Ehrenamt / Die „Groupe de support psychologique“ gibt Unterstützung nach dramatischen Erlebnissen
Menschen in der akuten Phase von schlimmen Ereignissen zur Seite stehen – das ist die Mission der „Groupe de support psychologique“ (GSP) der Luxemburger Feuerwehr. Die Freiwilligen der Gruppe wissen, dass schon kleine Dinge in solchen Situationen Großes bewirken können.
„Wir betreuen Menschen in sehr schweren, belastenden Situationen. Oft sind sie wie erstarrt und haben teilweise ihre Fähigkeit zum Handeln verloren. Wir wollen sie stabilisieren und ihnen helfen, wieder handlungsfähig zu sein. Sie sollen auch wissen, dass sie nicht allein sind“, sagt Laurence Diederich über die Tätigkeit, die sie neben ihrem Beruf als Lehrerin ausübt. Die engagierte Frau aus Garnich ist eine von 52 Freiwilligen der „Groupe de support psychologique“ (GSP) der Luxemburger Feuerwehr. „Wir helfen den Menschen in den dunkelsten Stunden ihres Lebens“, erklärt die 42-Jährige, die bei der Gruppe die Funktion der Stellvertreterin übernommen hat.
Durchschnittlich 280 Einsätze haben sie und die anderen Ehrenamtlichen jedes Jahr. Unmittelbar nach einer Notsituation sind sie im Bereitschaftsdienst für Angehörige, Zeugen, aber auch die Einsatzkräfte der Feuerwehr da. „Wir betreuen Menschen, die etwas potenziell Traumatisierendes erlebt haben“, erklärt Laurence Diederich bei einem Gespräch im nationalen Zentrum der Feuerwehr in Gasperich. So war die GSP unter anderem vor Ort, als vor mehr als einem Monat auf dem Trainingsgelände der Jeunesse Esch ein Mann mit einem Messer auf Menschen losging. Auch in Kayl leistete die Gruppe Unterstützung, als bei einem Hausbrand am Nikolaustag ein Junge ums Leben kam.
Kleine Hilfen
Oft müssen die Ehrenamtliche aber auch in den Einsatz, wenn ein Mensch Suizid begangen hat. Oder sie sind zur Stelle, wenn die Polizei Angehörigen die Nachricht des unerwarteten Todes einer geliebten Person überbringen muss. „Wir helfen den Hinterbliebenen“, so Laurence Diederich. Es sind kleine Dinge, die dann Halt geben können. „In vielen Situationen hilft schon alleine unsere Präsenz: Dass wir die Betroffenen erzählen lassen, ohne sie zu unterbrechen. Dass wir sie nach einem Glas Wasser oder einer Tasse Kaffee fragen. Ziel ist es, sie aus ihrer Erstarrung zu lösen – damit sie in einer schwierigen Situation so gut wie möglich funktionieren können“, erklärt Gruppenchef Roby Fehlen.
Seit den Anfängen der Gruppe im Jahr 1997 – damals noch „Unité de support psychologique“ –, ist der 67-Jährige aus Mersch dabei. Und war unter anderem 2002 beim Flugzeugabsturz in Niederanven vor Ort, um dort die Angehörigen der Opfer zu empfangen und zu betreuen. Vor allem in Erinnerung geblieben ist ihm allerdings ein anderer Einsatz: „In 2004 waren wir nach dem Tsunami zu zweit vom GSP in Thailand, um Menschen aus Luxemburg zu finden“, erzählt der Pensionär. Er begleitete einen Mann zurück in die Heimat, der bei der Katastrophe seine Frau und seine Tochter verloren hatte. „Das lässt einen nie wieder los“, so Roby Fehlen.
Ähnlich ergeht es der freiwilligen Helferin und ebenfalls Stellvertreterin der Gruppe, Jakkie Paulus aus Lorentzweiler, mit einem anderen Einsatz. Dabei starb eine junge Mutter und hinterließ zwei Kinder unter zwei Jahren. „Noch vor den Angehörigen waren wir vor Ort. Ein Kind rief ständig nach seiner Mutter“, erinnert sich die 32 Jahre alte Sozialarbeiterin. In solchen Situationen ginge es vor allem darum, da zu sein. Generell soll durch eine zeitnahe Betreuung des GSP das Risiko von posttraumatischen Belastungsstörungen verringert werden.
Diskreter Einsatz
Kollegin Laurence Diederich erinnert sich an eine Situation, in der ihr bewusst wurde, dass sie die Mutter eines verstorbenen Jungen kannte. Im kleinen Luxemburg keine Seltenheit, wie die 42-Jährige erklärt: „Wir alle hatten bereits Einsätze, bei denen wir uns zurückziehen mussten, weil wir die Betroffenen persönlich kannten.“ Diskretion – auch aus Respekt gegenüber den Betreuten – ist deshalb umso wichtiger. In den 72 Stunden nach einem schlimmen Ereignis sind die Mitglieder des Kriseninterventionsteams für Betroffene da. Für eine längerfristige Betreuung muss dann auf andere Angebote ausgewichen werden.
Die Freiwilligen des GSP helfen Betroffenen beim Überblick des existierenden Angebots. Unter anderem dies wird ihnen in einer 100-stündigen Ausbildung während zwei Jahren vermittelt. Auch lernen die Freiwilligen, wie man in Notsituationen mit Betroffenen kommuniziert, wie solche Gespräche strukturiert werden, und sie erfahren zum Beispiel mehr über die Trauer bei Kindern. Zudem absolvieren sie Interviews, eine Abschlussprüfung und Weiterbildungen. Und: Nach den Einsätzen – für die sie immer mindestens zu zweit unterwegs sind – wird über das Erlebte gesprochen. Zu Hause sind die Einsätze eher kein Thema.
Bis dato ließen sich auch immer noch ausreichend Freiwillige finden. So haben den letzten Ausbildungszyklus zwölf neue Mitglieder abgeschlossen. „Seit die Gruppe existiert, konnte noch jeder Einsatz vom GSP abgedeckt werden“, stellt Laurence Diederich fest. Und damit das auch so bleibt, können sich Interessierte schon jetzt per Mail an gis-gsp-gestion@list.cgdis.lu für die kommenden Kurse anmelden. Anfang 2024 werden diese beginnen. Roby Fehlen unterstreicht, was im Gespräch mit den engagierten Helferinnen und Helfern schon klar wurde: „Eine Packung Empathie und Mitgefühl sollte man schon mitbringen.“
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