Rotondes / Unverschämt smooth: Arlo Parks verbindet eingängige Melodien mit düsteren Themen
Noch bevor die Afrobritin Arlo Parks ihr sehnsüchtig erwartetes erstes Album veröffentlichte, war dank diverser Auszeichnungen und Empfehlungen von Künstlerinnen wie Billie Eilish ein regelrechter Hype entsprungen, dem die darauffolgende Platte recht gab: Die zwölf Songs von „Collapsed in Sunbeams“, die die Spuren von facettenreichen Einflüssen tragen – die Künstlerin erwähnt Künstler oder Bands wie My Bloody Valentine, Beach House, King Krule, Alan Ginsberg und Chet Baker – sind musikalisch eingängig und smooth, dafür aber textlich dunkel, poetisch und verhandeln Themen wie Depression oder Beziehungsprobleme.
Ihre erste große Tournee – mit einem Abstecher in den Rotondes – fiel der Pandemie zum Opfer und musste im Herbst 2021 nachgeholt werden: Anstatt die Hype-Welle zu reiten, stand die Sängerin nun, begleitet von einer Trompeterin, einer Keyboarderin, einem Schlagzeuger, einem Bassisten und einem Gitarristen und viel pflanzlicher Bühnendekoration, nun vor einem Publikum, das ausreichend Zeit hatte, die Platte zu hören und sie sogar vor dem Konzert vielleicht wieder herauskramen musste, um die Songs neu zu entdecken.
Das ist in dem Sinne immer dann gefährlich, da sich erst nach dem Abklingen des Hypes herausstellt, ob und wie gut die Songs die Zeit überdauert haben. Die gute Nachricht: Tracks wie „Hurt“, „Too Good“, „Caroline“ und „Eugene“ sind heute noch so toll wie beim ersten Hören – und klingen auch in ihrer Live-Umsetzung verdammt gut.
Das vom Atelier organisierte Konzert war der letzte Abend einer viermonatigen Tournee, den Musikern sah man jedoch trotz der langen Tour keine Spur von Müdigkeit an – live klingen die Songs der Platte genauso smooth wie auf der Platte, werden hier und da durch dankbar unkitschige Gitarrensoli oder instrumentale Parts ausgeschmückt, sodass sie etwas weniger minimalistisch und intim, dafür aber teilweise ausgereifter klingen.
Anecken tut die Musik live genau so wenig wie auf dem Album, da hier aber die Musik im Vordergrund steht, fällt das Kontrastspiel zwischen den dunklen Texten und der hoffnungsspendenden Musik weniger auf, sodass das von Parks auf Albumlänge aufgebaute Spannungsfeld der Performance etwas zum Opfer fällt.
Zudem funktioniert die Musik streckenweise, besonders die leiseren, melancholischeren Tracks besser, wenn man sie zu Hause im Halbdunkel hört: Ein Song wie „Black Dog“, in dem das lyrische Ich die Unfähigkeit, einer Freundin aus der Depression zu helfen („I would do anything to get you out your room“) passt (zumindest textlich) nicht so ganz in diese lebensbejahende Show. Nichtsdestotrotz: Die Hits der Platte zünden sofort, die Performance war technisch einwandfrei und gesanglich beeindruckend, sodass man sich nach dem Konzert auf das nächste Album und die künstlerische Entwicklung dieser Musikerin freut. Ein paar mehr Kanten dürfen dann auch rein, in die Musik.
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