Nach Banken-Pleite / USA und Europa wollen Domino-Effekt nach Banken-Pleite verhindern
Trotz Maßnahmen in den USA zur Stabilisierung des Bankensystems halten die Turbulenzen nach dem Kollaps der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) an.
US-Präsident Joe Biden forderte Kongress und Aufsichtsbehörden auf, die Regulierung für Finanzinstitute zu verschärfen, damit ein solches Versagen nicht mehr vorkomme. „Die Amerikaner können darauf vertrauen, dass das Bankensystem sicher ist. Euer Geld wird da sein, wenn ihr es braucht“, sagte er am Montag in einer kurzfristig anberaumten Stellungnahme.
An der Wall Street setzten die US-Banken ihre Talfahrt fort, die Papiere einiger kleinerer Geldhäuser brachen um mehr als 50 Prozent ein. Auch in Europa sackten Finanztitel ab. Die Lage sei aber nicht vergleichbar mit der globalen Finanzkrise von 2008, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Die Finanzminister der Euro-Zone versuchten vor ihren Beratungen in Brüssel ebenfalls, die nervösen Kapitalmärkte zu beschwichtigen. „Beruhigt euch“, sagte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire auf die Frage nach seiner Botschaft an die Anleger. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte, er sehe für Europa keine „reale Gefahr einer Ansteckung“. Die Situation müsse aber natürlich weiter beobachtet werden. Der deutsche Bundesfinanzminister Christian Lindner lobte die amerikanische Regierung: Sie habe nach der Pleite der SVB entschlossen gehandelt.
Euer Geld wird da sein, wenn ihr es braucht
Die auf die Finanzierung von jungen Technologiefirmen spezialisierte SVB war in Schieflage geraten, weil sie die hohe Summen in langlaufende US-Staatsanleihen angelegt hatte. Deren Kurse sind durch die Zinserhöhungen der Notenbanken deutlich gesunken. Zur Auszahlung von Kundengeldern musste die SVB Anleihen verkaufen und Milliarden-Verluste in Kauf nehmen. Eine Kapitalerhöhung zur Bilanzstärkung scheiterte. Kunden zogen Milliarden bei der Bank ab, die schließlich geschlossen wurde. Auch die in New York ansässige Signature Bank wurde dichtgemacht. In den USA will die US-Notenbank Fed mit einem neuen Kreditprogramm der Gefahr einer größeren Finanzkrise entgegenwirken. Die Banken sollen mit der neu geschaffenen Kreditlinie Bank Term Funding Program (BTFP) auch in Zeiten von Marktstress ausreichend Liquidität erhalten.
In Großbritannien hat die SVB über eine Tochter ebenfalls zahlreiche Start-ups finanziert. Um diese zu schützen, übernahm die britische Großbank HSBC mit der Unterstützung der Bank of England die SVB-Tochter. Die Transaktion schütze die Kundeneinlagen, erklärte Finanzminister Jeremy Hunt. Für das Finanzsystem bestehe keine Gefahr.
In Frankfurt ordnete die Finanzaufsicht Bafin ein Moratorium über die deutsche Zweigstelle der SVB an, um die Vermögenswerte für die Gläubiger zu sichern. Damit darf die Bank keine Geschäfte mehr machen. „Die Notlage der Silicon Valley Bank Germany Branch stellt keine Bedrohung für die Finanzstabilität dar“, betonten die Aufseher. Dennoch kam der nach der Finanzkrise 2008 eingerichtete Finanzkrisenstab der Bundesbank zusammen und beriet über mögliche Auswirkungen.
Anleger bleiben besorgt
Die Europäische Zentralbank (EZB), die 111 größere Banken im Euro-Raum überwacht, sah keinen Anlass für ein Krisentreffen, wie ein hochrangiger Insider sagte. Die Banken im Euro-Raum seien insgesamt finanziell gut ausgestattet. Sie hätten gute Arbeit geleistet bei der Übertragung von Vermögenswerten aus ihren Handelsbüchern in ihr Portfolio der bis zur Endfälligkeit gehaltenen Finanzinvestitionen. Damit seien diese vor steigenden Zinsen und sinkenden Kursen besser geschützt. Zudem besäßen Geldhäuser in der 20-Länder-Gemeinschaft eine viel konservativere Mixtur ihrer Vermögenswerte als die SVB.
Die Sorgen um die Folgen der SVB-Pleite treiben Anleger trotz der Maßnahmen der Behörden um. Der europäische Bankaktien-Index lag am Nachmittag rund sechs Prozent im Minus. Die US-Regulierer hätten die Einlagen der Kunden nach der Auflösung der SVB und der Signature Bank zwar gesichert, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Handelshaus QC Partners. „Die große und entscheidende Frage ist jetzt, wie viele Banken folgen werden.“ RoboMarkets-Analyst Jürgen Molnar sagte, mit den Maßnahmen der US-Behörden und der Übernahme der britischen SVB-Tochter sei die Gefahr einer Bankenkrise zunächst gebannt. „Nichtsdestotrotz bleibt das Problem hoher Buchverluste in den Anleiheportfolios der Banken bestehen und dürfte die Börse noch eine ganze Weile beschäftigen.“
Unter Druck standen die Papiere der Commerzbank, die in Frankfurt mehr als zwölf Prozent abstürzten. Die Aktien der Deutschen Bank verloren fast acht Prozent. In Zürich sackten die Aktien der krisengeplagten Credit Suisse prozentual zweistellig auf ein Rekordtief von 2,115 Franken ab. Zur Eröffnung der Wall Street verloren JPMorgan, Wells Fargo, Goldman Sachs, Morgan Stanley, Citigroup und Bank of America zwischen 1,5 und 5,7 Prozent. Bei kleineren Banken sind die Anleger zum Teil noch nervöser. Die Aktien der US-Privatbank First Republic Bank brachen um knapp 70 Prozent ein, die von PacWest um mehr als 50 Prozent. (Reuters)
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