Hündin an diesem Tag im Juli aber erst einmal eine Runde Gassigehen an. Danach wird sie sich ausruhen und in kühle Tücher eingewickelt – sollte die Hitze zu groß werden. Um dann in aller Frische wieder im Krankenhaus ihre Runden zu drehen, gemeinsam mit Patientinnen und Patienten Übungen zu machen und den Menschen dabei ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
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