Wachstum / US-Konjunktur gleitet in Rezession ab - Zwei Schwächequartale in Folge
Die US-Wirtschaft setzte ihre Talfahrt überraschend auch im Frühjahr fort und gleitet damit in eine Rezession ab.
Die Wirtschaftsleistung (BIP) ging im zweiten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um 0,9 Prozent zurück, wie das Handelsministerium am Donnerstag auf Basis einer ersten Schätzung mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten hingegen mit einem Wachstum um 0,5 Prozent gerechnet. Bereits im ersten Jahresviertel war das Bruttoinlandsprodukt um 1,6 Prozent gesunken. Die Wirtschaft ist damit in eine sogenannte technische Rezession abgerutscht. Davon sprechen Experten, wenn die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge schrumpft.
„Zwar dürfte das Wachstum der US-Wirtschaft im aktuellen und dem Jahresschlussquartal wieder etwas zulegen“, sagte Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen deutschen Förderbank KfW. „Besonders die weiterhin hohen Inflationsraten und die anhaltenden Zinserhöhungen der US-Notenbank drücken jedoch zunehmend auf den Konsum.“ Volkswirt Bastian Hepperle von der Hauck-Aufhäuser-Lampe-Privatbank wies darauf hin, dass besonders die Beschäftigungsentwicklung überhaupt nicht zu einer Rezession passe. „Doch der Konjunkturabschwung ist unterwegs: Hohe Inflationsraten, steigende Leitzinsen und deutlich schlechtere Finanzierungsbedingungen belasten.“ Das verderbe die Konsumlaune und Unternehmen kürzten ihre Investitions- und Einstellungspläne. „Die Aussichten sind alles andere als rosig.“
Zwar zeigte sich der Arbeitsmarkt in den USA zuletzt weiter stark. Das Job-Wachstum lag im Schnitt in der ersten Jahreshälfte pro Monat bei 456.700 Stellen. Doch die Gefahr eines Abschwungs ist größer geworden. Im Hausbau und bei Hausverkäufen sind bereits Anzeichen von Schwäche zu erkennen. Zudem gingen die Bauinvestitionen deutlich zurück, dazu kommt ein starker Lagerabbau. Außerdem hat sich in den vergangenen Monaten das Verbrauchervertrauen abgeschwächt und auch die Stimmung in der Wirtschaft hat bereits nachgelassen.
Drahtseilakt der US-Notenbank
Die Inflation ist inzwischen auf 9,1 Prozent nach oben geschossen, was der höchste Wert seit Ende 1981 ist. Die gestiegenen Kosten für Energie, Lebensmittel und Wohnen drücken auf die Geldbörsen vieler US-Bürger und schmälern ihre Kaufkraft. Wegen der anhaltend hohen Inflation hob die US-Notenbank Fed deshalb am Mittwoch den Leitzins in einem erneut kräftigen Schritt um 0,75 Prozentpunkte auf nunmehr 2,25 bis 2,50 Prozent an. Manche Experten befürchten mittlerweile, dass die Fed mit ihren Jumbo-Schritten zu stark auf die Zinsbremse treten und damit die Konjunktur abwürgen könnte.
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, geht davon aus, dass sich die US-Notenbank nicht aus der Ruhe bringen lassen wird. Die US-Notenbank habe keinen Zweifel daran gelassen, dass trotz bestehender wirtschaftlicher Risiken am Zinsanhebungskurs festgehalten werde. „Die Fed wird im laufenden Jahr den Leitzins – trotz des zweimaligen BIP-Rückgangs – deshalb weiter spürbar anheben“, schätzt Gitzel. Aufgrund des Rückgangs der Bauinvestitionen sei aber eine neuerliche Zinsanhebung um 75 Basispunkte im September wohl vom Tisch.
US-Notenbankchef Jerome Powell räumte zwar am Mittwoch ein, dass es nicht leicht sein werde, eine weiche Landung der Wirtschaft zu erreichen. „Doch ich glaube nicht, dass sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet“, hatte er hinzugefügt. Von einer Konjunkturschwäche auf breiter Basis könne nicht die Rede sein. Powell bekräftigte, dass ein Zinsniveau von drei bis 3,5 Prozent zum Jahresende ein anzustrebendes Niveau der Geldpolitik sei, bei dem die Konjunktur bereits leicht gebremst werde. Für danach signalisierte die Fed eine langsamere Gangart.
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