Bildung / Vage Maßnahmen ohne Vision: SEW/OGBL reagiert auf Koalitionsvertrag
Maßnahmen ohne politische Vision im Bildungsbereich. Der SEW/OGBL geht mit dem Koalitionsabkommen hart ins Gericht – dabei sei nicht alles schlecht.
Joëlle Damé vom SEW/OGBL sieht im Koalitionsvertrag zwischen CSV und DP vor allem eine Auflistung von Maßnahmen, ohne dass eine politische Vision vorgezeichnet wird. „Bildungsungerechtigkeiten werden nicht erwähnt, der rote Faden fehlt“, lautet eine erste Analyse der Gewerkschafterin. Zwar sei die Handschrift der CSV in einigen Punkten zu erkennen, jedoch seien wohl einige Kompromisse vonnöten gewesen, so die Interpretation von Damé.
„Der Sprachenunterricht ist ein gutes Beispiel dafür“, sagt Damé. Es fehle ein klares Konzept, was in der Vergangenheit vor allem auch die CSV bemängelt habe. „Es braucht ein klares Ziel und dann gibt man sich die dafür nötigen Möglichkeiten.“ Die Alphabetisierung auf Französisch sei eine solche Möglichkeit – allerdings sei das Ziel nicht klar definiert. „Wenn wir eine Bewertung der Kinder im Cycle 3 vornehmen, die auf Französisch alphabetisiert werden, können wir feststellen, dass unsere Lehrer Kinder auf Französisch alphabetisieren können“, sagt Damé. Weitere Schlussfolgerungen seien aufgrund fehlender Zielsetzungen nicht wirklich nötig. Die im Koalitionsvertrag festgesetzten Evaluierungstermine – „la première échéance possible pour d’éventuelles conclusions est l’année scolaire 2025/2026“ – der Alphabetisierungsprojekte seien auch nicht neu. „Es fehlt nur noch der Konjunktiv, um wirklich alles in dem Satz zu relativieren“, sagt Damé. Da sei die CSV in der Vergangenheit deutlich kritischer gewesen.
„Beim anvisierten Modell der Lokaldirektion hat sich die CSV wohl halbwegs durchsetzen können“, meint die SEW/OGBL-Gewerkschafterin Damé. Das sei eine klare Forderung der CSV gewesen. Dass das anhand eines Pilotprojektes erst getestet werden solle, sei wohl ein Kompromiss, den der Koalitionspartner den Christsozialen abgerungen habe, um das DP-Modell der Regionaldirektionen nicht gänzlich abzuschreiben.
Des Öfteren benutzt Damé im Gespräch mit dem Tageblatt das Wort „vage“, um das Bildungskapitel zu beschreiben. „Wir hätten uns einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs darüber gewünscht, was Inklusion ist und was die Schule in der Hinsicht leisten soll oder kann“, sagt Damé. Stattdessen werde einfach darauf verwiesen, dass die Regionalantennen weiter ausgebaut werden sollen. „Kein Mensch ist dagegen, dass den Kindern mehr Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden“, sagt Damé. „Grundlegende Fragen werden jedoch einfach nicht gestellt.“
Trotz der Kritik sei nicht alles schlecht, was die CSV und DP ausgehandelt hätten. „Eine weitere Hilfskraft (‚intervenant‘) im C1 kann man nicht schlecht finden“, zählt Damé auf. „Auch die administrative Vereinfachung und die Flexibilisierung des Sprachenunterrichts sind langjährige Forderungen der Gewerkschaft.“ Qualitätsstandards in der non-formalen Bildung seien ebenfalls zu begrüßen.
Der Gewerkschafterin dränge sich bei vielen Maßnahmen jedoch der Eindruck auf, dass sich niemand die Frage gestellt habe, ob das auch den Kindern etwas bringe. „Wird der Unterricht dadurch besser oder geht es nur um Karrieren?“, fragt sich die Gewerkschafterin etwa im Hinblick auf die mögliche A1-Karriere für Präsidenten und Koordinatoren.
Und so bleibe das Regierungsabkommen in erster Linie vor allem eins: „vage“.
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